Dänische Konsumenten ächzen unter hohen Steuern, nicht nur für Konsumgüter - und fahren immer häufiger zum Einkauf nach Schleswig-Holstein. Händler dort "haben keinen Grund zu jammern".
Deutsche Grenzmärkte finden wachsenden Zuspruch bei den Dänen. Das ergab eine Umfrage des dänischen Handelsverbands De Samvirkende Købmænd (DSK). Demnach haben 2011 fast 60 Prozent der dänischen Haushalte Bier oder Limonade in Grenzmärkten gekauft. Dies sei die höchste Zahl, die seit 2008 in den Umfragen für das Land mit gut 5,5 Millionen Einwohnern gemessen worden sei.
Flensburg - ein dänisches Oberzentrum
Die Eindrücke auf deutscher Seite weichen aber etwas ab: Es gebe eher eine Verlagerung auf mehr Anbieter und weitere Sortimentsbereiche, beobachtet Lothar Raasch von der IHK Flensburg. Die Umsätze im Grenzhandel seien "relativ stabil auf relativ hohem Niveau". Auch Artikel etwa aus dem Bekleidungsbereich, die früher nicht so gefragt gewesen seien, fänden nun Abnehmer. "Flensburg ist in Dänemark schon als Einkaufsstadt bekannt und wird immer interessanter für die Dänen."Etwa 800 Millionen Euro werden laut Raasch pro Jahr im Grenzhandel umgesetzt. In Einkaufsparks machen Käufe von Skandinaviern demnach bis zu 25 Prozent des Umsatzes aus. Flensburg ist für Süddänemark mittlerweile ein Oberzentrum.
Raasch und der Handelsverband DSK führen die gestiegene Nachfrage etwa auf die Fettsteuer in Dänemark zurück. Diese wurde im Oktober 2011 eingeführt und betrifft Produkte wie Butter, Milch, Käse, Pizza und Öl, wenn sie mehr als 2,3 Prozent gesättigte Fettsäuren enthalten.
Auch die Mehrwertsteuer plagt die Dänen mehr als die Deutschen: Sie liegt bei 25 Prozent. Bier wird mit umgerechnet knapp sieben Euro pro Liter reinen Alkohols besteuert, Schokolade mit 2,50 Euro pro Kilogramm. Das Steuerministerium betont, die Waren würden aus gesundheitlichen Erwägungen besteuert.
Hochpreisland Dänemark
Doch der dänische Staat greift seinen Bürgern generell tief in die Taschen: Die Belastung durch direkte und indirekte Steuern sei hier weltweit die höchste, berichtet das deutsche deutsche Auswärtige Amt über die Situation beim nördlichen Nachbarn. Der Spitzensteuersatz liegt demnach bei etwa 60 Prozent, der Durchschnittssatz bei etwa 45 Prozent.Auch die europäische Statistikbehörde Eurostat bescheinigt Dänemark, das teuerste Land der EU zu sein: Das Preisniveau habe 2011 um 42,2 Prozent über dem Durchschnitt aller 27 Mitgliedsstaaten gelegen. In Deutschland waren es demnach nur 3,4 Prozent.
Mit etwas Vorsicht betrachtet Erik Holm Jensen, Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Grenzhändler (IGG), die Zahlen des dänischen DSK. Der Verband decke nur einen kleinen Teil des Lebensmittelhandels in Dänemark ab, für eine genaue Bewertung der Umfrage müsse man genauere Daten kennen, betont Jensen. Die IGG habe etwa in den vergangenen gut zwei Jahren nach einer vorsichtigen Schätzung fünf bis zehn Prozent Steigerung bei den Umsätzen im Gesamtsortiment registriert.
Andere Sortimente in den Grenzmärkten
Auch etwa Kleider und Brillen würden gekauft oder Zahnarzt-Behandlungen wahrgenommen. So koste eine Kronenbehandlung in Dänemark umgerechnet etwa 600 Euro, bei einem dänischsprachigen Arzt in Flensburg nur etwa 335 Euro. Auch Alkohol sei günstiger zu bekommen, sagt Jensen. Das dänische Steuerministerium beobachte genau, wie sich der Grenzhandel entwickele und im welchen Umfang dementsprechend Steuererhöhungen vertretbar seien.Die Grenzmärkte selbst zeigen sich zufrieden mit der Situation: "Wir haben keinen Grund zu jammern", sagt ein Mitarbeiter des Grenzmarktes Poetzsch in Harrislee bei Flensburg. Es sei weniger die Zahl der Kunden gestiegen als die Menge, die jeder Kunde kaufe, meint ein Mitarbeiter eines anderen Marktes.
Die Händler der Grenzmärkte würden auch stark im nördlichen Nachbarland werben, in Kronen auszeichnen und das Sortiment nach den Dänen ausrichten. So unterscheidet sich jeder Grenzmarkt von einem normalen Supermarkt zum Beispiel durch das sehr breite Angebot an Getränken, etwa Alkohol und Softdrinks, sowie Süßwaren oder auch Tiernahrung.