Im festgefahrenen Tarifstreit der Einzelhandelsbranche konnte in Baden-Württemberg gestern eine Einigung erzielt werden. Nicht nur beim Thema Lohnerhöhung fanden die Tarifparteien zueinander.   

Nach 20 Stunden Verhandlung gelang den Tarifparteien des Einzelhandels in Baden-Württemberg in den frühen Morgenstunden eine Einigung. "Der Abschluss ist ein wichtiger erster Schritt für die erforderliche Reform des Flächentarifvertrags im Einzelhandel, weil er deutlich mehr enthält als eine Entgeltanpassung", sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Philip Merten, nach den Verhandlungen. 
 
Mit Wirkung zum 1. Juli 2013 erhöhen sich die Gehälter und Löhne nach drei Nullmonaten um 3 Prozent. Mit Wirkung zum 1. April 2014  erhöhen sich die Tarifentgelte um weitere 2,1 Prozent.

Der Entgelttarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten und kann erstmals zum 31. März 2015 gekündigt werden. Der gekündigte Manteltarifvertrag wird ab dem 1. Mai 2013 ohne Änderungen rückwirkend wieder in Kraft gesetzt und hat eine Laufzeit von 24 Monaten.

Einigung auch zum Thema Arbeitszeit und Verräumtätigkeiten

Neben dem Entgeltabschluss haben die Tarifvertragsparteien eine gemeinsame Anwendungs- und Interpretationshilfe zur Arbeitszeitflexibilität formuliert. Weitere Themen zur Fortentwicklung und Reform der Tarifverträge sollen im kommenden Jahr behandelt werden. Auch zum strittigen Thema "Verräumarbeiten" sei eine Lösung gefunden worden, um diese Tätigkeiten "unter gerade noch wirtschaftlich vertretbaren tariflichen Rahmenbedingungen mit eigenem Personal durchzuführen", heißt es in einer Erklärung der Arbeitgeber zum Tarifabschluss.

Im Einzelhandel waren diese Tätigkeiten in der Vergangenheit vielfach an so genannte Instore-Logistikdienstleister ausgelagert worden oder erfolgten im Rahmen von Werkverträgen durch Tochterunternehmen, um keine Tariflöhne hierfür zahlen zu müssen.

Keine Pilotregion

Der Abschluss im Tarifbezirk Baden-Württemberg ist der erste in der Einzelhandelsbranche. Da sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmer im Vorfeld der Verhandlungen nicht auf eine Pilotregion verständigen konnten, hat die Einigung keine unmittelbaren Auswirkungen auf die übrigen Tarifbezirke. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass nun ein Durchbruch der schwierigen Tarifrunde erreicht ist, in der die Gewerkschaft Verdi ursprünglich nur über Entgelt und nicht über die Eingruppierungen von Tätigkeiten sowie Arbeitszeitflexibilität verhandeln wollte.

"Dies ist ein gutes Signal, dass wir auch in den anderen Tarifgebieten nun zu einer Lösung kommen, auch wenn dort die Ausgangssituation eine andere als in Baden-Württemberg ist", sagte Ulrich Köster, Vorsitzender des Tarifpolitischen Ausschusses des Handelsverbandes Deutschland (HDE). "Der Tarifabschluss ist in sich ausgewogen und ein guter Kompromiss. Wir haben bei den strittigen Themen Warenverräumung und Arbeitszeit Lösungen gefunden", so Köster weiter.