Zwei Jahre nach der Hertie-Insolvenz stehen immer noch mehr als die Hälfte der ehemaligen Warenhäuser zum Verkauf. Der Handel sprach mit den Käufern über ihre Pläne.

In Schleswig will der Bürgermeister eine Zwangsversteigerung erwirken, in Mettmann und Essen-Rüttenscheid rollen die Bagger zum Abbruch an, während in München-Pasing oder Hamburg-Barmfeld längst wieder eingekauft wird - und in Rendsburg aufgrund des monatelangen Leerstands in der City Verzweiflung herrscht.

Rund zwei Jahre nachdem die letzten Hertie-Warenhäuser im August 2009 ihre Türen schlossen, geben die betroffenen Standorte ein sehr unterschiedliches Bild ab. Lediglich 28 Häuser konnte das Maklerunternehmen BNP Paribas Real Estate bislang an neue Eigentümer vermitteln.

"Mit Ausnahme von Kaufland und ECE sind die Käufer vor allem mittelständische Projektentwickler, die die Märkte vor Ort sehr gut kennen", erläutert Christoph Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung von BNP Paribas Real Estate. 

Sein Team sucht bereits seit November 2008 Interessenten für 64 der ehemals 74 "Karstadt Kompakt"-Objekte - erst für Dawnay Day, dann ab 2009 für die Gläubiger des insolventen britischen Finanzinvestors. Die nächsten Verkäufe hofft Meyer in Detmold und Elmshorn alsbald über die Bühne zu bringen (siehe auch Interview).

Kaufland und ECE

Die zur Lidl-Schwarz-Gruppe gehörende SB-Warenhauskette Kaufland übernahm sechs Standorte, allesamt in Stadtteillagen von Großstädten. "Die Immobilien in Dortmund, Duisburg und Hamburg wurden -entsprechend dem Kaufland-Standard saniert und umgebaut, inklusive der Vorkassenzone", sagt Kaufland-Sprecherin Christine Axtmann. "Die Immobilie in Essen-Borbeck wird abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. In Hattingen befinden wir uns noch im Genehmigungsverfahren für den Umbau." Derzeit seien keine weiteren Zukäufe geplant, so Axtmann.

Der Centerspezialist ECE dagegen erwägt weitere Übernahmen: "Wir führen laufend Gespräche", betont Jens Jäpel, Geschäftsführer ECE Development. In Köln und Essen haben die Hamburger jeweils zwei Hertie-Standorte übernommen, die Bestandteil eines Shoppingcenters waren. In Altessen werden Kaufland und ProMarkt die ehemaligen Warenhaus-Flächen nutzen.

Übernahme eines Immobilienpakets zu komplex

In Koblenz übernahm der ECE-Partner Strabag ein Haus, das für das geplante Center "Forum Mittelrhein" abgerissen wurde. Es gehörte zu der Handvoll Häuser, die von BNP Paribas betreut werden. "Für den ehemaligen Hertie-Standort in Minden arbeiten wir derzeit an einem Konzept", erläutert Jäpel. Zudem wurde die ECE mit dem Management des ehemaligen Hertie-Hauses in Laatzen beauftragt, das unmittelbar an das Leine-Center angrenzt.

Ursprünglich hatte die ECE die Übernahme eines ganzen Pakets von Hertie-Häusern ins Auge gefasst. Es zeichnete sich jedoch schnell ab, dass die parallele Entwicklung an mehreren Standorten die Kapazitäten des Immobilienentwicklers gesprengt hätte.

Regionale Entwickler kommen zum Zuge

Auch aus diesem Grund kamen eine ganze Reihe von kleineren, regional tätigen Projektentwicklern wie die Bonner Phoenix Development, die Düsseldorfer Concepta oder die Münchener Bucher Properties an vielen Standorten zum Zuge (siehe auch Tabelle). Der Essener Immobilienmakler Eckhard Brockhoff beispielsweise hat sich ein Objekt vor der eigenen Haustür in Essen-Rüttenscheid gesichert - zusammen mit den im Ruhrgebiet aktiven Entwicklern Köbl Kruse.

"Rüttenscheid ist ein intaktes Stadtviertel, und Hertie am Stern war hier immer der Frequenzbringer im Mittelpunkt", erzählt Brockhoff. Das Haus wird derzeit abgerissen und soll bis zum Oktober 2012 in neuer Schönheit erstehen. Edeka, Aldi, dm-Drogeriemarkt und Deichmann haben bereits langjährige Mietverträge unterschrieben. "Es ist uns sogar gelungen, Aldi zu einer wertigeren Fassadengestaltung zu bewegen", freut sich Brockhoff.

Genügend Interessenten für Handelsimmobilien

Warum es den Kollegen von BNP Paribas nicht möglich war, mehr Häuser zu vermitteln, ist dem auf Handelsimmobilien spezialisierten Makler schleierhaft. "Es gibt genügend Interessenten für innerstädtische Handelsimmobilien und die Rahmenbedingungen waren in den vergangenen Monaten sehr günstig",  kritisiert Brockhoff. Zinsniveau, Inflationsangst und extrem volatile Kapitalmärkte trieben viele Investoren in Sachwerte.

Dr. Björn Isenhöfer, Geschäftsführer der Concepta Projektentwicklung, die in Datteln ein Hertie-Haus zusammen mit einem Shoppingcenter umgestaltet, sieht die Marktbedingungen ähnlich positiv. "Üblicherweise verkaufen wir die Objekte nach der Entwicklungsphase, das derzeitige Zinsniveau erlaubt uns aber auch, sie länger im Bestand zu halten", erläutert Isenhöfer. Interessenten für den Kauf der fertigen "Stadtgalerie Datteln" wird es genug geben, weiß Isenhöfer.

Für Markus Wotruba ist das Schicksal vieler Ex-Hertie-Standorte ein Treppenwitz der Handelsgeschichte: "In viele ehemalige Warenhäuser ziehen wieder die gleichen Sortimente ein, die dort auch früher angeboten wurden", beobachtet der BBE-Berater, der bundesweit zahlreiche ehemalige Standorte untersucht hat.

Hanno Bender

Dieser Artikel erschien in der September-Ausgabe von Der Handel. Ein kostenfreies Probeexemplar können Sie hier bestellen.