Einen Tag früher als geplant hat Nicolas Berggruen den Kaufvertrag für Karstadt unterschrieben. Diese Eile dürfte Taktik sein - und seinem Kontrahenten Highstreet nicht gefallen.

Ein Jahr lang wurde nach dem Retter für Karstadt gesucht, seit gestern geht alles sehr schnell. Am Montagabend votierte der Gläubigerausschuss von Karstadt für Nicolas Berggruen als Käufer des insolventen Warenhauses - und nicht einmal 24 Stunden später haben Berggruen und Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg einen Kaufvertrag unterschrieben.

In dem Kontrakt seien Bedingungen vereinbart worden, nach deren Umsetzung der Verkauf abschließend vollzogen und rechtskräftig werden könne, heißt es in Görgs Erklärung. Dazu gehören die Zustimmung des Kartellamts sowie eine abschließende Vereinbarung des Käufers mit dem Vermieter Highstreet, dem 86 der 120 Häuser gehören. 

Görg mahnt soziale Verantwortung an

"Nachdem sich alle Parteien in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv ausgetauscht haben, sollten die notwendigen Einigungen für alle Beteiligten darstellbar sein", sagt Görg.

"Alle Gläubigergruppen müssen sich ihrer sozialen und wirtschaftlichen Verantwortung für 25.000 Mitarbeiter bei Karstadt und weitere rund 30.000 Arbeitsplätze bei deutschen Lieferanten bewusst  sein. Der Kaufvertrag sollte im Spätsommer abschließend vollzogen und rechtskräftig werden", betonte der Insolvenzverwalter.

Görg bat alle Beteiligten, "das mir geschenkte Vertrauen auf den neuen Eigentümer und seine Mannschaft zu übertragen". Der Vertragsabschluss solle und müsse dazu beitragen, bei den Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Kreditversicherern sowie den Vermietern das Vertrauen in die Stabilität und das Wachstum des Warenhauses Schritt für Schritt zu steigern.

Reaktion auf Drohungen

Eigentlich war  erst der Mittwoch als Tag der Vertragsunterzeichnung vorgesehen, am Donnerstag sollte dann das Essener Amtsgericht den Kaufakt formell besiegeln. Die überraschende Eile sowie die Hinweise auf die soziale Verantwortung können nur als deutliche Antwort Görgs auf die heftigen Drohungen von Highstreet gewertet werden. Der Insolvenzverwalter und Berggruen wollten offenbar Tatsachen schaffen und Highstreet damit unter Druck setzen.

Das Vermieterkonsortium, das gleichfalls, aber vergeblich um den Kauf von Karstadt buhlte, hatte heute mitteilen lassen, keine weiteren Mietzugeständnisse machen zu wollen, als die bisher angebotenen.

Sollte Berggruen sich nicht mit Highstreet einigen, "steigt die Wahrscheinlichkeit eine Liquidation von Karstadt erheblich. Denn eine Einigung mit Highstreet ist Kernbestandteil, um das Unternehmen zu retten", sagte ein Sprecher des Konsortiums. 

"Highstreet ist bereit zu weiteren Mietsenkungen von 230 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren, zusätzlich zu dem bereits im Insolvenzplan zugesagten Sanierungsbeitrag von 160 Millionen Euro über drei Jahre", hieß es weiter. Mehr aber nicht.

Und ihr Konzept, Herr Berggruen?

Berggruens Forderung für den Kauf von Karstadt war stets ein Mieterlass. Weitere Einschnitte bei den 25.000 Mitarbeitern wollte er dagegen nicht vornehmen. Ein Berggruen-Sprecher wollte die genaue Höhe der geforderten Mietsenkungen nicht nennen.

Ohnehin müsse bis zu einer Übernahme von Karstadt noch eine ganze Reihe offener Fragen geklärt werden, hieß es. Auch bei einer kurzfristigen Einigung mit Highstreet müsse die Eigentümerversammlung des Immobilienfonds der Vereinbarung noch zustimmen.

Unklar ist auch noch, mit welchem Konzept der Deutsch-Amerikaner das Warenhaus revitalisieren möchte. Rund 240 Millionen Euro wolle Berggruen in den nächsten drei Jahren in die Häuser stecken - Fachleute halten diesen Betrag für viel zu gering.

Auch ist unklar, ob Berggruen neue Warenhausfachleute mitbringen wird. Bisher deutet vieles darauf hin, dass er den Karstadt-Neustart mit vielen bisherigen Führungskräften wagen will.

Eine Chronik der Karstadt-Krise finden Sie hier.

ges /