Handelsunternehmen und Finanzierung - das läuft oft nach einem Muster ab: das erstbeste Angebot wird genommen. Keine andere Branche ist so träge. Dabei kann man beim Geld leihen viel Geld sparen - zwei Onlineplattformen zeigen, wie es geht.
Es war ein kapitalintensives Geschäft, das Stephan Heller betrieb: Er erwarb gebrauchte Markenuhren von privat, ließ sie durch eigene Uhrmacher aufbereiten, und vertrieb sie anschließend auf seiner Onlineplattform watchmaster.com. Dazu benötigte er liquide Mittel. Die Banken hatten jedoch wenig Interesse daran, das junge Unternehmen mit frischem Geld auszustatten.
Gezwungenermaßen setzte sich Heller mit dem Finanzmarkt auseinander, und lernte dabei viele alternative Finanzierungsformen kennen. Während dieses Prozesses reifte langsam die Geschäftsidee für seine Plattform FinCompare heran. "Den meisten Unternehmern fehlt schlicht die Zeit, um sich intensiv mit diesem fragmentierten Markt auseinanderzusetzen. Sie benötigen einen vertrauenswürdigen Ansprechpartner, der ihnen Lösungen aufzeigt, und diese gleich noch mit vermittelt", so Finanzexperte Heller.

Darüber hinaus hat das Unternehmen einen Robo Advisor für seine Kunden entwickelt. Dabei handelt es sich um ein dynamisches Software-Programm. Es ermittelt für den Bedarf des Nutzers die passende Finanzierungsform.
Der Kunde wird anhand von Fragen durch einen Prozess geführt. Relevant ist, welches Problem er lösen möchte. Es macht einen Unterschied, ob man kurzfristig Liquidität benötigt, oder ob man eine größere Investition tätigen möchte. Am Ende präsentiert der Advisor mögliche Finanzierungsformen. Darunter können sich auch Exoten wie Factoring, Leasing und Waren- oder Einkaufsfinanzierung befinden."Viele kleine und mittlere Unternehmen sind sehr erstaunt darüber, welche Möglichkeiten ihnen offen stehen."
Regional bekannt – deutschlandweit aktiv
Sowohl FinCompare als auch Compeon betonen, dass sie nur mit ausgewählten und renommierten Finanzpartnern aus Deutschland zusammenarbeiten. "Unsere Finanzierungspartner suchen meist einen zusätzlichen Vertriebskanal. In einigen Fällen sind sie nur regional bekannt. Oder sie haben sich auf bestimmte Branchen spezialisiert, und verfolgen einen Ansatz, der sich über klassische Werbung nur schwer darstellen lässt", erläutert Heller.Wie sieht es mit der Entlohnung aus? Beide Plattformen erhalten bei erfolgreicher Vermittlung eine Aufwandsentschädigung von den Finanzierungspartnern. FinCompare ist vor allem auf das schnelle Geschäft für kleinere Unternehmen konzipiert. Das Mindestvolumen liegt aktuell bei 10.000 Euro. Compeon verfügt über einen großen Beraterpool und ist auch für größere Vorhaben ausgelegt.

Im Jahr 2017 hatten Unternehmen Finanzierungsanfragen mit einem Gesamtvolumen von rund 5 Milliarden Euro ausgeschrieben. Im Durchschnitt wurden Finanzierungen mit einem Volumen von 700.000 Euro angefragt. Durch Kooperationen mit Instituten wie der KfW Bank können Antragsteller auf Compeon ihre Vorhaben auf Förderfähigkeit prüfen.
Speziell an Existenzgründer richtet sich die gruenderplattform.de, hinter der unter anderem die KfW Bankengruppe und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stehen. Sie ist seit März 2018 online. Voraussetzung ist ein Businessplan mit einem Finanzteil, bei dessen Erstellung die Plattform mithilft.
Gründerplattform
Ein solches Institut ist die Deutsche Handelsbank. Ihr Schwerpunkt liegt auf schnell expandierende Wachstumsunternehmen. Zum Kundenkreis gehören unter anderem die E-Commerce-Händler Mister Spex, Fashion for Home und Outfittery. Für die Deutsche Handelsbank ist entscheidend, dass das Unternehmen seit mindestens einem Jahr existiert, dass es einen Umsatz aufweist, der zeigt, dass sich das Geschäftsmodell trägt, und dass mindestens ein Risikokapitalgeber mit an Bord ist.
Crowdfunding – die Masse macht's
Mittlerweile öffnen sich auch große Geldhäuser und auch Spezialbanken für eher exotische Finanzierungsprodukte. So prüft zum Beispiel eine Arbeitsgruppe aus der DZB Bank in einem Pilotprojekt das Crowdfunding für die Finanzierung von Unternehmen. Bei dieser Finanzierungsform beteiligt sich eine Gruppe von Kleinanlegern, die so genannte Crowd (englisch für Menschenmenge) mit kleineren Geldmengen an einem größeren Vorhaben."Ursprünglich wurde mit Crowdfunding vor allem Geld für Prototypen oder soziale Zwecke gesammelt. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Unternehmen das Prinzip für gewerbliche Vorhaben für sich entdeckt", erläutert Oliver Recklies Generalbevollmächtigter und Bereichsleiter Finanzen und Controlling bei der DZB Bank.
Aktuell läuft ein Pilotprojekt mit einem mittelständischen Fachhändler. Die Arbeitsgruppe möchte hierbei testen, ob das Modell prinzipiell auf den Handel übertragbar ist. "Wenn der Versuch erfolgreich verläuft, sollen neben Wachstumsfinanzierungen auch Innovationen aus dem Handelsbereich gefördert werden", so Recklies. Dazu sollen später bei passenden Innovationskonzepten den Ideeninhabern auch fachliches Feedback und ausgewählte Testmöglichkeiten im Handel angeboten werden."Wenn der Versuch erfolgreich verläuft, sollen neben Wachstumsfinanzierungen auch Innovationen aus dem Handelsbereich gefördert werden."

"32,2 Prozent der Händler setzen sich noch nicht einmal mit den angebotenen Konditionen auseinander und wählen das erstbeste Angebot, ohne weitere Anbieter überhaupt in Erwägung zu ziehen", kommentiert Peters. Damit erreichten Händler den höchsten Wert unter allen befragten Branchen. Ein Fehler, der Geld kosten kann. "Laut Studie haben Unternehmen mit drei oder mehr Bankverbindungen im Schnitt 20 Prozent geringere Finanzierungskosten", so der Compeon-Manager abschließend.
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