Der Online-Handel brummt. Ceconomy kann davon ebenso ein Lied singen wie die Deutsche Post und Wayfair, Amazon sowieso. Nur bei den kleinen Händlern hat sich das irgendwie noch nicht rumgesprochen, weshalb der HDE jetzt die nächste Rakete in seinem Überzeugungsfeuerwerk zündet – einen Fonds auflegen, um die Digitalnaiven zu missionieren. Steuergelder, um einer Branche Ecommerce-Nachhilfe zu geben? Wenn schon in digitale Bildung investieren, dann dort, wo das Geld wirklich gebraucht wird – in den Schulen!

///// HANDEL NATIONAL

Boomendes Online-Geschäft, aber Media Markt und Saturn stehen vor deutlichem Stellenabbau
Die Düsseldorfer Holding Ceconomy, Mehrheitseigner der Ketten MediaMarkt und Saturn, prüft nach eigenen Angaben die Einführung einer konzernweit einheitlichen Organisationsstruktur, die vor allem im Ausland zu einem Abbau von bis zu 3500 der über 47.000 Vollzeitstellen führen könnte. Wie Reuters berichtet, könnten verlustreiche Filialen in “begrenztem Umfang” geschlossen werden. Laut Ceconomy könnten so pro Jahr knapp über 100 Millionen Euro eingespart werden. Die Holding hatte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2019/20 einen Verlust von 309 Millionen Euro bilanziert, im Mai lagen die Umsätze schon wieder 3 Prozent über dem Vorjahresniveau, im Juni sogar 12 Prozent. Das Wachstum liege im Online-Geschäft begründet, schreibt die WirtschaftsWoche: Es sei zwischen April und Juni um rund 145 Prozent gewachsen und mache mittlerweile mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes aus. Eine Entscheidung über die Pläne des Vorstands sei noch nicht gefällt worden, Beratungen der Gremien seien für den 12. August angesetzt.
 
Während des Lockdowns bewältigte die Post eine Paketflut wie sonst nur zu Weihnachten
Jetzt hat auch die Deutsche Post DHL-Gruppe mit Zahlen untermauert, welchen Online-Boom die Corona-Pandemie ausgelöst hat: „Die Menschen haben online bestellt wie sonst nur vor Weihnachten“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Finanzchefin Melanie Kreis. Konkret wuchs das Volumen im deutschen Paketversand im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21,4%, der Umsatz im Pakersegment stieg sogar um 28,1%. Die traditionelle Paketflut im Weihnachtsgeschäft werde nun eine große Herausforderung: “Wir brauchen zusätzliche Kapazitäten”, sagte Kreis laut Reuters.

Im Handel ist das neue Normal besser als das alte – zumindest den Zahlen des Statistischens Bundesamtes nach
Der Handel in der Krise? Es kommt auf die Perspektive an – und die Datenlage. Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) haben die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland im Juni 2020 kalender- und saisonbereinigt 1,6 % weniger umgesetzt als im Mai 2020 (real/preisbereinigt und nominal/nicht preisbereinigt). Im Vergleich zum Vorjahresmonat sei der Umsatz real um 5,9 % und nominal um 6,8 % gestiegen. Allerdings hatte der Juni 2019 mit 24 Verkaufstagen einen Verkaufstag weniger. Im Vergleich zum Februar 2020, dem Monat vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland, war der Umsatz im Juni 2020 kalender- und saisonbereinigt real um 1,4 % höher. Das größte Umsatzplus zum Vorjahresmonat habe der Internet- und Versandhandel erzielt (real 30,7 % und nominal 30,6 %). Destatis konstatiert, dass Veränderungsraten dieser Größenordnung selbst in dieser sehr dynamischen Branche ungewöhnlich und somit zu einem erheblichen Teil auf einen Sondereinfluss der Corona-Pandemie zurückzuführen seien.
 
Konsumenten stellen Lebensmittelhandel gutes Zeugnis für das Krisenmanagement aus
Die Verbraucher haben dem deutschen Lebensmittelhandel bei der bisherigen Bewältigung der Corona-Krise ein gutes Zeugnis ausgestellt. In Umfragen waren zwischen 60 und 75 Prozent der Befragten der Ansicht, dass der Lebensmittelhandel gut auf die Pandemie reagiert habe. In den Geschäften sei gut vorgesorgt worden, damit die Hygieneauflagen eingehalten werden konnten. Diese Kundenmeinung ist ein zentrales Ergebnis des aktuellen Dossiers: "Lebensmittelhandel in Zeiten der Corona-Pandemie. 7 Erkenntnisse aus der Krise" des Handelsverbandes Lebensmittel (BVLH). Dafür hat der BVLH zahlreiche Meinungsumfragen und Marktforschungsstudien ausgewertet, die im Frühjahr und Frühsommer 2020 zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Bevölkerung durchgeführt wurden.
 
Amazon scheitert mit Verfassungsbeschwerden gegen Streikmaßnahmen auf dem Betriebsgelände
Amazon muss als nicht tarifgebundenes Unternehmen punktuell hinnehmen, dass Gewerkschaften auf Betriebsparkplätzen Streikmaßnahmen durchführen und kann sich nicht per se auf sein Hausrecht berufen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Verfassungsbeschwerden des Unternehmens nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 09. Juli 2020, 1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19). In der Pressemitteilung vom 5.8. heißt es unter anderem, dass das Bundesarbeitsgericht zentral darauf abgestellt habe, dass die Gewerkschaft ihre Rechte überhaupt wahrnehmen können muss; dies sei nicht zu beanstanden, da die persönliche Ansprache der Arbeitswilligen vor Antritt der Arbeit, um sie zum Streik mobilisieren zu können, grundgesetztlich geschützt sei. Die Beschwerdeführerinnen müssten eine damit verbundene Einschränkung ihrer Rechte hinnehmen, zumal die Streikmaßnahmen so ausgelegt waren, dass Arbeitswillige auf dem Betriebsparkplatz weiter ihr Fahrzeug abstellen und an ihren Arbeitsplatz gelangen konnten.

Adobe-Umfrage zu den Trends 2020: Online-Shopping ist gekommen um zu bleiben – und zu wachsen
Online Shopping gehört zu den Trends, die durch die Corona-Krise beflügelt wurden, könnte aber auch langfristig von Bestand sein. Eine Adobe-Umfrage unter 1000 Verbrauchern in Deutschland ergibt als wesentliches Ergebnis unter anderem, dass heute wie zu Zeiten des Lockdowns die Hälfte der Befragten regelmäßig im Internet einkauft. Welche Produkte auf welchen Plattformen besonders oft gekauft wurden, beleuchtet die Umfrage ebenfalls.

HDE setzt die Brechstange an – Wirtschaftsministerium soll Digitalisierung des Handels mit 100 Millionen Euro fördern
Angesichts der Vorschläge von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zur Digitalisierung des innerstädtischen Einzelhandels hat der Handelsverband Deutschland (HDE) Altmaier aufgefordert, einen Digitalisierungsfonds für den Einzelhandel in Höhe von 100 Millionen Euro aufzulegen. Viele mittelständischen Händler hätten ansonsten mitten in der Corona-Krise nicht die finanziellen Möglichkeiten, ihr Geschäft zukunftsfest zu machen. Interessant daran ist, dass der HDE als Konsortialführer im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums das bereits bestehende Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Handel leitet. Das hat sich zwar Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben, konnte aber offenbar vor Corona in der Breite nicht reüssieren. In einer ersten Bilanz auf Moebelkultur.de heißt es: Als sich viele Händler Corona-bedingt mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen mussten, habe das Kompetenzzentrum Handel sein Angebot auf digitale Maßnahmen umgestellt, was – immerhin – Händler*innnen sehr geholfen habe. Das auf drei Jahre angelegte Projekt besteht seit einem Jahr und ist bis Ende Juni 2022 befristet.  

///// HANDEL INTERNATIONAL

Warum Händler auf dem Amazon Marktplatz jetzt ihre österreichische Umsatzsteuer-ID hochladen sollten
In Deutschland haften Online-Marktplätze wie Amazon und Ebay für nicht abgeführte Umsatzsteuer. Darüber hinaus müssen Marktplätze umfangreiche Informationen zu Händlern und Transaktionen aufzeichnen und auf Abruf für die Finanzverwaltung vorhalten. Wie Taxdoo sehr detailiert darlegt, führt Österreich EU-konform eine ähnlich gelagerte Regelung zum 1. Januar 2021 ein. Hierzu gehört, dass Marktplätze bestimmten Sorgfaltspflichten wie der Aufzeichnung zahlreicher Stamm- und Transaktionsdaten nachzukommen haben. Amazon hat in einem Rundschreiben an seine Marktplatzhändler am 4. August auf diesen Umstand hingewiesen und die Händler aufgefordert, ihre österreichische Umsatzsteuer-ID in Seller Central hochzuladen, um Probleme mit dem Verkäuferkonto zu vermeiden.

Wayfair gewinnt in drei Monaten 5 Mio neue Kunden – mehr, als in den vorherigen vier Quartalen zusammen
Niraj Shah, CEO des Online-Möbelunternehmens Wayfair, glaubt, dass die Pandemie den Übergang zum E-Commerce einen Riesenschub gegeben habe. Das Unternehmen habe zwar seit vielen Jahren in diese Richtung gearbeitet, doch Corona habe einiges verändert, die Entwicklung des Ecommerce werde sich wohl schneller als vor der COVID-Pandemie fortsetzen. "Um die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken: In diesem Quartal haben wir fast 5 Millionen Netto-Neukunden mehr aktiviert als in den letzten vier Quartalen zusammen", zitiert Business Insider Shah. Die Zahl aktiver Kunden gibt Wayfair mit 26 Millionen an. Zum ersten mal seit dem Börsengang 2014 konnte Wayfair nunmehr einen Gewinn bilanzieren – 274 Mio. Dollar.

///// TRENDS & TECH

Google verpflichtet sechs weitere Partner für seine neue digitale Banking-Plattform bei Google Pay
Google weitet seine Pläne aus, digitale Bankdienstleistungen in den USA anzubieten. Wie TechCruch berichtet, gehe Google mit einem halben Dutzend weiterer Banken eine Partnerschaft ein, um Google Pay-Nutzern in den USA ab dem nächsten Jahr digitale Giro- und Sparkonten anzubieten. Die neuen Partner sind Bank Mobile, BBVA USA, BMO Harris, Coastal Community Bank, First Independence Bank and SEFCU. Sie stoßen zu den den bereits früher benannten Google-Partnern Citi und SFCU.

Favorit der Leser
Kein Lebensmittelhändler kann es sich leisten, Lebensmittel nicht online anzubieten, und doch sind nur sehr wenige in der Lage dies gewinnbringend zu tun. Niedrige Margen – in Deutschland zwischen zwei und fünf Prozent – treffen hier auf hohe Kosten. Etailment zeigt, welche E-Commerce-Modelle weltweit bereits profitabel sind.

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