Neue Ideen benötigen neue Raumkonzepte. Die Innovationsberaterin Ingrid Gerstbach spricht mit etailment darüber, wie man die Kreativität im Unternehmen fördern kann und eine kollaborative Umgebung schafft, die das Beste in den Mitarbeitern hervorbringt.

Frau Gerstbach, welche Macht haben Räume?
Es gibt etliche Studien, die einen engen Zusammenhang zwischen hoher Zufriedenheit am Arbeitsplatz und hohem Engagement der Mitarbeiter zeigen. Mitarbeiter*innen, die mehr Kontrolle über ihren physischen Arbeitsplatz haben, engagieren sich auch mehr. Wenn die Mitarbeiter den Raum nach ihren persönlichen Anforderungen auswählen können, arbeiten sie auch produktiver. So braucht es manches Mal einen Ort, an den man sich zurückziehen kann, um konzentriert zu arbeiten, während es zu anderen Zeiten die Möglichkeit gegeben sein muss, um in Teams gemeinsam offen (und auch laut) zu reflektieren.


Welchen Stellenwert hat die Arbeitsumgebung im Design Thinking?
Gerade in Sachen kreativer Problemlösung ist der Raum eine der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Die Umgebung beeinflusst, wie wir denken und uns verhalten. Im Design Thinking ist es wichtig, die unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren, gemeinsam verschiedene Ansätze offen zu diskutieren und Ideen noch an Ort und Stelle umzusetzen und auszuprobieren. Dieser "Learning by doing"-Ansatz verlangt vor allem nach viel Platz und Flexibilität.
Wie macht man Kreativität sichtbar?
Im Design Thinking gehen wir davon aus, dass die Idee im Kopf nicht so viel wert ist, sondern sich erst bei der Umsetzung Denkfehler und Verbesserungsmöglichkeiten zeigen. Wir arbeiten deswegen viel mit Post-its, auf die wir Erkenntnisse und Gedanken schreiben, um sie nachher zu clustern.

"Die Idee im Kopf ist nicht so viel wert, erst bei der Umsetzung zeigen sich Denkfehler"

Ingrid Gerstbach

Dadurch werden Zusammenhänge im wahrsten Sinne des Wortes sofort sichtbar. Um Ideen zu testen, werden diese in Prototypen verwandelt. Plastilin, Papier, Schere, Stifte, Pfeiffenputzer sind nur einige der Utensilien, die wir dazu nutzen. Mittels Storyboards, Skizzen und Modelle werden so Gedanken sichtbar, greifbar und können besser kommuniziert werden. 

Welche Fehler machen Unternehmen immer wieder bei der Raumgestaltung?
Ich erlebe es sehr oft, dass Unternehmen viel Geld für Raumgestaltung ausgeben. Besser wäre es, wenn zuerst einfach mal ausprobiert und nach einer gewissen Zeit Feedback eingearbeitet wird. Räume werden viel zu schnell perfekt durchgestylt und mit modernsten Technologien ausgestattet.

Dabei wird oft vergessen, dass das Wichtigste die Bedürfnisse und Anforderungen der MitarbeiterInnen sind, die letztlich in diesen Räumen arbeiten werden. Es nützt der schönste Raum nichts, wenn die Mitarbeiter*innen sich dort nicht wohlfühlen und der Austausch erschwert wird. 
Ingrid Gerstbach: Innovationsräume. Hanser Verlag, Flexibler Einband, eBook inside, 39,90 Euro.
© Hanser Verlag
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Wie kann man auf den ersten Blick ungünstige Räumlichkeiten doch noch retten?
Oft ist mit kleinen Anpassungen bereits viel möglich: Wenn ein Raum beispielsweise überladen und beengt wirkt, hilft es schon, Platz und damit Raum zum Denken und Bewegen zu ermöglichen. Auch mittels Licht, Akustik und Pflanzen kann schon viel verändert und verbessert werden.

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