Rund 100.000 männliche Kunden betreut Outfittery mittlerweile beim Mode-Einkauf. Tendenz steigend. Denn das 2012 von Anna Alex und Julia Bösch in Berlin gegründete Curated-Shopping-Modell macht zunehmend von sich reden. Anfang des Jahres sammelte Outfittery 13 Millionen Euro bei Investoren ein. Prompt folgte TV-Werbung. Obendrein zeigt sich Outfittery, das bereits in Deutschland, Österreich, der Schweiz und seit kurzem auch in den Niederlanden aktiv ist, auch mit einem Concept Store am Hamburger Flughafen. Die Offline-Welt schreibt nämlich auch Anna Alex, COO von Outfittery, noch nicht ab. Im Interview sagt sie, warum. 
Julia Bösch und Anna Alex gründeten Outfittery
Julia Bösch und Anna Alex gründeten Outfittery


Outfittery verkauft Männerkleider in passender Zusammenstellung. Warum kaufen Ihre Kunden bei Ihnen ein?

Anna Alex: Aus zwei Gründen. Der erste ist Convenience: Kunden können in einem zehnminütigen Telefonat einen Einkauf erledigen, der sie sonst gut und gerne einen halben Tag kosten kann. Weiter schätzen es unsere Kunden, eine qualitative und unkomplizierte Beratung in Modefragen zu erhalten. Dass alle unsere Style-Experten aus der Fashion-Branche kommen und auch die nötige Erfahrung mitbringen, ist sicherlich ein Grund für unseren Erfolg.

Was kann Ihr Online-Dienst, was gute Verkäuferinnen in guten Läden nicht können?

Anna Alex: Zum einen können wir dem Kunden den Weg in den Laden ersparen, zum anderen bauen wir gemeinsam mit dem Kunden eine langfristige Beziehung auf, in der wir ihn gut kennenlernen. Die Kundenberaterin im Laden muss schliesslich jedes Mal aufs Neue die passenden Größen und Marken herausfinden. Dies liegt jedoch keinesfalls an der Kompetenz der Verkäuferinnen, sondern am Geschäftsmodell des stationären Handels.

Ihr Businessmodell setzt auf Personal und Curated Shopping – warum?

Anna Alex: Weil Curated Shopping ideal zum Zeitgeist passt. Mit wenig Zeitaufwand ein perfektes Shopping-Ergebnis zu erzielen, ist schliesslich der Traum eines jeden Mannes. Die Konsumenten werden überflutet von Werbung und Angeboten, neue Brands erscheinen monatlich, und in Online-Shops finden sie tausende von weißen Hemden. Outfittery bietet hier eine gute Lösung an.


Was können andere Händler von Ihnen lernen?

Anna Alex:
Bei Outfittery liegt der Fokus auf dem Kundenservice und dem Kundenerlebnis. Wir befassen uns täglich mit der Frage, wie man die Männerwelt beim Shoppen glücklicher machen kann. Den Fokus auf Nachhaltigkeit und den Kunden, diese Kombination ist sicherlich ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Sie entstammen dem Umfeld der Brüder Samwer, zwei deutsche Internet-Unternehmer, die nicht müde werden, den stationären Handel für tot zu erklären. Warum eröffnen Sie gerade jetzt Ihren ersten Laden am Flughafen Hamburg?

Anna Alex:
Wir sind nicht der Meinung, dass der stationäre Handel einfach verschwinden wird. Die Königsdizplin ist, Offline- und Online-Handel erfolgreich zu kombinieren. Ob das analoge Pendant aber nun Filial-Kette, Pop-up Store oder Outlet-Store heisst, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell ab. Den stationären Handel vollkommen abzuschreiben wäre jedoch naiv.

Sie selber sind jung, weiblich, beruflich erfolgreich, haben entsprechend wenig Zeit – und gehören so zu einer wachsenden Zielgruppe. Bisher sprechen Sie mit Outfittery aber nur Männer an. Warum lassen Sie sich die Frauen entgehen?

Anna Alex: Wir kriegen ständig Anfragen von den Damen unserer Kunden, da sie bei der Anprobe der Outfits ja meisten mit dabei sind oder beim Date damit überrascht werden. Jedoch liegt der momentane Fokus schlicht und ergreifend auf der territorialen Expansion und der stetigen Service-Optimierung.

Sie erobern mit Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden gerade den europäischen Markt. Als nächstes folgt der skandinavische Raum. Wo steht Outfittery in 5 Jahren?


Anna Alex:
Unser Ziel ist es solide zu wachsen und uns als Marktführer in allen existierenden Märkten zu etablieren. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass auch andere Nationen in Europa sich über unseren Dienst freuen würden.

Sie sind ein Aushängeschild der Berliner Start-up-Szene: Was können klassische stationäre Händler von Ihrem Erfolgsmodell lernen?

Anna Alex:
Wir finden es wichtig, eine gesunde Balance aus Offline und Online aufzubauen, aber auch den Fokus auf ein nachhaltiges und serviceorientiertes Wachstum nie zu verlieren.


Das Interview erschien zuerst im Blog "Think Tank" des Gottlieb Duttweiler Instituts. Wir veröffentlichen den Beitrag mit freundlicher Genehmigung.