Im E-Commerce gibt es kein Esperanto: Auch in digitalen Zeiten müssen regionale Unterschiede beachtet und die jeweiligen kulturellen Codes beherrscht werden. Wer gut beraten sein will, sucht die Expertise der Zielgruppe. Crowdtesting liefert wertvolle Erkenntnisse zum Finetuning digitaler Maßnahmen. Beim Launch seiner neue E-Commerce-Plattform in 26 Ländern nutzt Benetton dieses Instrument mit Erfolg.

Um flexibler zu werden und insbesondere Veränderungen im digitalen Umfeld besser meistern zu können, stellte die Benetton Group 2017 auf eine neue E-Commerce-Plattform um. Diese sollte die zahlreichen E-Commerce-Systeme auf drei Kontinenten integrieren und die Verwaltung und Automatisierung von Transaktions- und Checkout-Prozessen wie Zahlungsmethoden, steuerliche Aspekte und Kundenserviceleistungen erleichtern.

Besonderes Augenmerk habe bei der Produktentwicklung dem Kauf- und Bezahlvorgang des Benetton Online-Shops gegolten, dieser sollte so reibungslos, intuitiv und einfach wie möglich gestaltet werden – insbesondere für Anwender von Mobilgeräten.
Benetton-Filiale in London. Im Vordergrund: Touchscreen-Tisch
© Benetton
Benetton-Filiale in London. Im Vordergrund: Touchscreen-Tisch
Benetton ist mit rund 5.000 Ladengeschäften in 26 Märkten präsent. Es ist eine beständige Herausforderung, die unterschiedlichen Kunden in den verschiedenen Umfeldern gleichermaßen gut gut zu bedienen und jedem ein einwandfreies digitales Erlebnis zu bieten: Die Marke muss nicht nur die Nutzung des Online-Shops für verschiedenste Geräte (Desktops, Smartphones, Tablets) und Browser-Kombinationen sicherstellen, sie muss auch gewährleisten, dass marktspezifische Präferenzen (beispielsweise inhaltliche und sprachliche Aspekte) und Besonderheiten (wie Bezahlprozesse, Steuern, Eingabe von Adressen) der mehrkanaligen Buyer’s Journey in unterschiedlichen Ländern richtig lokalisiert werden.

Kurzum: Es gilt, an jedem Ort ein reibungsloses Nutzerlebnis entlang der kompletten Buyer’s Journey sicherzustellen.

Um herausfinden, ob alle möglichen Schritte und Szenarien wie vorgesehen funktionieren, wandte sich Benetton an den Crowdtesting-Dienstleister Applause (pdf). Mit herkömmlichen Testansätzen sei es Benetton aufgrund der Vielzahl an Standort-, Verbindungs- und Gerätevarianten nicht möglich gewesen, ein vollständiges Bild der digitalen Qualität und des Produkterlebnisses aus Endnutzersicht zu erlangen.

215 verschiedene Testumgebungen

Durch den Einsatz von Crowdtestern, die Zugriff auf verschiedenste Geräte und Softwarekombinationen haben, habe Benetton laut Applause diese Herausforderungen lösen und mehr als 215 verschiedene Testumgebungen (Geräte-/Betriebssystem-Kombinationen) abdecken können.
Fabrica, Forschungszentrum für Kommunikation der Benetton Group,
© Benetton
Fabrica, Forschungszentrum für Kommunikation der Benetton Group,
Im September 2017 begann Applause, das bestehende QA-Team von Benetton zu verstärken und dem Unternehmen durch manuelle und explorative Funktionstests zwei- bis dreimal pro Woche Feedback zu liefern. Dank kontinuierlicher Interaktion und klarer Kommunikation zwischen den eigenen QA-Managern und dem Applause-Team sei Benetton immer in der Lage, problemlos neue Testläufe anzustoßen.

Bandbreite an Arbeitsabläufen

Unter Ausschöpfung der gesamten Bandbreite an funktionalen und explorativen Tests seien folgende Komponenten des digitalen Angebots von Benetton getestet worden beziehungsweise werden nach wie vor getestet:

  • Gesamter Online-Kauf- und Retourenprozess: End-to-End-Testing – vom Online-Kauf bis zum Versandprozess – durch Nutzerbefragungen anhand eines maßgeschneiderten Fragenkatalogs (beispielsweise „Ist das Homepage-Layout funktional“ und „Fehlen Buttons oder Funktionen?“).
  • Korrekte Funktion funktionsspezifischer Elemente wie Cookies und Präferenzen
  • Adäquate Lokalisierung: Übersetzungen und Content in sieben Sprachen
  • Länderspezifische Funktionen wie z. B. die Zahlungsmethode MultiBanco
  • Korrekte Eingabe und Übertragung von Liefer- und Postadressen
  • Überprüfung der Geolocation-basierten Funktion „Product Locator Map“ und der „User Feedback Collection“ mit Bewertungsskala und Frageformular
  • Qualität und Erreichbarkeit des telefonischen Kundendienstes: täglich mehrere Anrufe und E-Mails an den Kundendienst
  • Wettbewerbsvergleich und Beschaffung von Marktinformationen durch Umfragen, um herauszufinden, wo US-Kunden Produkte normalerweise kaufen 

Die Arbeitsabläufe bestehen hierbei laut Applause aus vier Schritten:
  • Zunächst werden von Benetton Testanforderungen, Testumfang und Zeitplan definiert und Applause mit Applause abgestimmt.
  • Der Solutions Delivery Manager (SDM) von Applause übersetzt diese Vorgaben in Test-Deliverables. Über einen Instant-Messaging-Kanal kann kommuniziert werden, falls die Testausführung eine weitere Interaktion zwischen Applause und Benetton (oder einem Dienstleister) erfordert.
  • Im Anschluss an den Testlauf prüft Applause die gemeldeten Issues, bevor sie zur Genehmigung an Benetton geschickt werden.
  • Nach der Freigabe werden die relevanten Issues in JIRA exportiert und gelöst. Wo erforderlich werde Applause erneut einbezogen, um zu überprüfen, ob die Bugs erfolgreich behoben wurden.

250 muttersprachliche Vor-Ort-Tester aus 26 Ländern

Ob die von Applause durchgeführten Tests Erfolg zeigen, misst Benetton anhand von Indikatoren wie dem Anstieg der Testabdeckung, der Qualität der gemeldeten Issues, der Beschleunigung der Auslieferungszeit und der verkürzten Zeit bis zum Markt-Release.
Benetton in London. Das neue Store-Konzept verschreibt sich der Überwindung der Grenzen zwischen Online- und In-Store-Kauf.
© Benetton
Benetton in London. Das neue Store-Konzept verschreibt sich der Überwindung der Grenzen zwischen Online- und In-Store-Kauf.
250 muttersprachliche Vor-Ort-Tester aus 26 Ländern lieferten Feedback zu lokalen Präferenzen (wie den Bezahlmethoden) und machten inhaltliche und sprachliche Verbesserungsvorschläge. So konnte Benetton generelle Verbraucherstimmungen zu den eigenen Produkten kennenlernen, bevor sie veröffentlicht wurden. Die hohe Qualität der gemeldeten Issues spiegelt sich auch in der Anzahl der genehmigten Einreichungen wider: 2018 akzeptierte Benetton innerhalb von 29 Testzyklen mehr als 84 Prozent der 1.044 gemeldeten Issues.


Crowdtesting hat also ganz allgemeine Vorteile: Unternehmen könnten innerhalb kürzester Zeit Rückmeldungen einholen und auch außerhalb der Bürozeiten Tests durchführen. So sei es Unternehmen möglich, digitalen Produkte signifikant zu optimieren, den Entwicklungsprozess zu beschleunigen und größere Kosten für Nacharbeiten zu vermeiden.

Darüber hinaus bietet sich das Verfahren aber auch für Lokalisierungs- und Funktionstests an.

Lokalisierungstests: Im Gegensatz zu anderen Testarten sind bei Lokalisierungstests Kenntnisse der lokalen Besonderheiten erforderlich.

Derartige Tests sind unter anderem sinnvoll bei kürzlich übersetzten Produkten und Anwendungen, der Überprüfung vorhandener lokalisierter Anwendungen und bei Unternehmen, die entweder in neue Regionen expandieren, bereits in mehreren Märkten tätig sind oder weltweit agieren.

Funktionale Tests sind essenziell für die Verifikation von Software. Durch die Vielzahl an Plattformen, Geräten und Anwendungsfällen können mit herkömmlichen Testing-Methoden Engpässe in der Entwicklung entstehen oder kritische Bugs übersehen werden.

In strukturierten, testfallbasierten und explorativen Tests könnten Crowdtester funktionalen Probleme digitaler Anwendungen, wie sie in der realen Nutzerwelt auftreten würden, aufdecken. Zur Reproduzierbakeit der ermittelten Issues erhalten Unternemen laut Applause umfangreiche Bug Reports, Screenshots und Videomitschnitte, die helfen, das volle Potential der funktionalen Testzyklen auszuschöpfen.

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