Trotz oder wegen der Wirtschaftskrise: Die Konsumenten haben dem Einzelhandel ein ordentliches Vor- und Nachweihnachtsgeschäft beschert. Die ersten Bilanzen aus den Ländern klingen gut.

Für eine endgültige Aussage fehlen Waltraud Loose zwar noch die letzten Zahlen, doch ein positives Fazit kann die Geschäftsführerin des nordrhein-westfälischen Einzelhandelsverbandes jetzt schon ziehen. "Entweder wir schaffen das gleiche Umsatzergebnis wie im Vorjahr. Oder es reicht wenigstes für eine zufriedenstellende Bilanz", sagt sie zu derhandel.de

"Das ist Kaffeesatzleserei"

17,3 Milliarden Euro hat der Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen im Weihnachtsgeschäft 2008 (November und Dezember) umgesetzt - und Waltraud Loose ist sich sicher, dass die Bilanz für 2009 nicht deutlich schlechter ausfallen wird. "Das Konsumklima war gut. Auch die Kurzarbeit hat uns geholfen." Zudem habe sie das Gefühl, dass die Verbraucher sich den Frust durch die Wirtschaftskrise einfach "von der Seele kaufen wollten".

Ob dem Handel aber dieses freundliche Marktumfeld auch 2010 vergönnt sein wird, vermag sie nicht vorherzusagen. "Das ist Kaffeesatzleserei." Sie beschließt, für das gerade begonnene Jahr "gedämpft optimistisch" zu sein.

Bayern mit fulminantem Jahresendspurt

Ähnlich sieht dies ihr Kollege Bernd Ohlmann vom bayerischen Einzelhandelsverband. "Wir stochern im Nebel", sagt er im Gespräch mit derhandel.de Für das Geschäft rund um Weihnachten zieht Ohlmann noch geradezu enthusiastisch Bilanz. In den letzten Dezembertagen habe der "Weihnachtsmann eine Ehrenrunde gedreht".

Aber auch die Umsätze vor Weihnachten seien für die bayerischen Händler zufriedenstellend verlaufen. Besonders der Kälteeinbruch habe den Absatz von warmer Kleidung und Wintersportartikeln angekurbelt. Unterm Strich erwartet Ohlmann, dass der bayerische Handel beim Weihnachtsgeschäft den Umsatz von 2008 (13,2 Milliarden Euro) erreichen werde. Insgesamt erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) im abgelaufen Weihnachtsgeschäft einen Umsatz von rund 73 Milliarden Euro und damit ein Minus von 1,5 Prozent.

Gute Geschäfte auch in Hamburg

Die bisher positiven Ergebnisse aus Nordrhein-Westfalen und Bayern Analysen decken sich weitestgehend mit den Bilanzen für das Weihnachtsgeschäft in anderen Regionen. Gerade der Hamburger Einzelhandel meldet gute Umsätze für die Zeit vor und nach Weihnachten. Sprecher Ulf Kalkmann sagte dem "Hamburger Abendblatt", dass die Händler vor Silvester noch mal gute Geschäfte gemacht hätten. Nach Weihnachten seien viele Geldgeschenke in Konsum umgesetzt worden.

Trotz der Wirtschaftskrise seien die Umsätze in Hamburg im Gesamtjahr 2009 nur um 0,5 bis 0,8 Prozent zurückgegangen. Damit sei man nicht unzufrieden, betonte Kalkmann.

Gutscheine im Trend

Das Verschenken von Gutscheinen hatte im zurückliegenden Weihnachtsgeschäft vielerorts zugenommen. Karsten Sinnig, Geschäftsführer von Galeria Kaufhof in Wiesbaden, sagte dem "Wiesbadener Kurier", dass es für Geschenkkarten eine "starke Nachfrage" gegeben hätte.

"Ein Viertel aller Geschenke liegt mittlerweile als Geld oder Gutschein unterm Weihnachtsbaum", hat auch Bernd Ohlmann in Bayern festgestellt.

Regionales Gefälle in Thüringen

Auf das Einlösen der Gutscheine setzte auch der Thüringische Einzelhandelsverband. Denn das Vorweihnachtsgeschäft 2009 verlief für die Händler im ostdeutschen Freistaat nicht so prächtig wie in vielen Westländern.

Die Umsätze würden zwischen zwei und fünf Prozent unter dem Vorjahrsniveau liegen, schätzt Verbandssprecherin Dagmar Osiewacz. Während die Geschäft in den großen Städten Thüringens noch gut verlaufen seien, habe es in den Kleinstädten Umsatzeinbrüche gegeben.

Jetzt folgen die Rabatte

Traditionell nach Weihnachten starten die Rabattschlachten. In den Innenstädten locken derzeit zahlreiche Geschäfte mit dicken Preisnachlässen an den Kleiderständern. Plakate und Prospekte werben mit "Sale" - unbeeindruckt davon, dass dieser Begriff Mitte Dezember 2009 von Verein Deutsche Sprache zum "nervigsten und überflüssigsten Wort des Jahres" gekürt wurde.

Einige Händler veranstalteten geradezu einen vorgezogenen Schlussverkauf, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands des Deutschen Textileinzelhandels (BTE), Jürgen Dax, am Montag der dpa in Köln. Wegen der frostigen Temperaturen sei bei richtiger Winterware wie Mänteln oder Anoraks das Beste bereits weg. So ist auch C & A sehr zufrieden, "Derzeit ist das Wetter mit dem Schnee am Wochenende optimal", sagte Thorsten Rolfes der "Rheinischen Post".

Textil-Eigenmarken laufen gut

Winterware ist seit Tagen ein Verkaufsschlager in den Modeläden. "Viele Geschäfte haben sogar schon verzweifelt versucht, Handschuhe, Mützen oder Schals nachzubekommen - das hat es seit Jahren nicht gegeben", freut sich unterdessen Dax. Die in dieser Saison besonders angesagten Stricksachen etwa hätten sich in den vergangenen Wochen so gut verkauft, dass gar nicht mehr viel da sei, was reduziert werden könnte.

Viele Rabatte bezögen sich daher "auf eher klassische Dinge" wie Hemden, Anzüge oder Blusen. Besonders Eigenmarken-Artikel der Geschäfte seien günstiger zu bekommen - "wahrscheinlich weil die Lieferanten nicht so erfreut sind, wenn ihre Produkte zu früh zu stark reduziert werden".

Bis zu 50 Prozent Nachlass

Die meisten Preisnachlässe lägen bei 20 Prozent, in Einzelfällen gebe es auch Ausreißer bis zu 50 Prozent, sagte Dax. Reduziert hätten vor allem bundesweit tätige Ketten und große Häuser. "Das ist auch kein Wunder, denn die gehören nicht zu den Gewinnern des vergangenen Jahres", sagte der BTE-Chef. "Insofern machen die Filialisten jetzt Druck und wollen ihre Lager räumen."

Denn die Frühlingsware wartet bereits in den Läden. Mittelständische Fachgeschäfte, die 2009 recht gut abgeschnitten hätten, hielten sich bei den Rabattaktionen momentan dagegen noch etwas zurück.

Lieber Einkaufsbummel als Waldspaziergang

Dass die ersten großen Rabattaktionen bereits direkt nach Weihnachten beginnen, sei in der Vergangenheit auch schon so gewesen, erläutert Dax. "Zwischen den Jahren" haben viele Verbraucher Zeit, durch die Stadt zu bummeln und in den Läden zu stöbern. "Die Leute haben Urlaub und Zeit und machen lieber einen Einkaufsbummel mit gemütlichem Kaffeetrinken, statt durch den Wald zu spazieren", sagte auch Manfred Noppel, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Einzelhandelsverbandes der "Stuttgarter Zeitung".

Verbraucher, die noch Winterkleidung kaufen wollen, sollten sich also sputen, riet Dax. "Wer aber eher Übergangsware sucht, der sollte ruhig noch ein bisschen abwarten." Denn in den nächsten Wochen dürfte es weitere Rabatte geben: Schließlich beginnt der eigentliche Winterschlussverkauf erst am 25. Januar.

Steffen Gerth (mit Material von dpa)