Jetzt geht C&A-Chef Caparros hart ran: Im Vorstand rollen reihenweise die Köpfe. Auch das spart viel Geld, das woanders benötigt wird: Im Kampf gegen Discounter, um selbst einer zu werden und mehr Kunden in die Läden zu locken. Die meisten Händler haben Frequenzprobleme - außer den Discountern.

Französische Woche im Handel - das klingt nach Lebenslust und Genuss, feinem Käse und gutem Wein. Gleich zwei Ereignisse ließen auch die vergangene Woche sehr Französisch erscheinen, selbst wenn dies rein gar nichts mit Savoir Vivre zu tun hatte. Zunächst kassierte die deutsche Nationalelf nach dem Holland-Debakel auch in Paris ihre nächste Niederlage gegen Frankreich.

Wie in jüngerer Zeit üblich, haben unsere Jungs gut gespielt und  dann doch verloren. Solche Ergebnisse lassen sich höchstens noch schön saufen. Entsprechend dürfte der Absatz von Bier und Kartoffelchips zum Wochenbeginn deutlich gestiegen sein – ganz zur Freude der Hersteller und Händler.
 

Alain Caparros: Kraft für radikale Schritte

Und dann war da noch diese Meldung von C&A. Der Franzose Alain Caparros, seines Zeichens Chef von C&A Europe und viele Jahre Frontmann der Kölner Rewe Group , hat nach 15 Monaten bei seinem neuen Arbeitgeber die Guillotine ausgepackt und gleich vier von sieben Vorständen geköpft, wie die TextilWirtschaft berichtet. 

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Die künftige C&A-Führung besteht nur noch aus drei Vorständen, darunter Caparros als Nummer Eins. Gleichzeitig schart der nicht selten als „Napoleon vom Rhein“  titulierte Franzose zunehmend Vertraute um sich. Etwa Jens Siebenhaar von der Rewe ist nun Technikchef bei C&A. Schon bei dem Kölner Lebensmittelriesen hatte er acht Jahre unter Caparros gearbeitet. Sich mit Vertrauten zu umgeben, ist  Caparros‘ gutes Recht. Zumal bei C&A anders als bei manchem Wettbewerber  die Zahlen  zu stimmen scheinen. Anders gesagt, der Rotstift auf der Führungsebene ist wohl nicht  unter dem Druck einer schlechten Geschäftsentwicklung zustande gekommen.

Selbst der Familienspross bleibt nicht verschont

Und Caparros fühlt sich stark, schließlich hat er noch nicht einmal vor dem C&A-Familienspross Bart Brenninkmeijer halt gemacht. Allerdings bleibt Brenninkmeijer dem Handelsriesen anders als seine entlassenen Vorstandskollegen in einer anderen Position erhalten.

Besonders beachtenswert ist eine Aussage des Unternehmens gegenüber der TW zur Entwicklung der Kundenfrequenzen.  Man sei mit dem Geschäft zufrieden und freue sich „über eine steigende Frequenz in den Häusern“, heißt es. Das würde heißen, dass es Caparros in nur etwas mehr als einem Jahr an der C&A-Spitze gelungen ist, das Frequenzproblem vor allem mit erweiterten Sortimenten wie Spielwaren zu lösen. Denn dies plagte den Textilhändler ebenso wie die gesamte Konkurrenz.

Andreas Chwallek, Chefredakteur von Der Handel und etailment.de
© Aki Röll
Andreas Chwallek, Chefredakteur von Der Handel und etailment.de
Erst kürzlich hatte John Cloppenburg vom gleichnamigen Textilhändler Peek & Cloppenburg in Düsseldorf gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Der Handel darauf hingewiesen, dass es zumindest an den Top-Standorten der P&C-Häuser kein Frequenzproblem der Innenstädte gebe, sondern nur in den Geschäften. Auch etliche Wettbewerber laufen den Kunden regelrecht hinterher.

Wer während der  Woche vormittags über die Frankfurter Einkaufsmeile Zeil schlendert, trifft dort viele Menschen.  Sie essen Eis oder Bratwurst, trinken Kaffee. Bei welchem Händler richtig viel los ist, lässt sich unschwer erkennen: Die Einkaufstaschen des Billiglabels Primark bestimmen das Bild der Fußgängerzone.

Gähnende Leere in vielen Läden

Dagegen sieht man bei vielen etablierten Händlern kaum Leute. Auch Cloppenburg sinniert offen darüber, wie man mit überraschenden und für sein Unternehmen bisher untypischen Produkten mehr Kunden in die Häuser locken kann, etwa mit Hilfe von Popup-Stores.

Fast wie ein Allheilmittel wird die Aufwertung von Fußgängerzonen durch mehr gastronomische Angebote betrachtet. Gemeint ist neuere, modernere Gastronomie, die sich sichtbar vom Einerlei der Kaufhauskantinen oder Filialisten wie McDonalds und Nordsee abhebt.

75 Millionen Euro für den Konsumtempel

So wird die Frankfurter Shoppingmall MyZeil von ihrer Betreibergesellschaft ECE gerade für mehr als 75 Millionen Euro zu einem Event- und Genusstempel umgebaut. Es geht um die Aufenthaltsqualität und Verweildauer, um Erlebnis. Dass dann in den einzelnen Läden auch Erlebnis geboten wird, ist Sache der Händler.

Nun hat ein großes Unternehmen wie C&A auch zahlreiche Häuser in Städten, die nicht so frequentiert sind wie die Mainmetropole. In vielen Mittelstädten herrscht auch in den Fußgängerzonen gähnende Leere, nicht nur in den Läden selbst. Dort dürfte auch das schönste Spielzeug von C&A keine Völkerwanderung auslösen. Wie man an solchen Standorten mehr Leute in die Häuser holt, ist eine weit größere Herausforderung.

Und dann steht man immer noch vor der Frage, ob eine höhere Kundenfrequenz unbedingt auch zu besseren Zahlen führt. Ganz klar, ohne Frequenz und Kunden läuft rein gar nichts. Doch selbst eine hohe Frequenz  sagt nur bedingt etwas über erfolgreiche Geschäfte aus.  Mehr Kunden im Laden können mehr Umsatz bringen, sie müssen es aber nicht.

Nicht nur gucken - auch kaufen

Conversion Rate heißt das Zauberwort. Wie hoch diese bei den einzelnen Händlern wirklich ist, bleibt das Geheimnis der jeweiligen Unternehmen. Auf jeden Fall dürfte gerade im Modegeschäft so mancher Händler bereits beschlossene Expansionspläne in der Fläche kritisch überprüfen. Auch Peek & Cloppenburg nimmt derzeit jeden Standort unter die Lupe.

Schließlich sind auch für eine Textilikone wie Gerry Weber die guten Zeiten der scheinbar grenzenlosen Expansion über neue Flächen vorbei. Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass es heute schon als gute Nachricht empfunden wird, wenn ein Gutachten Gerry Weber die „Sanierbarkeit“ bescheinigt.

Discounter expandieren wie wild

Ist die Zeit der Flächenexpansion im deutschen Handel also vorbei? Nein, im Gegenteil. Selbst im Modehandel suchen Unternehmen wie Kik weiterhin nach neuen Flächen. Der Sport-Discounter Decathlon hat in Deutschland die Meilenstiefel an, gefühlt wird dort bald jede Woche ein neuer Markt eröffnet. Und aus den Niederlanden breiten sich Billig-Anbieter wie Hema und Action immer mehr aus.

Deren Klientel ist offenbar  immer noch gut zu Fuß in stationären Geschäften unterwegs, ständig auf Schnäppchenjagd, um schließlich den Einkauf wie eine Beute nach Hause zu tragen. Solche Kunden hat auch der C&A-Chef Alain Caparros im Visier. Denn nach seiner Vorstellung kann C&A durchaus mit Discountern wie Kik mithalten.

Wer hat die Kosten besser im Griff?

Dafür muss der Textilhändler allerdings mit ganz spitzer Feder rechnen. Denn anders als die Rewe-Tochter Penny oder deren Konkurrenten Aldi, Lidl, Netto und Norma haben die Häuser von C&A mit ganz anderen Fixkosten zu rechnen.

Aber das weiß der erfahrene Franzose ganz sicher. Zumindest auf Vorstandsebene hat er ja schon vier Posten eingespart. Und ebenso wie seine Nationalelf will auch Caparros die kommenden Spiele ohne Eigentor überstehen.