Liebe Leserin, lieber Leser, lange Studien, um den Kunden besser zu verstehen, kann man sich im Grunde sparen. "Ich, alles, sofort und überall" bringt Karl-Heinz Land, Gründer der Strategieberatung neuland sowie Sprecher der Initiative Deutschland Digital (IDD), das modernde Kundenverhalten auf den Punkt. Die Beschreibung des "Instant-Konsumenten" und des digitalen Darwinismus in der "Marketing Review St. Gallen" lohnt gleichwohl die ausführliche Lektüre.

© Saturn
Avatar Paula tourt virtuell durch Saturn-Märkte
Morning Briefing
Redcoon ist wieder da, Holotour bei Saturn, DaWanda, Rakuten, dm, Pampers, Outfittery, Etsy, Ikea
Nachdem die Mutter Media-Saturn Redcoon in der vergangenen Woche Stubenarrest verpasste und begleitet von Massenentlassungen vom Netz nahm, ist der Webshop nun zurück. Redcoon wurde "vollständig mit der Infrastruktur und Systemlandschaft von Media-Markt-Saturn verzahnt", heißt es offiziell. Anders gesagt: Brauchen tun wir Redcoon nicht mehr, zum Wegwerfen war uns der Kontaktpunkt dann doch zu schade.
Ein bisschen "Raumschiff Enterprise" bei Saturn. Zwar nicht auf einem Holodeck, aber mit einer „Holotour“ macht die Kette Produkte in der Filiale virtuell erlebbarer. Per HoloLens-Brille von Microsoft zeigt sich die Kunst-Figur Paula bei einer Demo-Tour. Die virtuelle Mitarbeiterin zeigt in wechselnden Märkten den Weg zum Smartphone S8 von Samsung, dem Notebook Surface Pro 4 von Microsoft und dem Big Ball Allergy Staubsauger von Dyson. Sobald man die Stelle erreicht hat, an der sich das jeweilige Produkt real befindet, blendet die HoloLens per Augmented Reality grafisch aufbereitete, virtuelle Zusatzinformationen ein. Am meisten überrascht Tester wahrscheinlich, einen Mitarbeiter zu sehen, der sich nicht wegduckt.
DaWanda, einst ein Vorzeige-Marktplatz für personalisierte Geschenke und Handgemachtes, geht immer mehr aus dem Leim. Laut Deutsche Startups hat sich Gesamtbewertung von DaWanda binnen 12 Monaten mehr als halbiert und liegt nur noch bei 34,6 Millionen Euro. Ursache: Rocket Internet bewertete seinen 8,4 Prozent-Anteil 2016 nur noch mit 2,9 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor waren es noch knapp 6 Millionen Euro. Bei DaWanda betont man, es handele sich um eine um eine interne Bewertung von Rocket Internet und findet die Bewertung eher unverständlich.
Man muss Rakuten ja ein wenig gern haben. Ein Amazon-Killer ist der Marktplatz trotz vollmundiger Versprechen hierzulande nie geworden. Aber ein Mittelständler, der sich tapfer abstrampelt, trotzdem nie so richtig ankommt, dabei immerhin mit zweistelligem Wachstum nun rund 100 Millionen Euro Umsatz macht und nach heftigeren Rotationen im Management jetzt unter COO Guido Schulz ein wenig Ruhe einkehren lassen will. Als neues Management-Trio treten Jens Fischler (Ex-optivo) als Director B2B, Robert Koch (Ex-Kochzauber) als Head of Marketing für die Endkundenvermarktung an. Das Trio komplettiert als Head of Customer Service & Aftersales Operation Markus Steege (Ex-Flixbus).
Den Online-Umsatz des Webshops beziffert die Drogeriekette dm im Bereich "einiger Filialen", so ein zufriedener Erich Harsch, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung laut KA-News. 45 Millionen Besucher zählte die Drogeriekette in den letzten sechs Monaten in ihrem Online-Shop. Falls Sie jetzt rechnen wollen: Nehmen Sie bitte 7000 Euro Umsatz je Quadratmeter als groben Richtwert für den Filialumsatz.
Pampers erdückt online die Konkurrenz. Laut Daten der E-Commerce-Marktforschung von Metoda entfielen 98,61 Prozent aller Windel-Bestellungen in der Amazon-Kategorie „Wickeln“ zwischen 1. März und 16. April auf Pampers-Produkte. Annähernd 313.000 Bestellungen wurden in der Kategorie für Pampers erfasst. Der erfolgreichste Windel-Konkurrent konnte lediglich 2.940 Bestellungen verbuchen. In Umsatzzahlen bedeutet dies, dass Pampers-Produkte für rund 10,6 Millionen Euro in der Kategorie „Wickeln“ verkauft wurden. Und obwohl hier neben Windeln und Feuchttüchern auch allerlei Wickel-Hilfen und Windel-Entsorgungssysteme angeboten werden, kommt Pampers in der Gesamtkategorie auf einen Umsatzanteil von 87 Prozent. In der Amazon-Hauptkategorie „Baby“ gehört die Unterkategorie „Wickeln“ mit fast 42 Millionen Euro Umsatz im Untersuchungszeitraum zu den umsatzstärksten Bereichen.
Die Shopping-Berater Outfittery schließen eine Achillesferse. Neudings gibt es die App auch für Android Geräte. Etwa 70 Prozent der Nutzer greifen bereits mit einem mobilen Endgerät auf die Website des Curated-Shopping-Start-ups zu.
Bei der Handarbeits-Plattform Etsy tritt CEO Chad Dickerson ab. Nachfolger Josh Silverman, ein ehemaliger eBay-Manager, soll nun den Niedergang des Marktplatzes bremsen, meldet Reuters.
Vier Schweizer Händler finden sich in den Top-100 der deutschen Amazon Marketplace-Händler. Die können nämlich niedrigpreisige Medien günstig anbieten und profitieren dabei vom Wegfall der Einfuhrsteuer und Vorteilen bei der Mehrwertsteuer. Das grosse Geschäft mit kleinen Preisen erklärt Carpathia.
Ikea bastelt an der Idee smarter Einrichtung und fragt derzeit seine Kunden online, wie sie sich Möbel mit künstlicher Intelligenz vorstellen, berichtet TNW.
41 Prozent der Besucher in Fashion-Shops kommen über Suchmaschinen-Werbung wie Google und Bing Ads (Paid Search) in den Shop und 23 Prozent über die Suche bei Google und Bing (Organic Search). Dagegen kommen nur 14 Prozent direkt in den Online-Shop und knapp 10 Prozent über Referrals – also Verlinkungen von anderen Webseiten. Die organische Suche kommt dabei auf eine Conversion Rate von 1,57 Prozent. E-Mail-Marketing ist der Kanal mit der höchsten Conversion Rate von 1,96 Prozent. 1,86 Prozent sind es bei Paid Search. Die ohnehin kaum lockende Displaywerbung empfinden die Analysten von AnalyticaA (sic!) in ihrem Traffic-Report mit einer Conversion Rate von traurigen 0,21 Prozent als "Geldverschwendung".
Mit der 3D-Brille sieht man besser. Zumindest sind 54 Prozent der Befragten einer Studie von elaboratum New Commerce Consulting der Meinung, dass sie sich durch Virtual Reality ihr gewünschtes Produkt besser vorstellen können. 50 Prozent der rund 1.000 befragten Internetnutzer geben an, dass ihnen dadurch auch wichtige Entscheidungen zum Produkt leichter fallen würden. 36 Prozent würden einen Händler bevorzugen, der eine VR-Anwendung anbietet.
Mehr Bequemlichkeit wünschen sich die Deutschen beim Einkaufen. Das zeigt die Zukunftsstudie Handel 2036, für die das digitale Handelsunternehmen QVC gemeinsam mit Trendbüro Hamburg und TNS Infratest mehr als 1.000 Menschen in Deutschland zum Shopping der Zukunft befragt hat. So kann sich fast jeder Dritte (32 Prozent) sehr gut vorstellen, automatische Bestellungen zu nutzen, wenn ein Produkt zu Hause ausgeht – sei es die Druckerpatrone oder die Milch im Kühlschrank. Und 41 Prozent der Deutschen erwarten sogar, dass Shopping 2036 nebenher im Alltag passiert, zum Beispiel beim Blick in den Schrank per Sprachkommando.Ist ja irgendwie logisch: In 20 Jahren ist die Generation der Baby-Boomer die "Generation Rollator". Da darfs schon mal etwas bequemer werden.
Mit einem Online-Shop können stationäre Händler einen Kundenschwund aufhalten. Und mit cleveren Tools für die Automatisierung hält sich der Aufwand für den Digital Commerce auch in Grenzen.
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