Warum nur Produkte aus einer Quelle bieten, wenn es auch breiter geht? Innerhalb von zwei Jahren stieg die Zahl der aktiven B-to-C-Marktplätze im deutschsprachigen Raum um 40 Prozent von etwa 150 auf 214, ergab eine Zählung. Der Vergleich mit 2015 zeige sogar ungefähr eine Verdreifachung. Allerdings sei mit Konsolidierung zu rechnen.
Gezählt haben die Digitalberatung Ecom Consulting und Gominga, ein Spezialist für Bewertungsmanagement, für ihr Kompendium “Die Marktplatzwelt 2022 – Online-Marktplätze und ihre Erfolgsfaktoren”. In der Consumer-Welt (Formate ohne B-to-B), seien in den vergangenen zwei Jahren rund 100 zusätzliche Online-Marktplätze von neuen und etablierten (Handels-) Anbietern gestartet worden.
Eines der prominentesten Beispiele ist sicher der Marktplatz des Großflächen-Betreibers Kaufland: Eröffnet im April 2021 (das "Morning Briefing" berichtete), meldete Kaufland.de im Juni 2022 schon 8.000 Händler mit 40 Mio. Angeboten (das "Morning Briefing" berichtete ebenfalls).
100 neue Marktplätze vs. 30 Schließungen
Gleichzeitig haben in den vergangenen zwei Jahren rund 30 Marktplätze aufgegeben, so die Zählung – auch hier große Namen wie Rewe oder Rakuten, zudem Nischenplayer und Start-ups. "Die Gründe dafür sind vielfältig", fassen die "Marktplatzwelt"-Herausgeber zusammen: "In zahlreichen Fällen wurden Unternehmen übernommen, fusioniert oder umbenannt (Kleiderkreisel/Vinted, Uvinum/Drinks & Co. etc.). In anderen wurde das Marktplatzmodell wieder verworfen (Rewe) oder der Rückzug aus der DACH-Region beschlossen (Rakuten)." Der Saldo ergibt also ein Plus von etwa 70 Marktplätzen.
Von den 214 Online-Marktplätzen, die der Studie zufolge dem B-to-C-Bereich zuzuordnen sind. folge rund ein Fünftel der Amazon-Strategie und positioniere sich als Vollsortimenter, 17 Prozent seien so genannte Multicategory-Anbieter, "die große Mehrheit" allerdings Spezialisten.
“Für nahezu jede Branche und jede Nische finden sich inzwischen zahlreiche mehr oder minder starke Wettbewerber”, so Christian Driehaus von Gominga. “Doch Hunderte B-to-C-Marktplätze in Deutschland und Europa machen es Newcomern nicht leicht, Marktanteile zu ergattern, und auch die Marktplatz-Seller stehen beim Management der unterschiedlichen Kanäle vor immer größeren Herausforderungen.”
Die Zukunft: Live-Shopping, Entertainment, Second Hand
Die Studie konstatiert auch einen großen Zuwachs an Dienstleistern rund um Marktplätze. Innerhalb der vergangenen Jahre seien hier Zehntausende von Arbeitsplätzen, Milliardenumsätze und Milliarden-Investments entstanden.
Für die Zukunft sehen die "Marktplatzwelt"-Autoren Live-Shopping und andere Entertainment-Faktoren im Kommen, zudem würden sich Payment-Provider zu Shopping-Portalen entwickeln. Second-Hand-Angebote werde "bei den allermeisten Marktplätzen zum Standard". Allerdings erwarten die Autoren für die kommenden zwei Jahre auch eine spürbare Konsolidierung auf dem Markt.
B-to-B-Marktplätze greife die Studie am Rande auf, sie werden allerdings als “the next big thing” bezeichnet. “Innerhalb Europas gibt es im B-to-B-Segment bereits über 300 Online-Marktplätze”, sagt Ralph Hübner von Ecom consulting. “Bis 2025 wird die Zahl auf deutlich über 1.000 B-to-B-Marktplätze explodieren – das ist nicht nur die Prognose der Experten, auch die großen Investoren setzen darauf.”