Same, same, but different: Der Black Friday geht wieder am stationären Handel vorbei, Medimax fremdelt doch wieder mit Notebooksbilliger, Fressnapf nimmt wieder einen Online-Anlauf und MediaSaturn beschäftigt sich wieder mal vor allem mit sich selbst. 

Das Weihnachtsgeschäft beginnt hierzulande immer später, weil die Leute auf den letzten Drücker einkaufen. Da könnte der aus Amerika importierte "Schwarze Freitag" (Black Friday), der Freitag nach Thanksgiving, ja eigentlich eine kleine Sonderkonjunktur bescheren. Thanksgiving fällt immer auf den vierten Donnerstag im November, deshalb gilt der darauffolgende Black Friday als Start in einem aus TV-Serien bekannten traditionellen Familienwochenende – und als Beginn der Einkaufsaison vor Weihnachten. 

Doch natürlich hatte der stationäre Handel in Deutschland aktuell erneut wieder kaum was davon: Zu fremd, zu online ist der Shopping-Tag, der in diesem Jahr zum 13. Mal in Deutschland stattfand. Seinerzeit hatte ihn Apple zum ersten Mal veranstaltet, um den Absatz seines iPods zu steigern.

Berühmt gemacht hat den Freitag vor allem Amazon, allerdings als Montag, mit seiner "Cyber-Monday-Week". Denn der Begriff Black Friday ist eine eingetragene Wortmarke, und wenn ein Händler die Marke rechtswidrig nutzt, beispielsweise für Werbe- und Marketingzwecke, kann das richtig teuer werden. Zudem kann der Konsument sein Geld bekanntlich nur einmal ausgeben. Und wie eine ältere Konsumentin auf der Frankfurter Zeil in einem Interview mit dem Hessischen Fernsehen so schön sagte: "Das ist ein Hype, den ich nicht nachvollziehen kann. Es gibt immer Schlussverkäufe, die Leute kaufen das ganze Jahr. Ich kauf jetzt nicht heute." 

Lästige Arbeitnehmerrechte

Doch man kann fast die Uhr danach stellen, dass die Gewerkschaft Verdi an besonders verkaufsstarken Tagen verschiedene Logistikzentren in Deutschland bestreikt, um Verhandlungen über einen Tarifvertrag zu erwirken.

Allein, es nutzt nichts: Man kann nämlich auch auf die Reaktion von Amazon wetten. Der Onlinehändler verweist darauf, dass er seine Mitarbeiter gut behandelt, gut bezahlt und organisiert die Auslieferung der bestellten Ware einfach von weniger streikaffinen Nachbarländern wie Polen. Die LKW-Fahrer, die die Ware über die Grenze schaffen, werden zwar so richtig schlecht bezahlt, aber das ist ein grundsätzliches Problem der Logistiker, die die von den Onlinehändlern geforderten Dumpingpreise für immer komplexere Dienstleistungen klaglos mitmachen.

Und dass sich europäische Logistikunternehmen zusammenschließen und für gerechte Entlohnung auch ihres Personals streiten und streiken, steht nicht zu fürchten. Wo kämen wir denn da hin, wenn es grenzenlose Solidarität gäbe.
Sybille Wilhelm
© Aki Röll
Sybille Wilhelm
Amazon beauftragt in diesem Fall nur einen beliebigen Dienstleister. So lange es also zu keinem "Pexit" kommt und Amazon weiter beispielsweise auf Polen ausweichen kann, haben Gewerkschaften kaum ein Druckmittel gegen den amerikanischen Konzern.

Wie auch generell viele amerikanische Unternehmen die deutschen Arbeitnehmervertreter vor allem als lästig empfinden: Zum Beispiel will das niederländisch-amerikanische Buchungsportal booking.com dem Vernehmen nach knapp die Hälfte der aktuell rund 800 Mitarbeiter in Berlin vor die Tür setzen, weil es Streit um die Arbeitsbedingungen gegeben hat, sprich: Die Mitarbeiter aufgemuckt haben.

Und immer wieder: Lästiges Internet 

Doch schauen wir einmal auf Omnichannel-Ideen oder besser: die Versuche stationärer Händler irgendwie "mit diesem Internet" warm zu werden. Ende September hatten der Versender Notebooksbilliger.de und die Elektronik-Franchisekette Medimax in einer gemeinsamen Presseerklärung noch vollmundig angekündigt, "das Beste aus zwei Welten" erschaffen und sich zusammenschließen zu wollen.
Knapp 2 Monate später ist die Idee einer gemeinsamen Holding wieder vom Tisch. Zu unterschiedlich seien "die Gene" eines Onlineunternehmens und eines Franchiseunternehmens heißt es dieser Tage.

Doch schauen wir einmal etwas genauer auf die selbst ins Spiel gebrachten "Gene": Medimax gehört zu der Verbundgruppe ElectronicPartner (EP), die seit der Gründung im Jahr 1937 der Familie Haubrich gehört. Die Verbundgruppe ist wiederum seit 2012 an Notebooksbilliger beteiligt, wie auch die Haubrich Zentrale GmbH der EP-Gründerfamilie Haubrich. Also dürften vor allem die „genfremden“ Medimax-Franchisnehmer Bedenken angemeldet haben, weil sie um die Wirtschaftlichkeit ihrer Filialen fürchten. 

Lästige Familienzwistigkeiten

Wenn wir schon bei Online-Offline-Familienzwisten im Elektronikfachhandel sind: Auch Media-Saturn kommt nicht zur Ruhe. Das "Handelsblatt" schrieb vor ein paar Wochen zu dem Zusammenschluss von Medimax und Notebooksbilliger, dass dem Elektronik-Marktführer Ceconomy mit Media Markt und Saturn durch den Zusammenschluss "ein schlagkräftiger Konkurrent erwachsen" könne.

Doch die gesellschaftsrechtlich dezentral organisierte MediaMarktSaturn-Gruppe ist mal wieder vor allem mit sich selbst beschäftigt und hat nach einem halben Jahr abermals  große Teile der für Deutschland verantwortlichen Führungsriege ausgetauscht und unter anderem den bisherigen Österreich-Chef Florian Gietl an die Spitze gesetzt, der als "COO" auch für die Prozessabläufe zuständig ist. 

Lästiger Kunde

Da hätte ich als Konsumentin einen kleinen Verbesserungstipp für die Abläufe bei Mediamarkt.de: Wenn man einen Computer (zum Beispiel Microsoft Surface) im Internet bewirbt, sollte der Kunde ihn dann auch kaufen können, egal ob Online oder in einer Filiale. Doch egal wo im 200-Kilometer-Radius um Frankfurt ich das immerhin 1.000 Euro teure Gerät abholen wollte, weil es Online nicht verfügbar war, gab es das dort ausgerechnet nicht. Und ich musste selbstredend jede Filiale einzeln anklicken und die Warenverfügbarkeit überprüfen, was mir immerhin einen guten Überblick über die Läden verschafft hat, die ich nie besuchen werde.

Lästiges Digitalisierungs-Timing  

Auch der Tierbedarfsspezialist Fressnapf hat sich dieser Tage überlegt, wie eine moderne Struktur aussehen könnte. Das Ergebnis: Das Programm "Challenge 2025", mit dem Fressnapf-Inhaber Torsten Toeller sein Geschäft zum technologiegetriebenen Handelsunternehmen umbauen will.

Intern ist laut Lebensmittelzeitung vom "größten und anspruchsvollsten Transformationsprozess" in der Geschichte des Unternehmens die Rede, der mit hohen Investitionen umgesetzt werden soll. "Die Fressnapf-Gruppe wird im täglichen Geschäft digitaler, technologie- und vor allem datenbasierter agieren", beschreibt Toeller das Ziel.
Und: "Im Jahr 2025 verstehen wir uns als der Marktplatz rund ums Tier. Wir verbinden auf einzigartige Weise Produkte, Services, Informationen und Tierhalter mit ihren Tieren." Dies gelte für die Läden ebenso wie für das digitale Geschäft. Dem Vernehmen nach kann sich der Marktführer im stationären Tierbedarfshandel dabei auch vorstellen, im Rahmen des Marktplatz-Modells, mit Dritten zu kooperieren. Dies gilt zum Beispiel für Service-Angebote, aber auch für den Verkauf von Artikeln.

Damit will Fressnapf natürlich vor allem dem Onlinekonkurrenten Zooplus Paroli bieten. Das ist eigentlich ein bisschen tragisch, denn Fressnapf hatte bereits früh, im Jahr 2000, einen Onlineshop, war dann aber irgendwie wohl zu stationär im Kopf und zog den Stecker. 2009 ging Fressnapf dann wieder ins Netz, aber 9 Jahre sind im Internetzeitalter eine Ewigkeit.

Lästige Kleinteil-Logistik

In einem Interview mit Der Handel sagte Toeller damals zwar: "Wir wollen auch im Internet Marktführer werden", aber auf die Frage: `Übernimmt Fressnapf die Logistik selbst?` antwortete er: "Nein, dazu holen wir uns einen Partner ins Boot. Wir verhandeln gerade mit der Otto-Gruppe. Denn bei unserem ersten Onlineversuch haben wir gelernt, dass die kleinteilige Logistik, freundlich formuliert, nicht so unser Ding ist. Das überlassen wir lieber jemandem, der das richtig gut kann."

Gut, diese Aussage ist knapp zehn Jahre her, aber der dritte Versuch, "dieses Internet" mit dem stationär ja durchaus erfolgreichen Fachhandel in Einklang zu bringen, ist freundlich ausgedrückt herausfordernd. Und warum gerade alle Plattform werden wollen und warum das gar nicht so einfach ist, diskutieren wir im Podcast mit dem Plattform-Experten Holger Schmidt. (SoundcloudiTunesSpotify).  

Lässliche Abschiede

Werden wir zum Ende des Jahres noch ein bisschen nostalgisch und verabschieden uns. Zum Beispiel von ISDN, denn bis Ende 2018 werden alle ISDN-Telefonanlagen der Telekom abgeschaltet. Allerdings weiß so mancher kleiner Händler auf dem Land immer noch nicht so recht, ob sein Kartenlesegerät nächstes Jahr funktioniert oder nicht, weil er von den Anbietern widersprüchliche Auskünfte bekommt. 

Auch große Scheine werden Händler immer seltener sehen, denn der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat beschlossen, dass die Ausgabe der 500-Euro-Banknoten „gegen Ende 2018“ eingestellt wird. Die noch im Umlauf befindlichen 500er bleiben aber gesetzliches Zahlungsmittel. Die Abschaffung der „Gangsterwährung“ – wer bitteschön braucht sonst einen solch hohen Gegenwert in der Hosentasche, argumentiert die EZB – hat also zunächst keine praktischen Folgen, weil Händler den Schein grundsätzlich weiterhin als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptieren müssen. 

Und auch die CEBIT gehört der Vergangenheit an. Die IT-Messe ist ein branchenübergreifendes Sinnbild dafür, was passiert, wenn man sich zu lange auf alten Erfolgen ausruht, an alten Konzepten festhält und dann, wenn sich die Krise schon längst nicht mehr leugnen lässt, überstürzt reagiert. In diesem Fall mit einem neuen Termin. Aber die Verantwortlichen haben grundsätzlich kein Konzept gefunden, wie man Besucher nach Hannover lockt, und im Umgang mit dem „Neuland“ selbst gefremdelt.

Hört sich für viel zu viele stationäre Konzepte leider viel zu vertraut an. 

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