Der E-Commerce-Verband BEVH stand gestern (26. Januar) vor derselben Aufgabe wie viele Onliner: Er musste erklären, warum es gar nicht so schlimm ist, dass das Geschäft nachlässt. Die Kurzfassung: Äußere Faktoren wie der Krieg gegen die Ukraine und das Ende der Pandemie bewirken Konsumeffekte, die für das Minus verantwortlich sind. Strukturell dagegen habe sich der E-Commerce fest verankert, ein Kernsortiment nicht aufschiebbaren "akuten Bedarfs" wachse, die Zahl der aktiven Kunden sei groß wie nie, die Zufriedenheit unverändert hoch. Kurz: "Konsumeffekte pfui, Struktureffekte hui" (Vizechef Martin Groß-Albenhausen).
///// HANDEL NATIONAL
Online-Handel mit Waren sank, soll aber wieder wachsen
Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) meldet für das Jahr 2022 einen Umsatzrutsch von minus 8,8 Prozent auf 90,4 Mrd. Euro für den Online-Handel mit Waren in Deutschland (brutto, nicht inflationsbereinigt). Das sei gegenüber 2019 immer noch ein Plus von 24,5 Prozent. Einzelne Ergebnisse:
- Nicht aufschiebbare Käufe ("akuter Bedarf") legten zu, Tierbedarf etwa um 6,4, Medikamente um 3,5 und Lebensmittel um 1,3 Prozent. "Wer den E-Commerce während des Lockdowns für tägliche Bedarfe genutzt hat, kauft auch in Zukunft weiter online ein", resümiert BEVH-Vize Martin Groß-Albenhausen.
- Spontankäufe sind weggebrochen, insbesondere bei Mode, Hobby/Freizeit und Unterhaltungselektronik.
- Am deutlichsten spürbar sei die Kaufzurückhaltung für Multichannel-Händler gewesen, deren Online-Verkäufe sich zum Teil wieder ins eigene stationäre Geschäft verlagerten.
- Der Anteil aktiver Kunden (regelmäßige Online-Bestellung innerhalb eines Monats) habe 2022 bei 76 Prozent gelegen, höher als je zuvor. Der Anteil hochfrequenter Besteller (Einkauf mehrmals innerhalb der jeweils vergangenen 7 Tage) sei leicht auf 42,5 Prozent gesunken (2021: 43,6 Prozent), der Durchschnittsbon von 144,25 auf 131,27 Euro. Der BEVH sieht eine "unverändert hohe Zahl aktiver Kunden, die aber seltener und für geringere Summen kaufen".
- 96,7 Prozent der Kunden seien "sehr zufrieden" oder "zufrieden", mehr als in den Jahren 2019 ff.
- Die Prognose des BEVH: "Der E-Commerce-Umsatz mit Waren wird 2023 voraussichtlich um 4,8 Prozent auf 94,7 Mrd. Euro wachsen."
Mister Spex meldet online elf, stationär 20 Prozent Plus
Optiker Mister Spex hat vorläufige und ungeprüfte Zahlen für 2022 veröffentlicht: Insgesamt habe der Umsatz 210 Mio. Euro erreicht, ein Plus von acht Prozent, in Deutschland 153 Mio. Euro, plus elf Prozent. Die Stores haben dem Unternehmen zufolge auf vergleichbarer Basis um 20 Prozent zugelegt – kein Wunder, dass 2022 in Deutschland gleich 16 davon eröffnet wurden, dazu zwei in Österreich und einer in der Schweiz. Die gegenwärtige Gesamtzahl der stationären Läden wird mit 68 (in vier Ländern) angegeben. Was fehlt, ist Gewinn: Als bereinigte EBITDA-Marge erwartet Mister Spex minus sechs bis minus drei Prozent.
About You eröffnet Online-Shop für Sonderangebote
"Hier bekommst Du die besten Angebote auf beliebte Modemarken bis zu 75% reduziert!", rufen die FAQ: Mode-Onliner About You hat mit Aboutyou-Outlet.de eine Plattform für Sonderverkäufe eröffnet und verspricht täglich neue Angebote. Kaufen kann den FAQ zufolge nur, wer auf der Stammseite von About You registriert ist. Das Ganze sei noch in der Beta-Phase, schreibt Internetworld.de, und werde um eine eigene App ergänzt.
Getir prüft operatives Geschäft bei Gorillas
Nach der Übernahme des Berliner Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas beginnt die neue Mutter Getir mit den Entscheidungen: Wie Lebensmittelzeitung.net schreibt, solle an den Darkstores in Berlin und München "weitgehend" festgehalten werden. Auf Überschneidungen geprüft würden die Stores in Dortmund, Düsseldorf, Köln, Hamburg und Nürnberg. In diesen sieben Städten sei Getir unterwegs – Gorillas auch. Im Management zeichne sich ab, dass Gorillas-Deutschlandchef Clemens Koebele an Bord bleibe, ebenso wie CFO und Co-Founder Elmar Broscheit.
Verdi hat offenbar gestern wieder die Post bestreikt
Die Warnzeit war erneut sehr gering: Am gestrigen Donnerstag und für den gestrigen Donnerstag hat die Gewerkschaft Verdi "bundesweit Beschäftigte in ausgewählten Betrieben in den Paket- und Briefzentren sowie in der Paket-, Brief- und Verbundzustellung" der Deutschen Post zu ganztägigen Streiks aufgerufen. Der Nachrichtenagentur DPA zufolge rechnete die Gewerkschaft mit hoher Beteiligung. Für die drei Streiktage der Vorwoche (das "Morning Briefing" berichtete) meldet Verdi insgesamt rund 30.000 Teilnehmer.
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HANDEL INTERNATIONALDer Schweizer Onliner Galaxus will "zum Nachschlagewerk in punkto Produkt- und Servicequalität vieler Marken" werden, wie er ankündigt. Dazu zeigt er auf den Produktseiten eine Rückgabequote, eine Gewährleistungsfallquote und eine Gewährleistungsfalldauer, jeweils im Vergleich mit Wettbewerbsprodukten. Das ist Service, aber auch Eigennutz: "Als Nebeneffekt könnten die Kosten von Galaxus sinken – dann nämlich, wenn sich die Kundschaft vermehrt für Produkte entscheidet, die punkto Rückgabe- und Gewährleistungsfallquote gut abschneiden." Die Funktion gelte für alle Produkte mit hinreichend großer Datenbasis und auch auf Galaxus.de, dort zum Beispiel auf der Produktseite einer Insektenfalle.
Royal Mail meldet schwaches Weihnachts-Paketaufkommen
Das britische Postunternehmen Royal Mail muss lauter Minuszahlen in den Bericht für das vierte Quartal 2022 schreiben: Die Zahl der Pakete lag im Vergleich zu 2021 insgesamt um satte 27 Prozent im Minus (321 Mio.), im Heimatmarkt um 29 Prozent (282 Mio.), international um drei Prozent (39 Mio.). Das Argument "ja, aber im Vergleich zu 2019" zieht nicht, auch hier regieren Minusse: insgesamt (16 Prozent), im Heimatmarkt (sechs Prozent) und international (52 Prozent). ChannelX.world zufolge nimmt die Post 16 Tage nach dem Cyberangriff wieder internationale Pakete an.
///// TRENDS & TECH
Amazon haftet nicht für Seiten von AffiliatesWenn eine Website, die über Affiliate-Links auf Amazon verlinkt, unseriöse Tipps oder gefälschte Testberichte enthält, ist dafür nicht Amazon haftbar zu machen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden (Az. I ZR 27/22), wie Tagesschau.de berichtet. Geklagt habe Bett1.de, das eine eigene Matratze in einem fragwürdigen Matratzen-Ranking mit Affiliate-Link gefunden habe. Für eine Haftung lägen aber keine Voraussetzungen vor, auch wenn die Amazon-AGB falsche oder irreführende Angaben über Produkte und Dienstleistungen ausschließe.
BIEK: Weihnachts-Paketvolumen acht Prozent unter Vorjahr
Im Weihnachtsgeschäft 2022 (November und Dezember) wurden in Deutschland 725 Mio. Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) befördert. Das hat der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) ausrechnen lassen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeute das ein Minus von acht Prozent, verglichen mit 2019 ein Plus von neun Prozent. Mit rund 395 Mio. Sendungen wichtigstes Segment seien Pakete an Endkunden gewesen.
Von unterschiedlichen Beförderungsklassen für Briefe ist schon länger die Rede, am gestrigen Donnerstag kam das Thema wieder auf: Das Bundeswirtschaftsministerium wolle die vorgegebenen Brieflaufzeiten flexibilisieren, meldet Reuters. Statt dass 80 Prozent der Sendungen innerhalb eines Werktags, 95 Prozent spätestens am zweiten Tag ankommen müssen, solle es darum gehen, dass "dass die Briefe zu einem bestimmten Zeitpunkt planbar ankommen". Dafür seien Kontrollen und Sanktionen möglich. Von Päckchen und Paketen ist im Bericht nicht die Rede.
Studie: Quick-Commerce-Kunden sind fleißig, aber nicht treu
55 Prozent der Quick-Commerce-Kunden in Deutschland beauftragen den Service mindestens zwei Mal im Monat, die Hälfte gar für den gesamten Wocheneinkauf. Das ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Oliver Wyman unter 700 Q-Commerce-Kunden. Wichtigste Auswahlkriterien seien Preis und Liefergeschwindigkeit – und nicht etwa Treue zum Lieferanten.
Leitfaden zum Erkennen von Fake-Shops
Der Artikel ist ganz aus Endkunden-Perspektive geschrieben, aber vielleicht für die Konkurrenzbeobachtung von Interesse: Auf Spiegel.de erläutert ein Autor der Zeitschrift "Ct", an welchen Warnsignalen sich Fake-Online-Shops erkennen lassen.
///// NACHHALTIGKEIT
Ein hoher Anteil der Rücksendungen im Online-Modehandel ist größenbedingt – und damit vermeidbar, sind die Gründer des Münchener Start-ups Sizekick überzeugt. Ihre KI-Lösung soll Onlinekäufern in wenigen Sekunden Größenempfehlungen geben, die nicht nur die individuelle Körperform, sondern auch Unterschiede zwischen verschiedenen Marken und Styles berücksichtigen. Der Soft-Launch mit ersten Pilotkunden ist für das Frühjahr geplant. Etailment stellt das Start-up vor.
Neuer Einsteiger-Guide weist den Weg zum unternehmerischen Klimaschutz
Firmenkunden, Fachkräfte und Banken schauen immer häufiger auf die Klimabilanz von Unternehmen, Waren und Dienstleistungen. Der Einsteiger-Guide „Unternehmerischen Klimaschutz verstehen & managen“ vermittelt Führungskräften das notwendige Wissen, unabhängig von Branche oder Firmengröße. Der Guide wird von GREEN.WORKS herausgegeben, dem Klimaschutz-Programm der dfv Mediengruppe (in der auch das "Morning Briefing" erscheint). Er bietet konkrete Tipps, wie die Belegschaft für den Klimaschutz gewonnen und die Dekarbonisierung zu einem Innovationsthema gemacht werden kann.