Die meisten Einzelhändler haben  erkannt, dass die Datenauswertung viele Vorteile bietet. Allerdings sind sie noch so mit den internen Prozessen beschäftigt, dass die Customer Journey oft zu kurz kommt, zeigt die Commerzbank-Mittelstandsstudie.

Es hat ja ein bisschen gedauert, aber jetzt ist Big Data das Thema der Stunde. 81 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland halten Big Data für „zentral wichtig“, so das Ergebnis der aktuellen Commerzbank-Mittelstandsstudie „Rohstoff des 21. Jahrhunderts: Big Data, Smart Data – Lost Data?“. Das Thema ist auch für weit mehr als die Hälfte der Einzelhändler relevant: Für jeden zweiten mittelständischen Händler sind Daten bereits heute von zentraler Bedeutung, weitere 9 Prozent rechnen in Kürze damit.

Die umfassende Erfassung aller relevanten Daten ist im Einzelhandel allerdings offenbar noch nicht die Regel: Bisher sammeln die Unternehmen besonders häufig Daten, die intern verfügbar sind, also beispielsweise zu Finanzen (66 Prozent), Lagerbeständen (55 Prozent), der Auslastung von Ressourcen (53 Prozent) und Absatzschwerpunkten (50 Prozent).

Systematische Datenerfassung keine Selbstverständlichkeit
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Systematische Datenerfassung keine Selbstverständlichkeit
Externe Daten über die Kundenzufriedenheit, individuelle Kundenprofile und die Produktnutzung werden dagegen selten erhoben. Nur 11 Prozent sind auf der Customer Journey und erfassen in allen drei genannten Bereichen Daten.

Sechs von zehn der befragten Einzelhändler sehen die Vorteile einer systematischen Datennutzung vor allem in einer größeren Entscheidungssicherheit, gut jeder zweite in der besseren Auslastung ihrer Ressourcen und knapp die Hälfte in der Automatisierung von Prozessen.

Obwohl die Unternehmen um das Potenzial wissen, ziehen sie der Studie zufolge über alle Bereiche hinweg nur einen eher unterdurchschnittlichen Nutzen aus der Analyse von Daten. Veränderungen im Geschäftsmodell, etwa in Form von individualisierten Angeboten nennen 39 Prozent, eine dynamische Preisgestaltung 45 Prozent.

Frage: Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen aus der systematischen Nutzung digitaler Daten?
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Frage: Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen aus der systematischen Nutzung digitaler Daten?
Allerdings haben Händler bei der schnellen Anpassung des Sortiments an die Nachfrage gegenüber anderen Branchen die Nase vorn: 42 Prozent der Händler nutzen die Daten dazu schon jetzt, das sind 9 Prozentpunkte mehr als der mittelständische Durchschnitt. Dadurch können Händler ihre Lagerbestände optimieren und Kosten reduzieren.

Nur bedingt gut: Daten sind Chefsache

Bei drei von vier Handelsunternehmen ist die Geschäftsführung zwar regelmäßig mit der Analyse von Daten befasst. Bei 38 Prozent der mittelständischen Einzelhändler ist das Thema allerdings ausschließlich Chefsache. Nur 29 Prozent der Unternehmen verfügen über interne Spezialisten, die die Daten abteilungsübergreifend analysieren. Externe Spezialisten werden nur in jedem 10. Unternehmen hinzugezogen.
Spezialisten wären besser
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Spezialisten wären besser
Die umfassendere Analyse und Nutzung digitaler Daten scheitern ein bei einem Drittel der Händler an der mangelnde Qualifikation der Mitarbeiter. Allerdings liegen sie damit besser als im Durchschnitt quer durch die Branchen, denn da liegt der Wert bei 40 Prozent. Die fehlende Veränderungsbereitschaft der Führungskräfte geben 27 Prozent der Befragten an, im gesamten Mittelstand sind es 31 Prozent. Zudem findet jeder dritte Einzelhändler keine externen Spezialisten, die die Datenanalyse professionell Betreiben. Insgesamt klagen darüber im Schnitt 26 Prozent der Mittelständler. Immerhin bemühen sich 84 Prozent der Unternehmen aus dem Einzelhandel, die Daten nutzbar zu machen. Dazu führen sie vorhandene Daten zusammen (65 Prozent) und werten sie automatisiert aus (59 Prozent). Zudem erheben sie gezielt neue Daten mit innovativen Instrumenten (57 Prozent). Der Einzelhandel ist damit in allen Bereichen etwas aktiver als der Mittelstand insgesamt.
Systematisierung von Daten ist unerlässslich
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Systematisierung von Daten ist unerlässslich
Big Data Analytics im eigentlichen Sinne setzen Händler der Studie zufolge seltener ein. Dementsprechend leiten auch nur 39 Prozent automatisierte Entscheidungen ab und nur 31 Prozent entwickeln Prognosemodelle. Dafür setzt die Branche jedoch öfter auf die Datenauswertung in Echtzeit (48 Prozent), was mit Blick auf die schnelle Sortimentsanpassung durchaus sinnvoll ist.

Bei den Tech Giants aus dem Silicon Valley stehen Daten im Mittelpunkt der Geschäftsmodelle. Der Einzelhandel sieht diese Entwicklung eher kritisch: Sieben von zehn Händler sind der Meinung, dass die technologischen „Big Five“ eine beunruhigende Monopolstellung entwickeln. Darin sehen allerdings nur 23 Prozent  der Unternehmen eine direkte Konkurrenz.

Banken und Sparkassen sind in Zeiten von Big Data auch als Datenlieferant und -auswerter gefragt. Die Bewertung von Kunden und Lieferanten ist für 60 Prozent der Einzelhändler  in diesem Zusammenhang besonders wichtig.

54 Prozent der Unternehmen wünschen sich darüber hinaus eine vereinfachte Aufbereitung ihrer Finanzen. Dies kann beispielsweise mit Dashboards (46 Prozent) und übergreifenden Planungstools (53 Prozent) geschehen. Weiterhin erwarten viele Unternehmen auf Basis ihrer Finanz- und Geschäftsdaten individuelle Analysen. Dabei denken sie beispielsweise an Frühwarnsysteme (51 Prozent) oder Prognosen über die Geschäftsentwicklung (30 Prozent).

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