Die Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher verändern sich europaweit, zeigt eine neue Studie. Saisonale Schlussverkäufe verlieren dabei stark an Bedeutung, neue Rabatt-Strategien sind gefragt.

Das Sprichwort vom König Kunde ist derzeit aktueller denn je. Dies belegt die Studie "Europäische Einzelhändler und die Kreditkrise" des Centre for Retail Research aus Nottingham, die im Auftrag der Kreditkartenorganisation Visa Europe durchgeführt wurde.

Saisonale Schlussverkäufe stehen nach den Ergebnissen der Befragung von 350 große und mittelständische Einzelhändler in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien vor dem Aus. Die Händler müssen sich von jahrelang erprobten Rabatt-Strategien verabschieden.

Verbraucherverhalten drastisch verändert

Grund dafür sind die europäischen Konsumenten, die nicht mehr auf  traditionelle saisonale Schlussverkäufe anspringen, sondern unabhängig davon so lange nach reduzierten Preisen Ausschau halten, bis sie sie gefunden haben. Erst dann tätigen sie ihre Einkäufe.

Die Untersuchung zeigt, dass sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten - bedingt durch die Finanzkrise - drastisch verändert hat: Europaweit beobachten Einzelhändler, dass ihre Kunden Ausgaben reduzieren, häufiger Rabattgutscheine einsetzen, Nachlässe aushandeln und verschiedene Läden aufsuchen, bevor sie einen Einkauf tätigen.

Ein Drittel der Kunden kauft nur reduzierte Ware

Ein Drittel der befragten Einzelhändler berichten, dass Kunden ausschließlich herabgesetzte Ware kaufen. Eine Spitzenposition nimmt hier Deutschland mit 42 Prozent ein. Mehr als die Hälfte der Einzelhändler gaben sogar an, dass sich die Erwartungen ihrer Kunden drastisch verändert haben, sodass sie sich gezwungen sehen, größere Preissenkungen vorzunehmen.

In Großbritannien sind es sogar zwei Drittel der Einzelhändler (65,7 Prozent), die Preissenkungen auf Druck ihrer Kunden vornehmen. 58 Prozent der befragten Händler setzen auf aggressive Preisnachlässe und Verkaufsförderungsstrategien, um ihre Umsätze konstant zu halten.

Großbritannien als Rabatt-Vorreiter

Dieses Vorgehen ist in Großbritannien am weitesten verbreitet. Hier reduzieren ein Fünftel der Einzelhändler sämtliche Preise, ein Drittel von ihnen führt große Preissenkungen durch und fast ein Viertel der befragten Händler nimmt neue, günstigere Angebote ins Sortiment auf. Fast ein Fünftel (18 Prozent) der Einzelhändler erwarten zudem, dass demnächst häufiger spezielle Rabatt- oder Schlussverkaufstage durchgeführt werden.

"Die Studie bestätigt einen signifikanten Wandel im Konsumentenverhalten", sagt David Goodridge, Head of Acquiring and Acceptance bei Visa Europe. „Die Kunden sind preissensibler geworden und verlangen preisgünstigere Waren vom Einzelhandel."
 
Dieser Trend lasse sich auch anhand eines Vergleichs der Wachstumsraten von Kartentransaktionen und -umsätzen ablesen. Obwohl die Anzahl der Visa-Transaktionen gestiegen sei, verlangsame sich das Wachstum des Transaktionswertes als Ergebnis von Preissenkungen und dem verhaltenen Ausgabeverhalten der Konsumenten.

Der Transaktionsumsatz von Visa Europe wuchs im 1. Quartal 2009 um zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hingegen verzeichnete man bei Visa im selben Zeitraum einen Anstieg um neun Prozent der Debit- und Kreditkarten-Transaktionen.

Weitere Ergebnisse der Studie im Überblick:

Wachstumschancen im Internet: 61 Prozent der befragten Einzelhändler glauben, dass die Konsumenten künftig noch mehr Geld im Internet ausgeben werden - allen voran Deutschland (73,3 Prozent) und Großbritannien (71,5 Prozent). 10 Prozent der Einzelhändler beabsichtigen , in den nächsten zwölf Monaten einen Online-Shop aufzubauen.

Schaufensterbummel und Umtausch: Mehr als 40 Prozent der Händler beobachten, dass sich Kunden häufiger nur die Auslagen ansehen, ohne etwas zu kaufen. Die Einzelhändler in Großbritannien beziffern die Prozentzahl der „Bummler" mit 65 Prozent. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) der Händler haben einen Anstieg der Umtauschrate bemerkt - allen voran Großbritannien mit 37,6 Prozent.

Weniger Kosten: 36 Prozent der befragten Einzelhändler reduzieren Warenbestände. 20,3 Prozent bauen Personal ab und 27,8 Prozent sparen beim Ausbau weiterer Geschäftskapazitäten. 

Neue Geschäftsstrategien: Weniger als 28 Prozent der Einzelhändler wollen weitermachen wie bisher.

Fokussierung auf heimische Waren: 13 Prozent der Händler erwarten eine gestiegene Nachfrage nach heimischen Produkten. In Großbritannien erwarten dies 19 Prozent und in Frankreich 17 Prozent.

Die Untersuchung „Widrigkeiten meistern: Europäische Einzelhändler und die Kreditkrise" basiert auf Ergebnissen einer Studie des Centre of Retail Research, Nottingham (England), die im Februar und März im Auftrag von Visa Europe durchgeführt wurde. Es wurden stichprobenartig 350 große und mittelständische Einzelhändler in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien befragt. Zusammen haben die Teilnehmer einen Anteil am Einzelhandelsumsatz von 13,4 Prozent. Händler gelten als groß, wenn sie mindestens 150 Filialen haben oder einen Umsatz von mehr als 260 Millionen Euro erwirtschaften.