
Im deutschen E-Commerce generieren 20 % Bestandskunden fast 40 % aller Umsätze (Adobe Digital Index). Zugleich ist der Aufwand, einen neuen Kunden zu gewinnen, fünf bis zehn Mal höher, als einen Bestandskunden zu halten (Boston Consulting Group). Warum? Bestehende Kunden sind meist weniger preisempfindlich. Sie verursachen geringere Betreuungskosten und sind als Markenbotschafter von strategischem Nutzen.
Kundenlebenszyklus in unterschiedlichen Phasen
Der Kundenlebenszyklus beruht konzeptionell darauf, dass alle Inhalte an den jeweiligen Lebensumständen sowie den jeweiligen Informationsbedürfnissen der Kontakte ausgerichtet werden. Damit ist das Lebenszyklus-Modell der Bezugsrahmen, um Interessenten und Kunden individuell anzusprechen.
Durch die aktuellen Möglichkeiten im Bereich Personalisierung und Automatisierung lassen sich Kundenbeziehungen im E-Mail-Kanal systematisch abbilden. Zugleich sind die technischen Voraussetzungen gegeben, um wechselnde Interessen und Entwicklungen bei den Kunden flexibel zu berücksichtigen. Neben Profildaten wie Geschlecht und Postleitzahl basiert die individuelle Ansprache auf Aktions- und Responsedaten, Klick-Pfaden zurückliegender Kampagnen sowie Umsatzinformationen bereits bestellter Produkte.
Konzeptionelle Herangehensweise
Kernbestandteil jeder Konzeption ist es, die Dauer und Intensität der Kundenbeziehungen vom Erstkontakt bis zur Abwanderung in charakteristische Phasen einzuteilen. Auf dieser Grundlage ergeben sich verallgemeinerbare Anforderungsprofile für eine differenzierte Ansprache. Hierbei sollte zwischen folgenden Segmenten unterschieden werden:
- Akquise (Interessent)
- Entwicklung (Neukunde)
- Bindung (Bestandskunde)
- Reaktivierung (inaktiver Kunde)
Die Informationsbedürfnisse variieren zwischen den verschiedenen Phasen – teilweise ganz beträchtlich. So werden Interessenten zunächst an das Unternehmen und seine Angebote herangeführt und für den ersten Kauf stimuliert. Neue und bestehende Kunden werden dagegen kontinuierlich zu Folge- und Wiederholungskäufen animiert. Inaktive Kontakte gilt es wiederum zurückzugewinnen und die endgültige Abwanderung zu vermeiden. Jede dieser Phasen ist durch eine unterschiedliche Beziehungsintensität zwischen Ihnen als Marketer und den Kontakten gekennzeichnet. Damit verbunden sind wechselnde Präferenzen und Themen, denen Sie gerecht werden müssen.
Langfristige Perspektive einnehmen
Der Kundenlebenszyklus sollte im E-Mail-Kanal strategisch definiert werden – und auf die Maximierung des sogenannten Customer Lifetime Values zielen. Es geht für Sie also nicht um "Quick Wins", sondern vielmehr darum, eine langfristige Perspektive für das eigene E-Mail-Marketing zu entwickeln. Der Fokus liegt auf der individuellen und stimmigen Kundenansprache. Ein wichtiger Aspekt ist auch die zeitnahe Reaktion auf die individuellen Aktionen und Interessen. So sollten Sie ein Dankeschön in den ersten Tagen nach einem Kauf versenden. Da der Versandzeitpunkt maßgeschneidert auf den einzelnen Empfänger ausgelegt ist, führt an einem hohen Automatisierungsgrad kein Weg vorbei.

Der Lebenszyklus beginnt, sobald der Interessent für Sie per E-Mail ansprechbar ist. In dieser "Phase des Kennenlernens" ist die Aufmerksamkeit meist überdurchschnittlich hoch. Sowohl Ihnen als auch dem Interessenten stehen wechselseitig wenige Informationen zur Verfügung. Es gilt, diese "Informationsdefizite" schnell abzubauen und den Kontakt zu vertiefen. An diese Phase sollten Sie nahtlos weitere Maßnahmen anschließen, um Folgekäufe anzustoßen. Hat der Neukunde erste Käufe getätigt, geht es besonders darum, die gesammelten Informationen für die Stabilisierung und die Entwicklung der Kundenbeziehung zu nutzen. Ist der Kundenkontakt schließlich durch Inaktivität bzw. Abwanderung gefährdet, sollten die Gründe ermittelt werden und die Kundenbeziehung durch eine gezielte Ansprache und Incentivierung revitalisiert werden.
Individuelle Ansprache unerlässlich
Kurzum: Erfolgreiches E-Mail-Marketing erfordert eine strategische Herangehensweise. Der Marketer ist gut beraten, seine Strategie zunächst konzeptionell auszuformulieren – und sich anschließend an die schrittweise Umsetzung zu machen. Der Kundenlebenszyklus ist ein adäquater Bezugsrahmen, der Kundenwert die Zielgröße. Um diese zu maximieren, sollte für den Versand ein möglichst hoher Individualisierungs- und Automatisierungsgrad angestrebt werden.