Der Internethändler Baur testet regelmäßig die Nutzerfreundlichkeit seines Mobileshops. Ein Dauerbrenner: Die Testkunden finden die Bedienungsfläche zu klein.
Wie diese Ansprüche konkret aussehen, testet der Internethändler Baur regelmäßig in umfangreichen Konsumententests. "Am Anfang wusste noch keiner so recht, wie man einen Onlineshop möglichst komfortabel auf einen kleinen Bildschirm bringt", berichtet Udo Bischof, der als Leiter Site-Engineering die Entwicklung des Mobileshops bei Baur verantwortet. "Wir haben uns deshalb schon lange von Expertenratschlägen verabschiedet. Stattdessen beziehen wir unsere Kunden aktiv in die Produktentwicklung ein, indem wir sie beispielsweise in sogenannten Uselabs gezielt befragen."
Einkäufe kurz und gezielt
Der Internethändler hat seine mobile Filiale im Juni 2011 eröffnet. Inzwischen kommen rund 9 Prozent der Besucher über mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablet-PCs - Tendenz steigend. Auf Smartphones sind Einkäufe kurz und gezielt, komplexe Tastatureingaben nerven und führen häufig zum Abbruch des Bestellprozesses. Ein Grund sind die langen Registrierungsprozesse bei Neukunden. Bestehende Kunden zeigen dieses Verhalten seltener, da sie nur zwei Felder zur Anmeldung benötigen. Deswegen wurden die Tastaturlayouts bei Neukunden optimiert und die Anmeldezeit dadurch verkürzt."Dies war aber erst der Anfang", so Bischof. "Tastatureingeben sind ein zentrales Problem auf den kleinen Geräten. Wir verfolgen derzeit unterschiedliche Ideen, wie man mit möglichst wenigen Tastatureingaben komfortabel und schnell bestellen kann." One-Click-Shopping oder innovative Payment-Lösungen, aber auch Near-Field-Communication seien vielversprechende Ansätze zur Behebung des Problems.
Lob gab es von den Konsumenten in den Tests unter anderem für die klare Navigationsstruktur, die einfache Handhabung, die Übersichtlichkeit, die Filter und die Anzeige aller erhältlichen Farben. Einige Funktionen wurden von den mobilen Baur-Shoppern vermisst: "Beispielsweise fehlte den Testkunden eine Verfügbarkeitsanzeige sowie Kundenbewertungen", berichtet Christian Herold, Head of Mobile Services bei Baur. "Also haben wir Kundenbewertungen und Lieferverfügbarkeit eingebunden."
Zoom mit Carousel-Lösung
Die mobilen Kunden störte zudem, dass weitere Produktabbildungen verschwanden, wenn sie sich ein Produkt im Zoom-Modus genauer anschauten. "Deshalb haben wir eine sogenannte Carousel-Lösung eingebaut, bei der die weiteren Produktansichten unterhalb des Zoom-Bildes angeklickt werden können", so Herold.Ein weiteres Ergebnis der Anwendertests: Mobile-Kunden erkannten die eingeklappten Filter nicht gut - die sind aber wichtig, um beispielsweise bei Kleidung die passende Größe und Farbe zu finden: "Man musste sie in den Tests regelrecht mit der Nase drauf stoßen", berichtet Herold. Zu denken, dass der Kunde diese Funktion schon sehen wird, funktioniert demnach nicht.
Also haben die Mobile-Profis bei Baur die Filter ausgeklappt und damit besser sichtbar gemacht - und hatten damit ein neues Problem: "Der Bildschirm eines Smartphones ist ja ziemlich klein. Wenn man die Filter ausklappt und damit größer darstellt, muss man an anderer Stelle etwas weglassen", schildert Herold. "Da stellt sich dann die Frage, was. Ist bei der Schuhsuche die Größe, der Preis, die Farbe oder die Absatzhöhe wichtiger?" Beim Optimieren der Filterfunktion nutzten die Händler daher die Klickhäufigkeit der am meisten in Anspruch genommenen Filter. "Bei Schuhen ist beispielsweise der Größenfilter der wichtigste, bei Mode aber schon nicht mehr. Da spielt Farbe die wichtigste Rolle."
Ladesonne eingebaut
Die Testkunden waren darüber hinaus verwirrt, dass sich eine Seite automatisch neu geladen hat, nachdem sie die Filterfunktion genutzt haben: "Wir haben daher nun eine sogenannte Ladesonne eingebaut, die dem Kunden zeigt, dass gerade etwas passiert", nennt Herold ein weiteres Beispiel.Ein Verbesserungsvorschlag der Konsumenten ist unterdessen ein Dauerbrenner: Sie finden die Touch-Flächen zu klein. "In der Version 1.1 haben wir zunächst die Abstände deutlich vergrößert, in der Version 2.0 wesentlich größere, hervorgehobene Buttons eingerichtet", erläutert Herold. „Aber das Thema wird uns vermutlich weiter beschäftigen."
iPad-Bedienung mit speziellen Anfiorderungen
Und nicht nur auf dem Smartphone, sondern auch auf iPad & Co: "Tablet-PCs haben zwar einen größeren Bildschirm, aber die Bedienung ist ebenso sehr speziell, weil es keine Maus und keine Tastatur gibt", erläutert er. Erste Anwendertests haben beispielsweise ergeben, dass die Kunden die Links selbst auf den größeren Bildschirmen der Tablet-PCs als zu klein empfinden, klickbare Elemente deutlich sichtbar gemacht werden müssen und iPad-Nutzer unterschiedliche Erwartungen haben, wie sie Artikelbilder vergrößern können: "Die beliebteste Zoomvariante ist der sogenannte Pinch, also das Aufziehen des Bildes mit zwei Fingern", so Herold. Darüber hinaus werde das iPad hauptsächlich waagerecht genutzt: "Daraus ergibt sich eine neue Bildschirmfalz."Alle Seiten und Bilder, die sich im Tabletshop per "Layer" öffnen lassen , sollten zudem gut sichtbar das Symbol "X" für „Schließen" besitzen, weil die Kunden sonst Schwierigkeiten haben, diese Ansicht wieder zu verlassen.
Und wenn die Nutzer von Tablet-PCs irgendwann gar nicht mehr weiter wissen, werden sie kreativ: "Sobald funktionale Buttons oder sichtbare Anweisungen fehlen, versuchen die Nutzer, sich mit Gestensteuerung weiterzuhelfen", berichtet Herold. Sie wischen, pinchen oder scrollen, so wie sie es auf ihren anderen Touch-Geräten gelernt haben. "Sofern die Bedienung über solche Gesten dann zum Ziel führt, hat man alles richtig gemacht und kann die Kunden begeistern", ergänzt Bischof. "Wenn nicht, sollte man schon mal an den nächsten Uselab-Test denken."
Sybille Wilhelm
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