Die Gewerkschaft Verdi fordert für die beginnende Handelstarifrunde eine Lohnerhöhung von bis zu 6,8 Prozent - und droht mit ersten Warnstreiks bereits im April.

Das Poster stellt den Albtraum jeden Händlers dar und zeigt einen Supermarkt mit leeren Regalen, dazu die Parole: "Ohne Großhandel läuft hier nichts." So bekundet die Gewerkschaft Verdi aktuell die Bereitschaft, in der laufenden Tarifrunde die Beschäftigten aus Einzel- und Großhandel zu gemeinsamen Streikaktionen zu bewegen.

„Wir führen zwar getrennte Verhandlungen, es gibt aber zwischen den Bereichen natürlich enge Verbindungen", erklärt Harald Wolff, Verdi-Tarifkoordinator für den Handel. Die Gewerkschaft könnte Läger und Märkte gleichzeitig lahmlegen - damit wäre die „potenzielle Bedrohung eines Streiks größer", betont der Funktionär.

Drohgebärden zum Auftakt

Solche Drohgebärden gehören zum Beginn von Tarifverhandlungen genauso wie hohe Gehaltsforderungen seitens der Gewerkschaft - für die Beschäftigten im Einzelhandel fordert Verdi bis zu 6,8 Prozent mehr Einkommen, im Großhandel soll eine Erhöhung von monatlich bis zu 180 Euro durchgesetzt werden. Ungewöhnlich ist diesmal aber der Wille beider Parteien, schnell zum Abschluss zu kommen.

„Wir haben eine reine Entgeltrunde vor uns", betont Heribert Jöris, Tarifexperte beim Handelsverband HDE - und wird von seinen Kontrahenten in der Verdi-Zentrale bestätigt. Nach den längsten Tarifverhandlungen der Branchengeschichte, die im Sommer 2008 endeten, wollen sich Arbeitgeber und Gewerkschaft auf das Wesentliche konzentrieren.

Hohe Forderungen, starke Ablehnung

Foto: Verdi
Foto: Verdi
Die Lohnforderung von Verdi allein birgt bereits genug Zündstoff: „Die Gewerkschaft hat sich einfach mit den Folgen der Finanzkrise für den Einzelhandel noch nicht beschäftigt", empört sich Rainer Marschaus, Vorsitzender des gemeinsamen tarifpolitischen Ausschusses der Handelsverbände BAG und HDE. „Es ist bekannt, dass die Krise den Handel mit zeitlicher Verzögerung trifft", entgegnet der Metro-Manager Aussagen der Gewerkschaft, wonach es der Branche noch relativ gut gehe.
 
Trotzdem: Mit dem Ruf nach einer Nullrunde ist seitens der Handelsarbeitgeber nicht zu rechnen, berichten mehrere Verhandlungsführer übereinstimmend.

Streiks sollen nicht länger verpuffen

Verdi setzt diesmal auf die enge Koordination zwischen Einzel- und Großhandel auch deshalb, weil die Streiks in den Geschäften der Republik in den vergangenen Jahren wirkungslos verpufften - das Personal wurde oftmals einfach durch Zeitarbeitskräfte ersetz, sodass nicht einmal der Kunde etwas davon mitbekam.

Eines der größten Erfolge der letzten Tarifrunde erzielte die Gewerkschaft, als Mitarbeiter zwei Einzelhandelsläger der Rewe bestreikten - das Unternehmen stimmte auch deshalb frühzeitig eine tarifliche Einzellösung zu. „Man sollte diesmal den Bogen bei Rewe nicht überspannen", warnt ein Insider.