„Hallo, wie kann ich behilflich sein?“ – mit solchen Pop-up-Fenstern machen Chatbots Endkunden auf sich aufmerksam, auch im E-Commerce. Doch auch, wenn sie mehr als die Hälfte der Anfragen vollständig selbst erledigen, bleiben Menschen das Maß aller Dinge. Und tatsächlich können die Bots zu mehr Zufriedenheit führen, zeigt eine Umfrage.

Chatbots haben das Zeug, Unternehmen viel Arbeit abzunehmen, werden Menschen aber nicht ersetzen. Das sagt Michaela Homann, Head of Technical Customer Communications des Finanzinvestors EOS, der zur Otto Group gehört. Das Unternehmen arbeitet in 24 Ländern und kümmert sich um die Bearbeitung offener Forderungen – unter anderem eben mit Chatbots. "Die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine stellt keinen Widerspruch dar", so Homann. "Gegenteiliges ist der Fall: Wie in anderen Bereichen auch, sind im Handel immer wieder individuelle und empathische Lösungswege gefordert, die nicht nach Schema F funktionieren. In solchen Fällen stellt der Faktor Mensch das verbindende Element dar."

Homann stützt sich dabei auch auf die Ergebnisse der jährlichen "EOS-Chatbot-Studie": Weniger als die Hälfte der Befragten erwartet, dass Chatbots zur Reduktion von Personal führen. Rund zwei Drittel nehmen der Umfrage zufolge zudem nicht an, dass Chatbots künftig bessere Arbeit leisten als Menschen.

Chatbots erledigen fast die Hälfte der Anfragen allein
Andere Ergebnisse der Studie scheinen diese Einschätzung zunächst nicht zu unterstützen: In Deutschland wie Europa nutzen bereits 65 Prozent der Unternehmen aus dem Privatkundensegment Chatbots zur Kunden-Kommunikation, ergab die EOS-Studie. Dabei arbeiteten die Bots fast jedes zweite an sie gerichtete Anliegen vollständig ab. Was offenbar vor allem daran liegt, dass sie sich um die einfachen, oft gestellten, kleinteiligen Routinefragen im Erstkontakt kümmern. Klassische Fragen wie „Was ist die Rücksendeadresse?“ oder „Wo bleibt meine Bestellung?“ ließen sich einfach automatisieren.

In Zeiten mit hohen Anfrage-Volumina, wie sie während der Covid-19-Pandemie fast Normalität waren, könnten Chatbots aber insbesondere in der Ausprägung als Voicebots gleich mehrere Aspekte positiv beeinflussen, sagt Homann. So seien fast 20 Prozent der Befragten der Meinung, die Bots verbesserten die Kundenbindung und trieben das Upselling voran. Gleichzeitig belege die Umfrage die alte These, dass Automatisierung die Belegschaft entlastet, sodass sie sich auf beratungsintensivere Fälle konzentrieren kann: Der EOS-Studie zufolge steigern die digitalen Assistenten bei 64 Prozent die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels ein wichtiger Aspekt.

Für erfolgreiche Chatbots müssten allerdings zwei Dinge gewährleistet sein:

  • Die Bots müssen bei Bedarf serviceorientiert und nahtlos an eine reale Person übergeben, was idealerweise schon in der Entwicklung berücksichtigt werden sollte.
  • Für Verbraucherinnen und Verbraucher müsse zu jeder Zeit klar sein, wann es sich in der Kommunikation um einen Chatbot handelt. "Sicherlich werden die Unterschiede bei einfachen Anliegen in Zukunft immer weniger spürbar", sagt Homann, "dennoch ist eine Verschleierung aus ethischer Sicht keine Option." Die überwiegende Mehrheit der Befragten aus der Studie sehe das genauso.

Gegenwärtig setzen rund 55 Prozent der Unternehmen Bots mit mittlerem Intelligenzgrad ein. Der Erfolg lässt nicht nur eine quantitative Zunahme erwarten, sondern auch eine qualitative, folgert Michaela Homann: "Die Zunahme von weiter entwickelten und somit intelligenteren Chatbots wird immer wahrscheinlicher."

Die "EOS-Chatbot-Studie" basiert auf jeweils 200 computerassistierten Telefon-Interviews mit B-to-C-Unternehmen in 14 Ländern, unter anderem in Deutschland. Sie wurde im November 2021 veröffentlicht