Baur hat den Katalog eingestellt, die Deutsche Umwelthilfe fordert „eine politische Regelung gegen ungewollte Werbepost“, und Obi will auf Prospekte verzichten (siehe unten). Da wirkt es unzeitgemäß, wenn Media Central herausstellt, Marktführer für Print-Prospekte zu sein (ebenfalls unten). Aber: Dem "Morning Briefing" sagt das Unternehmen, für den Handel seien Print-Prospekte "immer noch hochwichtig", und mit dem Neuerwerb Yagora könne man die Zielgruppen streuverlustärmer ansteuern. Zweifellos ein Argument.

///// HANDEL NATIONAL
Obi-Werbung geht in die App
Die Umstellung ist Obi ganzseitige Print-Anzeigen in "FAZ", "Zeit" und "Bild" wert: Als (nach eigenen Angaben) erster Baumarkt verzichtet das Unternehmen ab sofort auf Prospektwerbung, wie es mitteilt. Genauer: Gestern (22. Juni) erschien der letzte "zentralgesteuerte nationale Obi-Prospekt in Deutschland und Österreich". Im August sollen Tschechien, die Slowakei und Ungarn folgen. Den künftigen Schwerpunkt der Werbung bilde die individualisierte Ansprache und Beratung über die App „Hey Obi“, für die Obi drei Mio. Nutzer meldet. Als Gründe nennt das Unternehmen das veränderte Verhalten der Kundschaft, aber auch Nachhaltigkeitsziele und die derzeit hohen Papierpreise.

Ladenmieten steigen tendenziell, aber Vermieter sind gesprächsbereit
Comfort ist ein Makler für Einzelhandels-Immobilien, hat sich die gegenwärtige Lage angeschaut und kommt zu ambivalenten ErgebnissenAbgesehen von Großflächen ab etwa 1.000 m² habe die Flächennachfrage merklich zugelegt, dahinter stehe "ein deutlich gewachsenes Vertrauen" in die Geschäftsmöglichkeiten, sowohl stationär als auch stationär/online – gute Nachricht. Entsprechend gingen die Mieten im Vergleich zum Niveau von 2021 "tendenziell nicht mehr weiter nach unten" und "teilweise [...] von hier aus auch wieder nach oben" – schlechte Nachricht. Den Vermietern sei aber bewusst, "dass die Mieten wohl nicht ohne weiteres auf das Vor-Corona-Niveau zurückkehren werden", und sie seien gesprächsbereiter als zuvor – gute Nachricht. Jedenfalls aus Händlersicht.


///// HANDEL INTERNATIONAL

Alibaba nennt kaum Zahlen zum 6.18-Festival
JD.com erzielte während des chinesischen "6.18 Shopping Festival" ein Plus von 10,3 Prozent, deutlich weniger als zuvor (das "Morning Briefing" berichtete). Alibaba hält sich in seinem Bericht über den 18-tägigen Aktionszeitraum mit Gesamtzahlen auffällig zurück (Ausnahme: 260.000 teilnehmende Marken) und spricht lieber über Trends und einzelne Erfolge:
  • So hätten in diesem Jahr "Nischen-Hobbys die Verbrauchertrends bestimmt", zum Beispiel Fischen, Skateboarding und Camping. 
  • In der Kategorie Männer-Körperpflege und Rasur seien die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahr um das 20-Fache gestiegen. 
  • Die rund hundert beliebtesten Produkte seien auf mehr als 100 Mio. RMB gekommen, fast 2.300 Artikel auf mehr als zehn Mio. RMB und 30.000 Artikel auf einen Umsatz von einer Mio. RMB.
  • Die 410 Marken, die erstmals dabei waren, hätten ihren Bruttowarenwert (GMV) mehr als verdoppelt.

Das war's mehr oder weniger – kein Wunder: Handelsblatt.com spricht von "Katerstimmung"; zusammen hätten Alibaba, JD.com und Pinduoduo mit 83 Mrd. Umsatz nur 0,7 Prozent mehr erwirtschaftet als im Vorjahr. 

Schweiz: Online wuchs 2021 weiter – aber nur im Inland
In der Schweiz "halte der Trend zum Einkauf bei Schweizer Onlineshops an", zitiert die Nachrichtenagentur SDA die Marktforscher von GfK. Der Inlands-Online-Umsatz sei im Jahr 2021 um zwölf Prozent gewachsen, der von Digitec Galaxus beispielsweise um 14 Prozent. Käufe bei nicht-schweizerischen Onlinern stagnierten dagegen (wie schon im Vorjahr). Einen besonders hohen Online-Anteil zeige die Heimelektronik mit rund der Hälfte ihres Gesamtumsatzes. Der gesamte Schweizer Einzelhandel kam 2021 den Zahlen zufolge auf 102,3 Mrd. Franken, ein Plus von 3,3 Prozent.

Personalie 1: Doug Herrington ist neuer Amazon-Einzelhandelschef
Amazon hat Doug Herrington zum Chief Executive Officer von Worldwide Amazon Stores ernannt, also des Einzelhandelsgeschäfts. Er ist seit 2005 im Unternehmen, schreibt Amazon-Chef Andy Jassy auf der Unternehmens-Website, und habe unter anderem 2007 "Amazon Fresh" aus der Taufe gehoben. Herrington folgt auf Dave Clark, der zum 1. Juli ausscheidet. Der operative Bereich, so Amazon weiter, werde unter Herrington zusammengeführt und künftig von John Felton geleitet. Geekwire.com zufolge verlassen auch Alicia Boler Davis (Vice President Global Customer Fulfillment) und Dave Bozeman (Vice President Amazon Transportation Services) das Unternehmen.

Personalie 2: Scilla Grimble wird Deliveroo-Finanzchefin
Scilla Grimble wird neue Finanzchefin des britischen Essens-Lieferdienstes Deliveroo, wie Reuters schreibt, und zwar spätestens in einem Jahr. Gegenwärtig arbeite sie in gleicher Position bei Money Supermarket. Sie ersetze Adam Miller, der Deliveroo im September verlasse, und dann auch David Hancock, der interimistisch einspringe, bis Grimble kommt.


///// TRENDS & TECH

Pharmahersteller wollen den Online-Markt eher selbst abschöpfen
Die Kaske Group, Anbieter von Online-Systemen für den Medikamentenvertrieb, hat 52 Pharmaunternehmen nach ihren Direct-to-Consumer-Plänen befragt. Ergebnis: 59 Prozent sind mit der Repräsentation ihrer Marke in Online-Apotheken nicht zufrieden, entsprechend denken 77 Prozent über DTC nach – oder sind schon unterwegs wie Allergosan, Essity, Hartmann, Dr. Kade, Klosterfrau, Orthomol, Protina, Pure Encapsulations, Reckitt und Schwabe. Als größte Herausforderungen werden Logistik, Kapazitäten und Technik genannt.

Wie KI-gestützte Suche Kundenerlebnis – und Umsatz – verbessert
Wenn Kunden im Webshop schnell finden, was sie suchen, erhöht das ihre Zufriedenheit – und damit die Kaufwahrscheinlichkeit. Eine gute Produktsuche, die die passenden Informationen zum richtigen Zeitpunkt bereitstellt, trägt deshalb entscheidend zum Erfolg eines Shops bei. Aber was macht eine gute Suche genau aus, und welche Rolle können künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen hier spielen? Etailment-Experte Steven Bailey von AOE gibt Antworten.

Klarna digitalisiert Kundenkarten
2021 übernahm Klarna den Wallet-Anbieter Stocard, das wird sichtbar: Seit gestern (22. Juni) gibt es in der Klarna-App eine Kundenkartenfunktion für 18 Länder. In Deutschland umfasst sie der Pressemitteilung zufolge rund 780 Prämienprogramme. Per Kamera lassen sich Kundenkarten in die App laden und an der Kasse aus der App heraus genauso scannen wie physische Karten, verspricht Klarna. Die Funktion richtet sich also vor allem an den stationären Handel.

Media Central Gruppe kauft Yagora
Die Media Central Gruppe, Spezialist für Angebotswerbung von Prospekt bis Digital, kündigt an, Yagora zu kaufen. Yagora beschäftigt sich mit der Analyse von Daten zum Kaufentscheidungs-Verhalten. Die Übernahme diene dem Ziel der Media Central Gruppe, "system- und datengestützte Geschäftsfelder weiter auszubauen". Zum Konzern gehören auch Offerista, ein Netz für digitales Handelsmarketing, und Media Central, nach eigenen Angaben Marktführer in der unadressierten Haushaltswerbung mit 15 Mrd. Prospekten im Jahr.  

Weitere Kooperationen in Kürze
  • Händler, die das Shopsystem von Shopify nutzen, können jetzt über eine "Twitter-Verkaufskanal-App" via Twitter werben: indem sie dort ihre Produkte hervorheben und über den "Twitter Shopping Manager" Inventar und Darstellung automatisch abgleichen, so der Blog von Twitter. Laut Onlinehaendler-News.de gilt das zunächst nur für die USA.
  • Belboon, Berliner Betreiber eines Performance-Marketing-Netzes, bietet einer Mitteilung zufolge seinen Advertisern jetzt die „Performance Suite“ der Online Solutions Group aus München, inklusive "Brand Protection Tool" gegen Brand Bidding.
  • Die Rewe Group investiert in den deutschen Lieferdrohnen-Anbieter Wingcopter, wie Heise.de berichtet. Die Erweiterungsrunde der Serie A habe insgesamt 42 Mio. US-Dollar ergeben, Rewe sei ein Investor neben unter anderem Salvia, XAI Technologies und Itochu, einem japanischen Handelskonzern.


Fullstory kommt nach Deutschland

Fullstory, US-amerikanischer Anbieter einer Plattform für Digital Experience Intelligence, beschäftigt nach eigenen Angaben ab sofort Mitarbeiter in Deutschland (Hamburg, Köln, Berlin) und betreibt außerdem ein Rechenzentrum (Frankfurt am Main). Deutschland sei der erste nicht-englischsprachige Markt für Fullstory mit derzeit acht Leuten. Fullstory verspricht die möglichst vollständige Erfassung und Analyse digitaler Nutzerprozesse, 2021 seien fast 17,5 Mrd. Sessions mit mehr als einer Bio. Interaktionen analysiert worden.

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Immer mehr stationäre Händler verkaufen auch über das Internet – trotzdem immer noch zu wenige. Dabei erwarten nicht nur junge Kunden heute ein Omnichannel-Erlebnis. Wie Unternehmen Ladengestaltung, Order- und Lagerlogistik auf Off- und Onlinehandel ausrichten und die Verkaufskanäle nahtlos verknüpfen, lesen Sie in der Ausgabe 03/2022 von „Der Handel“. Weitere Schwerpunkte sind diesmal die Nachwuchsförderung im Handel und Tipps, wie sich Händler gegen Cyber-Angriffe absichern. Das aktuelle E-Paper von „Der Handel“ mit allen Inhalten des gedruckten Heftes steht zum kostenfreien Download bereit.