
In einem Gastbeitrag stellt Elske Ludewig, Principal UX Consultant bei eResult, einige sehr gute Bestellprozesse aus den drei umsatzstärksten europäischen E-Commerce-Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) vor, bei denen es sich lohnt etwas näher hinzuschauen. Denn hier wird vieles richtig gemacht, um den (Neu-)Kunden durch das Labyrinth von Dateneingabe, Zahlungs- und Lieferoptionen bis hin zur endgültigen Bestellung zu begleiten.
Was sollte ein nutzerfreundlicher Bestellprozess bieten?
Was als Standard im Bestellprozess – vom Warenkorb bis zur Übersichtsseite – gilt, ist von Land zu Land unterschiedlich. In der großangelegten Studie „Europäische Bestellprozesse im Wandel“ wurden Standards für Deutschland, Frankreich und Großbritannien identifiziert. An zentrale Elemente und Funktionen haben sich die Online-Shopper in den jeweiligen Ländern gewöhnt und erwarten diese. Aber mit dem „einfachen“ Standard ist es häufig nicht getan: Vor allem dann nicht, wenn man die Zufriedenheit der Kunden im Blick hat. Schließlich soll ein Kunde gerne zum Shop zurückkehren.
Von daher ist es wichtig nicht nur den Standard abzubilden, sondern sich durch Nutzerfreundlichkeit und weitere Features abzuheben. Die folgenden drei Beispiele sind bei der genannten Studie besonders positiv aufgefallen und haben sich fast alle eine Schulnote 1 verdient. Aber auch bei den Besten gibt es immer etwas zu optimieren.
Beispiel 1 (Frankreich): 3Suisses.fr
Der Bestellprozess von 3suisses.fr (Segment Mode) zeichnet sich vor allem durch eine sehr gute Struktur aus. Die Seiten sind recht kurz gehalten und verhindern so unnötiges Scrollen. Einen besonderen Blick wollen wir an dieser Stelle auf den Warenkorb werfen, denn dieser bildet die wichtigsten Standards in Frankreich sehr übersichtlich ab:

Produktabbildungen sind ein Standard im Warenkorb, nicht nur in Frankreich, ebenso wie die Anzeige der Lieferbarkeit (disponible = verfügbar). Dazu wird dem Nutzer erlaubt Änderungen aller Art an den gewählten Artikeln vorzunehmen. Das Ändern der Menge ist Pflicht in französischen Warenkörben, das ist in 95% der Shops möglich. Dass der Nutzer alle Komponenten ändern kann, ist ein sehr hilfreicher und empfehlenswerter Zusatz und äußerst selten in Frankreich zu finden.
Wichtig ist auch die rechts oben platzierte Hotline: Die Telefonnummer im Warenkorb ist bei französischen Shops ein Standard-Element. Besonders gelungen ist hier auch die übersichtliche Anzeige des Preises: Die Lieferkosten werden benannt und extra ausgewiesen, der Kunde behält die Kontrolle über seine Ausgaben.
Im weiteren Bestellprozess weiß der Shop ebenfalls mit übersichtlicher Darstellung zu überzeugen. Er bietet sehr viele Hilfestellungen bei der Dateneingabe und informiert auf Wunsch über verschiedene Lieferoptionen und Zahlungsmethoden. Ein Blick lohnt sich!
Beispiel 2 (Deutschland): cyberport.de
Cyberport.de ist einer der wenigen deutschen Technik-Anbieter dessen Bestellprozess in der Studie halbwegs zu überzeugen wusste. Hier sollte vor allem die klickbare Fortschrittsanzeige erwähnt werden. Damit wird es dem Nutzer erleichtert im Prozess zu navigieren. Zwar ist eine Fortschrittsanzeige der Standard bei deutschen Shops (wie auch in Frankreich und Großbritannien), aber in nur 40% der Fälle auch klickbar. Positiv ist ebenfalls, dass der aktuelle, sowie die absolvierten Schritte unterschiedlich gekennzeichnet sind. Im Folgenden wollen wir die Übersichtsseite etwas näher betrachten:
Ein kleines Manko ist vielleicht, dass keine Änderungen direkt am Artikel vorgenommen werden können. Hervorzuheben ist auch, dass durchgehend Services wie der Live-Chat angeboten werden, um Fragen des Nutzers umgehend zu beantworten (konsequent auf der linken Seite).
Der Anbieter versteht es, dem Nutzer sehr viele Navigationsmöglichkeiten im Prozess zu bieten und hat zudem vielfältige Angebote, was Zahlung und Lieferung betrifft, im Repertoire. Nur die Dateneingabe ist bei diesem Prozess nicht unbedingt vorbildhaft.
Beispiel 3 (Großbritannien): medion.com/gb/shop/
Medion ist als Technik-Anbieter auch in Deutschland recht bekannt und erfolgreich. Das gleiche gilt für Großbritannien. Der Bestellprozess ist sehr nutzerfreundlich aufgebaut und hat zudem einige kreative Features zu bieten. Aus Usability-Sicht dient dieser Bestellprozess durchaus als Vorbild. Die Seiten sind übersichtlich strukturiert, zudem werden viele Hilfestellungen gegeben. Exemplarisch ist hier die Weichenseite:
Gut ist, dass dem Nutzer verschiedene Optionen für die Registrierung angeboten werden. Ein Kunden-Konto ist keine Pflicht, die Vorteile einer Registrierung werden aber hervorgehoben.
Ein besonderes Augenmerk sollte hier auf die Fortschrittsanzeige gelegt werden: Unterhalb der einzelnen Schritte können die eingegebenen Daten per Mouseover eingesehen werden. Dieses Feature hatte Medion in der Reihe der untersuchten Shops (bisher noch) exklusiv. Der Nutzer kann seine Daten schnell einsehen, ohne dabei zwischen den Prozessschritten „springen“ zu müssen.
Mehr Standards und Good Practices aus internationalen Bestellprozessen
Diese Beispiele und Erkenntnisse stammen aus der Studie „Europäische Bestellprozesse im Wandel“. Der Studienband enthält noch viele weitere spannende Erkenntnisse zu Standards und Besonderheiten in den drei Ländern und zeigt Trends im Zeitverlauf auf. Dazu gibt es noch viele weitere Good Practices zu allen Bereichen des Bestellprozesses und viele Empfehlungen, um sich vom Durchschnitt abzuheben. Erhältlich ist auch eine kostenfreie Kurzversion als pdf.