Kaum haben viele Modehändler entnervt den Rotstift angesetzt, ist der Sommer plötzlich doch da. Jetzt profitieren diejenigen, die bislang vor allem Übergangsware reduziert haben.

So früh wie schon lange nicht haben viele Textilhändler in diesem Jahr den Rotstift herausgeholt. Wochenlanger Nieselregen und Bibbertemperaturen ließen die Nerven offenbar blank liegen. Die Folge: Jetzt, wo auch die Temperaturen sommerlich werden, läuft  vielerorts bereits die Rabattschlacht mit kurzärmeligen Shirts und luftigen Kleidern.

"Die ersten Reduzierungen von aktueller Sommerware gab es in diesem Jahr Ende April", berichtet GfK-Marktforscher Bernd Lochschmidt. Noch im vergangenen Jahr hatten die Händler zumindest bis Anfang Juni mit den roten Preisen gewartet.

Doch die weitgehend im Keller steckengebliebenen Temperaturen hatten die Lust auf die neue Frühjahrsmode bei den meisten Verbrauchern offenbar fast auf den Nullpunkt sinken und den Druck aus den Lagern immer stärker werden lassen.

"Kein Reduzierungswahn auf breiter Front"

In den Einkaufsmeilen können Kunden deshalb bereits auf satte Rabatte von bis zu 50 Prozent und mehr hoffen. Mit viel weniger geben sich rabattverwöhnte Kunden in Deutschland offenbar nur noch ungern zufrieden. "Wer springt noch auf 20 Prozent Reduktion an - kein Mensch", so der GfK-Experte Lochschmidt.

Beim Handelsverband Deutschland HDE zählt man noch sechs Wochen bis zum Start des Sommerschlussverkaufs am 22. Juli und sieht die die Situation gelassen. "Es ist nicht so, dass auf breiter Front ein Reduzierungswahn ausgebrochen ist", sagt Sprecher Stefan Hertel.

"Außerdem geben nicht alle Händler bereits Rabatte auf Hochsommerware", sagt Axel Augustin, Sprecher des Bundesverbandes des Deutschen Textileinzelhandels (BTE). Wer bislang vor allem Übergangsware im Preis reduziert habe, könne dennoch auf ein gutes Geschäft mit Sommerbekleidung hoffen.  "Bei breiten Preisaktionen nach dem Motto '30 Prozent auf alles' sieht das natürlich anders aus." Denn die lassen sich nicht rückgängig machen - ärgerlich für den betroffenen Händler.

Die Kunden zum Warten erzogen

Bereits 2012 war nach GfK-Recherchen mit 46 Prozent fast jedes zweite Kleidungsstück nur mit einem Abschlag über die Ladentheke gegangen. Im laufenden Jahr liegt die Quote der Reduzierungen bei Oberbekleidung bereits bei 43 Prozent - mit vermutlich steigender Tendenz. "Wenn das 2013 so weitergeht, kann sich der Anteil noch weiter erhöhen", sagt der Experte.

Reduzierungen treffen die Einzelhändler in ihrer Kalkulation in der Regel allerdings nicht völlig unvorbereitet. Abschläge seien meist schon "eingepreist", so Lochschmidt. Auch der Kunde werde durch die Rabattschlachten in Deutschland in den vergangenen Jahren regelrecht zum Warten erzogen. "Es kommt immer auf die Begehrlichkeit der Ware an", sagt er.

Als treue Kunden zum "Normalpreis" könnten die Läden offenbar nur noch auf besonders modisch orientierte Verbraucher und Bedarfskäufer hoffen. Während die erste Gruppe vor allem aus Frauen besteht, hat die männliche Kundschaft unter den Bedarfskäufern die Nase vorn.

"Männer kaufen eine Hose oft nur, wenn die alte kaputt ist", weiß Lochschmidt. Dann werde halt Ersatz gekauft - oft im gewohnten Fachgeschäft. Zum Ständer mit den Sonderangeboten ziehe es die männliche Kundschaft dagegen vor allem in weiblicher Begleitung. Dass dann da in der Regel versierte Expertinnen am Zug sind, weiß der GfK-Forscher. "Frauen kaufen doppelt so viel wie Männer", berichtet er.