Wenn es um den E-Commerce in Deutschland geht, stehen oft spitze Pandemie-Rekorde und glitzernde Live-Shopping-Formate im Zentrum. Dass allerdings der Schuh gewaltig drückt, macht der am gestrigen 10. Mai vorgestellte "E-Commerce-Atlas" von BEVH und Ibi Research deutlich: 26 Prozent der befragten Händler im Osten Deutschlands und 18 Prozent im Westen geben "Fehlender Breitband-Internetzugang" als Digitalisierungs-Hemmnis an. Wo es keine Straße gibt, können auch keine Kunden kommen. Und Live-Shopping schon gar nicht.

/////HANDEL NATIONAL
BEVH/Ibi: Deutliches E-Commerce-Gefälle zwischen West und Ost

Es gibt im E-Commerce einen deutlichen Unterschied zwischen Ost- und West-Deutschland. Wie der vom BEVH in Auftrag gegebene und von Ibi Research erstellte "E-Commerce-Atlas Deutschland" zeigt, gilt das für ...

  • die Zahl: 87,5 Prozent der deutschen E-Commerce-Unternehmen haben ihren Hauptsitz in West-, 12,5 Prozent in Ostdeutschland. Auch, wenn Bevölkerungsverteilung und die Verteilung aller Unternehmen berücksichtigt werden, bleibt der E-Commerce im Osten unterrepräsentiert.

  • die Größe: Deutsche E-Commerce-Unternehmen kommen im Schnitt auf 26,35 Mio. Euro Jahresumsatz, im Osten liegt der Wert bei 6,37 Mio., im Westen bei 29,39 Mio. Euro.

  • die Eigenkapitalquote: Sie liegt im Median bei 33,2 Prozent, im Westen bei 33,0 Prozent, im Osten bei 37,5 Prozent. Daraus, dass negative Quoten im Westen häufiger sind als im Osten, schließt Ibi auf eine höhere Investitionsbereitschaft. 

Zu den Forderungen der Studie gehören "E-Commerce-Kümmerer" in der Verwaltung, die gezielte Ansiedlung von Digitalunternehmen und weniger rechtliche Hürden. Basis der Studie sind Kennzahlen zu 105.000 E-Commerce-Unternehmen und die Befragung von 370 Händlern.

TK-Maxx-Online-Shop ist live
"Große Wow-Momente! Jetzt auch online": Der neue Online-Shop des Mode-Discounters TK Maxx ist erreichbar (das "Morning Briefing" hatte über die Gerüchte im Vorfeld berichtet). Der Shop zeigt ein aufgeräumtes Layout ohne Chichi, dafür mit plakativer Ansprache ("Schnell zugreifen"). Die Filterfunktionen erlauben Suchen nach Premiummarken, maximaler Ersparnis und Größen, wie Textilwirtschaft.de ausprobiert hat. Versand und Retouren kosten Geld, die stationären Läden sind über ein "Click-&-Collect"-Angebot eingebunden sowie über die Möglichkeit kostenloser Rückgabe im Geschäft.

Mode-Versender Klingel ist offenbar insolvent
Wie PZ-News.de schreibt (also die "Pforzheimer Zeitung"), ist die Klingel-Gruppe insolvent. Das habe die Hauptgesellschaft K-Mail Order mit Sitz in Pforzheim mitgeteilt. Geplant sei eine Sanierung in Eigenverwaltung, der Geschäftsbetrieb laufe vollständig weiter. Laut Stuttgarter-Zeitung.de gelte die Insolvenz auch für die Tochtergesellschaften Impressionen Versand und Schneider, nicht aber für die weiteren Gesellschaften der Gruppe. Als Gründe nennen die Blätter Kaufzurückhaltung, Inflation und stark gestiegene Kosten zum Beispiel für Katalogproduktion und Logistik. Klingel zähle 3,3 Mio. Kunden im Alter von 55 bis 70 Jahren.

Mediamarkt Saturn: 700 Reseller auf dem Marktplatz
Elektrohändler Mediamarkt Saturn zählt 700 Reseller mit 550.000 Produkten auf seinem Marktplatz, mit dessen Entwicklung in Deutschland das Unternehmen "sehr zufrieden" sei. Das sagte CEO Sascha Mager der Zeitschrift "CE-Markt" (Heft 5/2023). Es gelinge immer besser, im gesamten Unternehmen einen Mobile-First-Ansatz zu verankern, der erste Kundenkontakt erfolge "in aller Regel" online. Mehr als ein Drittel der Online-Bestellungen würden nicht verschickt, sondern im Markt abgeholt – was 30 Minuten nach dem Kaufen-Klick möglich sei.

Lieferando verliert Tegut und gewinnt Mediamarkt
Supermarktbetreiber Tegut hat seinen Test mit dem Lieferdienst Lieferando (in Darmstadt und Frankfurt am Main) beendet und setzt stattdessen auf Wolt und die Amazon-Partnerschaft. Das schreibt Lebensmittelzeitung.net. Gleichzeitig meldet Lieferando per Pressemitteilung den Gewinn von Mediamarkt: Im Rahmen einer Pilotpartnerschaft werde innerhalb des Berliner Rings und in "gut 35 Minuten" geliefert. Das gelte für rund 100 Kleingeräte und Zubehör, und dafür gebe es erste Bestellshops auf dem Online-Marktplatz. Für Lieferungen in benachbarte Stadtviertel fielen keine Entgelte an. "Lieferando Express" werde um Mediamarkt-Bestseller erweitert.

Mytheresa hat sich mit Bucherer zusammengetan
Luxusmoden-Onliner Mytheresa bietet jetzt gebrauchte Luxusuhren des Händlers Uhrenhändler Bucherer an. Esquire.de zufolge werden sie in Kontinentaleuropa und Großbritannien in den Kategorien "Life", "Menswear" und "Womenswear" zu finden sein. Zum Start am gestrigen 10. Mai seien rund 300 Uhren von 25 Häusern angekündigt worden, allesamt funktionsfähig und auf Echtheit geprüft. Fashionunited.de schreibt, 2024 solle ein Sortiment von “New Fine Watches” folgen.

Zalando plant Outlets Nr. 14 und 15
Mode-Onliner Zalando kündigt zwei neue Läden an: für die erste Augustwoche einen auf der Frankfurter Einkaufsstraße Zeil (vier Etagen, 1.700 Quadratmeter), für Ende August einen in Bielefeld (Bahnhofstraße, 1.500 Quadratmeter). Der Ur-Laden in Frankfurt-Bockenheim soll "zunächst weiterhin [...] geöffnet bleiben".


///// HANDEL INTERNATIONAL

Etsy will Hochzeitslisten-Lücke füllen
Etsy, US-Online-Shop für Kunsthandwerk, hat im Unternehmens-Blog "Etsy Registry" vorgestellt, eine Hochzeitslisten-Funktion. Sie ermögliche es unter anderem, die exakte Individualisierung möglicher Geschenke vorzugeben. Businessinsider.com stellt einen Zusammenhang her zwischen dem neuen Etsy-Angebot und der Insolvenz der Einrichtungskette Bed Bath & Beyond, "einem traditionell beliebten Ort für Hochzeitslisten".

Amazon plant neue Verteilzentren in Europa
Allen Hiobsbotschaften der jüngeren Zeit zum Trotz will Amazon in Europa neue Verteilzentren eröffnen und dafür Leute einstellen, wie Reuters herausgefunden hat. Ziel sei mehr Effizienz durch geringere Lieferdistanzen und mehr Automatisierung. Zahlen und Orte seien nicht genannt worden. Gegenwärtig betreibe Amazon 70 Fulfillment-Zentren in Europa. (Via Amadeus-Watchblog.de.)

Großbritannien: E-Commerce schwankt noch
Der britische E-Commerce-Fulfillment-Dienstleister Huboo hat einen "Huboo E-Commerce Index" aufgelegt. Die Umsätze am Ende des 3. Quartals 2021 wurden gleich 100 gesetzt, wie ChannelX.world wiedergibt, demnach liege das erste Quartal 2023 bei 96, sieben Punkte über dem ersten Quartal 2022 (89). "Der britische E-Commerce-Markt muss sich noch von turbulenten zwölf Monaten voller Handelshemmnisse erholen, verursacht durch die Krise der Lebenshaltungskosten, Lieferketten-Schwierigkeiten und der Post-Covid-Erholung des stationären Geschäfts", so die Einschätzung der Website.

Großbritannien: Asos mit weniger Umsatz und mehr Verlust
"Die Durststrecke bei dem schwächelnden Online-Retailer hält an", kommentiert Textilwirtschaft.de die Entwicklung des britischen Modehändlers Asos. Der hatte in seinen Halbjahreszahlen (bis Ende Februar) einen Umsatzrückgang um acht Prozent auf 1,84 Mrd. Pfund (2,12 Mrd. Euro) gemeldet. Der Vorsteuerverlust erreichte 291 Mio. Pfund (Vorjahr: 15,8 Mio. Pfund). Asos kämpft seinen Worten zufolge unter anderem mit um neun Prozent geringerem Sortiment, da die Lagerbestände angepasst worden seien, habe aber durch weniger Sonderangebote und geringere Marketingausgaben auch die Margen gestärkt.

///// TRENDS & TECH

Neues E-Commerce-Terminal am Frankfurter Flughafen geplant
Die Zollagentur CB Customs Broker, eine Tochter von Lufthansa Cargo, und die Abfertigungs-Firma Georgi Handling planen am Frankfurter Flughafen ein neues Frachtterminal speziell für den E-Commerce. Es soll in der bestehenden Frachthalle von Georgi im Gebäude 568 der Cargo City Süd betrieben werden, heißt es in der Pressemitteilung von Lufthansa Cargo. Dort landeten häufig Airlines aus Asien, die ihre Fracht "automatisiert und schnell" abfertigen lassen können sollen. Mittelfristig sei eine eigene Halle geplant. CB wolle "der führende Experte für E-Commerce-Verzollung in Deutschland" werden.

Onliner dürfen deutsche Callcenter sonntags nicht besetzen
"Ein Möbelvertrieb, der seine Produkte ausschließlich im Internet anbietet, darf Arbeitnehmer im Kundenservice in Deutschland an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigen." So urteilte das Verwaltungsgericht Berlin laut Pressemitteilung am 27. April 2023 (Aktenzeichen: VG 4 K 311/22). Kernargument: Der Händler nutze die zulässige Betriebszeit nicht aus und könne daher darüber hinaus nicht öffnen. "Im Übrigen sei es der Klägerin [= dem Händler] ohne Weiteres zumutbar, telefonische Auskünfte nur an Werktagen zu erteilen, zumal ihre Kunden Käufe durchgehend tätigen könnten." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Gmail prüft, ob Adressen im Darknet stehen
Unter den Dingen, die Google am gestrigen Mittwoch auf seiner Entwicklerkonferenz ankündigte, ist auch ein "Dark Web Report": TheVerge.com berichtet, die zunächst ausschließlich in den USA verfügbare Funktion prüfe, ob Adressen des Google-E-Mail-Dienstes Gmail im Darknet auftauchen -- ob sie also irgendwo erbeutet wurden. Gmail halte Rat bereit, falls das der Fall sein sollte. Das Tool soll auf "ausgewählte internationale Märkte" ausgedehnt werden, Namen nenne Google nicht.

Viele Beschäftigte haben Angst vor der Arbeit
Ein düsteres Bild zeichnet Headspace, eine US-amerikanische Online-Plattform rund um psychisches Wohlbefinden, vom Arbeitsalltag im deutschen Handel: Der Gedanke an die Arbeit löse bei 54 Prozent der Beschäftigten "mindestens einmal in der Woche ein starkes Gefühl der Angst" aus, bei 16 Prozent sogar täglich. Wie Etailment.de berichtet, nennt Headspace als Gründe unter anderem hohe Leistungserwartungen (59 Prozent) und Verantwortungsdruck (55 Prozent). Die Zahl der Befragten ist mit 60 eher dünn, die Werte liegen aber dicht an den branchenübergreifenden und repräsentativen Ergebnissen des "Annual Workforce Attitudes Towards Mental Health Report" für Deutschland.

USA: Pizza-Kette will per Drohne liefern
Neues von den Drohnen: Das US-Unternehmen Zipline hat für seine im März angekündigte, vollelektrische Drohnen-Generation mit Zehn-Meilen-Radius drei neue Kunden gewonnen, darunter die Pizza-Kette Pagliacci in Seattle (USA). Wie GeekWire.com berichtet, will Pagliacci eines der ersten Unternehmen im US-Staat Washington werden, das kommerzielle Auslieferung per Fluggerät biete. Zipline habe seine Praxistauglichkeit durch Medikamenten- und Impfstoff-Lieferungen in mehreren afrikanischen Staaten bewiesen. In Washington soll es frühestens nächstes Jahr losgehen.

///// NACHHALTIGKEIT

Ebay meldet 1,6 Mio. Tonnen vermiedene Emissionen
Ebay hat seinen Nachhaltigkeitsbericht "Impact Report 2022" veröffentlicht, der vier Dinge als Hauptergebnisse nennt: a) Das Secondhand-Geschäft habe 4,6 Mio. US-Dollar an "positiven wirtschaftlichen Auswirkungen" geschaffen und zur Vermeidung von 1,6 Mio. Tonnen Kohlenstoff-Emissionen und 73.000 Tonnen Abfall beigetragen. b) 2022 stammten 91 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen. c) "Ebay for Charity" habe 163 Mio. Dollar eingespielt. d) Über das "Global Give Program" seien 6,3 Mio. Dollar an gemeinnützige Organisationen gegangen  allerdings unter anderem durch Mitarbeiterspenden.