Ein Elektronikhändler musst heute vernetzt denken - und verkaufen. Daher ist ElectronicPartner künftig nicht nur Mobilfunkanbieter, sondern verkauft stationär ein Trendprodukt vom weltgrößten Onlinehändler.

Wenn Jörg Ehmer die Stärke des Fachhandels für Elektronikprodukte beschreiben soll, dann fällt ihm ein schönes Beispiel ein. Der Vorstand der Verbundgruppe Electronic Partner (EP) erzählt von einem Mitgliedshändler, der einer 84 Jahre alten Frau einen Smart-TV verkaufen sollte. Die Dame hatte ein Modell für so einen internetfähigen Fernseher im Kopf - kaufte dann aber ein deutlich besseres.

Der Händler erfuhr im Verkaufsgespräch, dass die Seniorin eine Enkelin in den Vereinigten Staaten hat. Also wurde ihr ein Gerät schmackhaft gemacht, mit dem sie via Skype mit ihrer Verwandten in Übersee mühelos kommunizieren kann, obendrein richtete der Händler die komplette Technik im Wohnzimmer der alten Dame ein. "Und alle sind jetzt glücklich", schwärmt Ehmer.

Ausstieg aus Mobiltelefongeschäft "war ein Fehler"

Mit dieser charmanten Episode will Ehmer aber auch noch etwas anderes verdeutlichen: Ein Händler für Unterhaltungselektronik muss heute in der multimedialen und digitalen Welt zuhause sein, um Geld zu verdienen. Und dazu gehört auch Telekommunikation.

Deswegen klagte er, dass es ein "klarer Fehler" gewesen sei, dass viele EP-Händler vor Jahren aus dem Handel für Mobiltelefonie ausgestiegen sind - "weil sie ihn nicht verstanden haben", so Ehmer. Auch die wie Pilze aus dem Boden geschossenen Handy-Shops wären eine zu große Konkurrenz für die Fachhändler gewesen. 

Nun will die Kooperation ihre Mitglieder dazu bewegen, wieder diese Produkte anzubieten. Ab dem 15. Oktober gibt es ein EP-eigenes Mobilfunkangebot - keine zweite Verbundgruppe hat bislang so etwas. Der Prepaid-Tarif "Easytel" wird bei den Fachhändlern und den Medimax-Märkten von EP angeboten.

Als Netzpartner wurde dafür die Telekom mit deren D1-Netz gewonnen. Ein Starterpaket kostet 7,99, für Gesprächsminute werden 9 Cent berechnet. "Wir wollen nicht als Preisbrecher auftreten", sagte Ehmer an diesem Freitag in Düsseldorf, wo EP derzeit seine Herbstmesse veranstaltet. Vielmehr gehe es der Verbundgruppe um einen einfachen Tarif.

Der Händler soll am Prepaid-Verkauf verdienen - und zwar beim Verkauf einer SIM-Card sowie den deren ersten drei Aufladungen. "Das ist zwar nicht viel", sagte Ehmer, "aber Kleinvieh macht auch Mist".

Amazons Kindle bei EP

Und noch eine Neuerung gibt es im Oktober bei EP: Die Kooperation ist neuer Handelspartner bei der Vermarktung der Tablet-PCs Kindle Fire und Kindle Fire HD 7-Zoll von Amazon. Ab dem 25. Oktober sollen die Geräte bei EP-Händlern erhältlich sein.

Ehmer betont, dass seine Verbundgruppe in Deutschland der erste stationäre Händler ist, der die Amazon-Tablets anbietet. EP-Mitglieder wiederum sollen nicht nur am Verkauf der Geräte verdienen, sondern auch an Inhalten, die mit dem Kindle aus dem Web heruntergeladen werden - etwa E-Books.

Diese beiden EP-Neuerungen beschreiben gut, wie sich stationäre Händler für die Zukunft wappnen müssen. Sie brauchen Premium-Produkte, müssen Dienstleister sein und Trend-Produkte wie Tablet-PCs und Smartphones anbieten. Wer vor allem letztere Themen nicht in seinem Sortiment spiele, "der kann jetzt schon das Schild schreiben: der Laden wird in fünf Jahren dichtmachen", so der EP-Vorstand. 

Starkes erstes Halbjahr für die UE-Branche

Denn die Branche für Unterhaltungselektronik muss sich immer mehr anstrengen, um Geld zu verdienen. Für alle Anbieter sei das erste Halbjahr "erfreulich" gewesen, sagte Ehmer, ohne zu vergessen, dass nicht nur EP dabei auch von der Fußball-Europameisterschaft profitieren konnte, die den Verkauf der TV-Geräte steigen ließ.

Auch die Umstellung von Analog- auf Digital-TV hat dem stationären Handel geholfen - im Gegensatz zur Onlinekonkurrenz, wie Ehmer sichtlich zufrieden betonte.

Doch für das zweite Halbjahr ist der Verbundgruppenchef nicht mehr so optimistisch. Wenn die Branche stabil bleibe, oder wenigstens noch leicht wachsen würde, sei er zufrieden. "Aber ich schließe nicht aus, dass das zweite Halbjahr negativ wird."

Doch Ehmer warnte vor schlechter Stimmung, denn derzeit seien alle Marktteilnehmer "mit einem deutlichen Plus im Vergleich zum Vorjahr unterwegs". Letztlich würde aber das Jahr im Dezember entschieden - im Weihnachtsgeschäft.

Steffen Gerth, Düsseldorf