Prof. Dr. Gerd Glaeske, Mitglied im Sachverständigenrat für Gesundheitswesen, über die Angst der Apotheker vor dem Ende des Fremdbesitzverbots.

Nach den Diskussionen auf europäischer Ebene und den erweiterten Möglichkeiten des Apothekenbesitzes in anderen EU-Ländern gehe ich davon aus, dass es so kommt.
Die EU-Kommission hat im Übrigen der Bundesregierung eine Frist von zwei Monaten gesetzt, die aktuellen gesetzlichen Begrenzungen zu ändern. Andernfalls will sie selber vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die deutschen Regelungen als nicht EU-konform gesehen werden.
Welche Konsequenzen hätten Ketten? Der Apothekerverband ABDA sagt eine sinkende Beratungsqualität voraus.
Es grenzt an Scheinheiligkeit, Besitzstandswahrung im Kopf zu haben und mit mangelnder Beratungsqualität zu argumentieren. Mit Ketten wird es in der Branche mehr Wettbewerb um Qualität und Service geben. Aber auch in Kettenapotheken von Handelsunternehmen müssen Apotheker arbeiten.
Die Beratungs- und Servicequalität wird mehr als bisher über die Akzeptanz von Apotheken bestimmen. Die bisherigen Kollektivverträge mit den Krankenkassen, in denen sich alle Apotheker gut einrichten konnten, haben dann ausgedient. Davor haben viele Angst.
Warum verteidigt auch die Bundesregierung das Fremdbesitzverbot?
Wir haben in der Regierungskoalition unterschiedliche Lobby-Anfälligkeiten. Wir sehen in Wahlkampfzeiten immer wieder, wie sich der politische Gestaltungswille in Bezug auf Veränderungen bestimmter Player im Gesundheitswesen verändert. Ich bin aber sicher, dass Teile der Bundesregierung mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt zugunsten von mehr Qualität und Effizienz befürworten.
Interview: Steffen Gerth