Streit um Fischfutter-Fotos: Händler, die über Amazon Ware verkaufen, dürfen keine Produktbilder anderer nutzen - auch wenn der Marktplatzbetreiber sie ihnen zur Verfügung stellt, haben Richter entschieden.
Auf diese Weise kann Amazon seinen so genannten Marketplace-Händlern eine Vielzahl von Produktfotos anbieten. Das dürfte jedoch nicht mehr lange der Fall sein, folgert die Rechtsanwaltskanzlei Wilde Beuger Solmecke aus einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth.
Der Kläger, ein Händler aus Oberfranken, wollte über Amazon Süßwasserfische und Tierfutterbedarf vertreiben. Bei der Anmeldung seines Onlineshops auf der Plattform hatte er mit dieser auch einen "Vertrag zur Einstellung von Bildern oder Inhalten“ abgeschlossen und dabei die vorgegebene Bedingung akzeptiert, "Amazon, seinen verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern die nicht-exklusive, weltweite und gebührenfreie Lizenz zur Verwendung aller eingetragenen Markenzeichen, Handelsnamen und der Namen und Darstellungen aller im Material auftretenden Personen" zu gewähren, wie es in dem Vertragstext steht. Zudem gewährte der Händler auch das Recht zur Verwendung des Namens, den er in Verbindung mit dem Material übergeben habe.
Fischfutter selbst fotografieren
Für seinen Amazon-Marketplace-Shop fertigte der klagende Händler Fotos an und versah diese mit seinem Firmennahmen. Kurze Zeit später entdeckte er, dass ein Konkurrent mit dem gleichen Bild für identische Produkte warb. Der Tierfutterhändler erhob Klage wegen Urheberrechtsverletzung. Sein Konkurrent verteidigte sich mit dem Argument, die erforderlichen Rechte für die Verwendung des Bildes von Amazon eingeräumt bekommen zu haben.Zu Unrecht, wie nun das LG Nürnberg-Fürth befand. Dem Händler wurden weder direkt noch durch Amazon die erforderlichen Lizenzen zur Nutzung des Bildes eingeräumt. Amazon konnte keine Rechte an dem Bild einräumen, da die Plattform selbst nicht die erforderlichen Rechte besessen habe.
Die entsprechende Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amazon sei so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Internetkaufhauses hiermit nicht zu rechnen brauche. Insofern sei der Paragraph 5 der Amazon-Bedingungen schlicht unwirksam.
Onlinehändler sollten vorsichtig sein
"Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf tausende Onlinehändler haben", erläutert der Kölner Internetrechtler Christian Solmecke. "Wer derzeit Produktbilder verwendet, die er nicht selbst geschossen hat, ist abmahngefährdet. Dies gilt nicht nur für Amazon, sondern für sämtliche Onlineportale."Seiner Meinung nach drohen den betroffenen Händlern Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. "Für die Nutzung von Produktbildern werden von den Gerichten Kosten in Höhe von 80-150 Euro pro Foto angesetzt, je nach Dauer der Bildveröffentlichung und Verbreitungsgrad. Hinzu kommen noch einmal Anwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 600-1.000 Euro."
Theoretischer Rechtsanspruch gegen Amazon
Theoretisch haben nach Ansicht des Kölner Juristen die betroffenen Händler zwar einen Regressanspruch gegenüber Amazon. "Es wird sich aber zeigen, ob dieser sich dann auch in der Praxis durchsetzen lässt". Immerhin habe das Unternehmen seinen Sitz in Luxemburg, wodurch ein gerichtliches Verfahren und die Durchsetzung eines möglichen Urteils zumindest erschwert werden."Händlern ist zu raten, nur eigene Produktfotos zu verwenden", so der Rechtsanwalt. "Sofern es um den Verkauf von Büchern geht, ist mittlerweile entschieden worden, dass Buchcover zu Verkaufszwecken auch abfotografiert werden dürfen. Keinesfalls dürfe jedoch beispielsweise der Klappentext aus dem Buch einfach übernommen werden. "Dieser ist, genau wie auszugsweise Passagen eines Buches oder darin enthaltene Bilder, urheberrechtlich geschützt", warnt der Jurist.
Urteil vom 04.02.2011 – 4 HK O 9301/10
wim