Chats über Schrauben und Sägen? Tatsächlich tauschen sich auch Baumarktkunden eifrig im Internet über das Shoppingerlebnis zwischen Rindenmulch und Wandfarbe aus. Eine neue Studie hat die Inhalte ausgewertet und zeigt: Hier zählen Qualität und Preis mehr als die Einkaufsatmosphäre – ganz schön geerdet. Am Trend zu Omnichannel und App-Einkäufen ändert das aber nichts.

///// HANDEL NATIONAL

Bau, Steine, Handel
Obi ist Deutschlands Baumarkt mit den positivsten Nutzerkommentaren im Internet. Das hat eine Inhaltsanalyse von mehr als 170.000 solcher Kommentare durch die Brandmeyer Markenberatung und das Webanalyse-Unternehmen Insius gezeigt. Den zweiten Platz teilen sich Hornbach und Toom. Spannend an der Studie sind auch die Themen der Kommentare: Demnach geht es den Baumarktkunden in erster Linie um produktbezogene Fragen wie Preis, Qualität oder Preis-Leistungsverhältnis. Weichere Faktoren wie Service und Beratung oder gar die Einkaufsatmosphäre tauchen in Meinungen und Besprechungen von Baumärkten deutlich seltener auf. Die Studie liegt im Trend. Denn während der Corona-Pandemie haben viele deutsche Baumärkte deutliche Umsatzzuwächse registriert.

Auf ein Neues?
Seitdem am 1. September die Gläubiger dem Sanierungsplan von Galeria Karstadt Kaufhof zugestimmt haben, wird über einen erheblichen Stellenabbau diskutiert. Die Rede ist davon, dass bis zu 5000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Die Geschäftsführung hingegen will sich für die anstehende Restrukturierung nachhaltig stärken: Am Mittwoch gab die Warenhauskette bekannt, dass CEO Miguel Müllenbach und CFO Guido Mager ab dem 1. Oktober "durch vier hochkarätige Neuzugänge" unterstützt werden sollen. "Galeria Karstadt Kaufhof macht sich bereit für den Neustart", schreibt dazu die Lebensmittel Zeitung. Engelbert Thulfaut kommt von Peek & Cloppenburg. Er soll künftig unter anderem Vertrieb, Marketing und Customer Relationship Management verantworten. Dirk Lessing soll als Chief Operating Officer die Verantwortung unter anderem für Logistik, IT und Personal tragen. Karin Busnel-Knappertsbusch würde neue Chefin für das gesamte Category Management und die Einkaufsteuerung. Andreas Hink soll das Digital-Geschäft leiten. Er war bisher Chief Digital Officer von Globus und dort verantwortlich für die digitale Transformation Unternehmens. Globus gilt im E-Commerce als eines der am besten aufgestellten Warenhäuser Europas. Der Erweiterung der Geschäftsführung muss der Aufsichtsrat noch zustimmen.

Trends von Alster und Elbe
Über die Einschätzung des Handelsverbands Nord zum ersten Halbjahr 2020 des Hamburger Einzelhandels berichtet das Portal Hamburg News. Demnach hat der Hamburger Handel die ersten sechs Monate mit einem leichten Plus abgeschlossen. Zu den Profiteuren der Corona-Zeit gehörten Lebensmitteleinzelhandel, Baumärkte und Fahrradgeschäfte. Verlierer waren Mode- und Schuhhändler – dabei seien gerade diese "besonders prägend für die Hamburger Innenstadt und den stationären Einzelhandel insgesamt", wird Brigitte Nolte zitiert, Geschäftsführerin des Handelsverbandes. Und wie geht es weiter mit dem Handel an Alster und Elbe? Die Hamburger Trendagentur Trendone nennt wichtige Entwicklungen: Omnichannel hat sich als Standard für den Erfolg in der Retail-Branche etabliert – wer diese Strategie weiter stärkt, kann zu den Gewinnern auch in der Krise gehören. Remote Retail, also die Live-Beratung über das Internet – unterstützt zum Beispiel mit einer Datenbrille für den Verkäufer – nimmt zu. Technologien rund um das Kundenmanagement im Filialgeschäft werden immer wichtiger, derzeit liegt besonders die technische Regulierung des Kundenaufkommen (technical distancing) im Trend, ebenso contactless shopping in der Filiale mit Click & Collect oder kontaktlose Lieferungen. Weitere Stichworte sind die Personalisierung der Customer Journey und intelligente Lieferketten. 

///// HANDEL INTERNATIONAL

Blick über den Atlantik
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union einen Vorstoß für bessere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten gemacht: Unabhängig vom Wahlausgang in den USA sei eine neue "transatlantische Agenda" notwendig: "Wir brauchen einen Neubeginn mit alten Freunden", sagte von der Leyen. Vielen Medien war das eher eine Notiz am Ende der jeweiligen Berichte wert. Anders sieht es bei den Wirtschaftsverbänden aus, für die eine gute Beziehung zu Nordamerika entscheidend ist. "Der Aufbau einer Transatlantischen Agenda, um die Beziehungen zu den USA zu stabilisieren, ist ein Schritt in die richtige Richtung! Für den EU-Handel ist die Beziehung zu den USA äußerst wichtig, und wir hoffen, dass die zuletzt immer wieder schwierige Zusammenarbeit so nachhaltig verbessert wird," erklärte zum Beispiel Ines Kitzing, erste Vizepräsidentin des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Für die Zukunft sagte Kitzing, "es bleibt zu hoffen, dass wir einen koordinierten europäischen Ansatz für internationale Handelsabkommen mit Partnerländern oder -regionen erarbeiten können, um gemeinsam gegen unlautere Handelspraktiken von Drittstaaten vorgehen zu können".

Pandemie als Chance
Das Forschungszentrum für Handelsmanagement der Universität St. Gallen hat eine neue Studie zu Auswirkungen der Coronapandemie und den entsprechenden Lehren für den Handel veröffentlicht. Die Autoren Thomas Rudolph, Kathrin Neumüller und Nora Kralle fassen darin die erheblichen Veränderungen für den Handel in der Schweiz durch Corona zusammen und beleuchten mit Blick auf die Zukunft auch die wichtigsten Chancen, die Händler in der Krise sehen. Für die Studie sind 132 Führungskräfte in Schweizer Handelsunternehmen befragt worden.

Fedex wächst und Amazon hebt ab
Federal Express (Fedex) hat wegen der Konjunktur im Onlinehandel während der Coronapandemie im zweiten Quartal 2020 deutlich mehr verdient, als es Analysten vorhergesagt hatten. Der bereinigte Nettogewinn, so berichtet die Neue Zürcher Zeitung, sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 60 Prozent auf 1,28 Milliarden Dollar gestiegen. Wachstum verzeichnet auch Amazon – und zwar diesmal in der eigenen Flugzeugflotte. Nach Angaben von CNBC will der Onlinehändler damit zu Versanddienstleistern wie UPS und eben auch Fedex aufholen. Allein zwischen Mai und Juli 2020 habe Amazon neun Flugzeuge gekauft – so viele wie noch nie in einem Quartal, berichtet CNBC. Mittlerweile umfasse die Amazon-Flotte rund 70 Flugzeuge.

///// TRENDS & TECH

Flinke Helfer
Der chinesische Robotikhersteller Libiao Robot, ein Spezialist für roboterbasierte Paketsortierlösungen, will in Europa seine "Mini Yellow"-Roboter auf den Markt bringen. Darüber berichtet unter anderem das Chartered Institute of Logistics and Transport in Großbritannien (CILT). Es handelt sich um autonom agierende Roboter (AMR), die eine gleichermaßen kosteneffiziente wie flexible Alternative zu Sortiersystemen mit Quergurtförderern bieten sollen. Zunächst sollen zwei Versionen der selbstfahrenden Maschinen angeboten werden: Eine Variante mit 5 Kilogramm Nutzlast und einer Kippschalenfunktion sowie eine stärkere Variante mit 30 Kilogramm Nutzlast, die über einen integrierten Quergurt verfügt und damit Sendungen aufnehmen und absetzen kann. Nach Angaben des Herstellers soll auf einer Fläche von 1.300 Quadratmeter eine Flotte von 350 „Mini-Yellow“-Robotern stündlich 20.000 Artikel bearbeiten können. Die Software der Maschinen sei kompatibel zu allen gängigen europäischen Lagerverwaltungssystemen. Bisher sind die autonomen Systeme des 2016 gegründeten Unternehmens in China, Australien, Neuseeland, Südostasien und den USA im Einsatz.

Weihnachten geht App
Appsflyer, ein Anbieter von Online-Analysen, hat den Report "The State of Shopping App Marketing" für das Jahr 2020 vorgestellt. Das Thema wird immer wichtiger. Denn während der Coronapandemie haben In-App-Shopping-Aktivitäten weltweit einen neuen Höhepunkt erreicht. Für Deutschland sowie Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) registriert der Bericht eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von November 2019 bis April 2020 um 36 Prozent. Interessant für den stationären Einzelhandel: Nach Angaben der Studie haben Apps von etablierten Retail-Marken einen um 30 Prozent höheren Anteil kaufender Nutzer als reine E-Commerce-Anbieter. Die Bilanz: Das kommende Weihnachtsgeschäft biete Händlern mit Shopping-Apps große Chancen.