In seiner ersten Rede als neuer Arcandor-Chef hat Karl-Gerhard Eick ein düsteres Bild des Konzerns gezeichnet: Die Finanzlage sei schlecht, das Unternehmen brauche einen harten Sparkurs.

Gleich die erste Rede des neuen Vorstandsvorsitzenden hat den Aktienkurs von Arcandor am Mittwoch unter Druck gesetzt. Die Anteilsscheine verloren bis 10.30 Uhr 4,1 Prozent auf 1,41 Euro.

Händler führten dies auf Aussagen von Karl-Gerhard Eick zurück, die Aufspaltung seines Konzerns habe keine Priorität."Offensichtlich lässt sich Thomas Cook momentan nicht zu einem akzeptablen Preis verkaufen", sagte ein Branchenkenner. Das Reisegeschäft leide zunehmend unter der Wirtschaftskrise.

Viele Baustellen

Der Nachfolger von Thomas Middelhoff stellte am Mittwoch der Hauptversammlung in Düsseldorf die konsequente Konsolidierung des Touristik- und Handelskonzerns in Aussicht. Ziel sei eine "grundsolide Finanzpolitik", sagte Eick. Die Gesamtverfassung des Konzerns bezeichnete er als "schwierig". Es gebe viele Baustellen zu bearbeiten. Unterm Strich darf die Rede von Eick als schwere Kritik an Middelhoffs Arbeit gewertet werden.

Die Herausforderung der Neuordnung von Arcandor ist Eicks weiteren Angaben zufolge nicht in kurzer Zeit zu meistern. Banken und Warenkreditversicherer wurden deshalb um Unterstützung, Zeit und Geduld gebeten.

Visionen? Keine Zeit!

"Es ist nicht die Zeit der großen Strategien oder gar Visionen", betonte der ehemalige Telekom-Finanzvorstand. Jetzt sei die Zeit der Konsolidierung. Das Vertrauen in den Konzern, das seinen weiteren Angaben zufolge gelitten hat, will er durch regelmäßige und offene Rechenschaftslegung zurückgewinnen.

Als wichtigste Baustelle bezeichnete der Vorstandsvorsitzende kurzfristig die Sicherstellung der Liquidität. Mittelfristig müssten die Konzernfinanzierung sichergestellt, die Eigenkapitalquote erhöht, die operative Performance verbessert und der Cash Flow deutlich gesteigert werden.

"Bedenkliche" Finanzlage

Eick bezeichnete die Gesamtverfassung des Konzerns als "schwierig". Das Nettoergebnis des Geschäftsjahres 2007/08 (30. September) von minus 746 Millionen Euro sei "beunruhigend", die Relation von Ebitda und Verschuldung "bedenklich".

Die Finanzierung sei zudem sehr kurzfristig und "eng" angelegt. "Wir müssen die Dinge verändern, und zwar nachhaltig und rasch", sagte der Vorstandsvorsitzende. Ein simples "Weiter so" werde es nicht geben.

Liquidiät hat Priorität

Priorität hat seinen Angaben zufolge die mittelfristige Stabilisierung des Konzerns und die nachhaltige Sicherstellung der Liquidität. "Dem werden wir alles andere unterordnen", sagte Eick. Die nächste große Finanzierungsrunde stehe im Juni an. Dabei gehe es um eine Fälligkeit von 650 Millionen Euro.

Die Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen, bezeichnete der Vorstandsvorsitzende als "große Herausforderung". Es sei aber keine "mission impossible". Erforderlich für das Gelingen sei das Erreichen der eigenen Ziele.

Kosten müssen sinken

Der Umbau zu einem internationalen Handels- und Touristikkonzern hat Arcandor nach Angaben Eicks auf das Äußerste belastet. Aus diesem Grund müsse der Konzern effizienter werden. Zudem müssten die Kosten sinken, sagte der neue Chef.

Gegenwärtig habe Umsatzwachstum keine Priorität. "Im Zweifel werden wir auf Umsatz verzichten, wenn wir die Ergebnis- und Cash-Flow-Situation damit verbessern können", sagte Eick. Dies gelte insbesondere für Thomas Cook, wo die Kapazitäten zugunsten der Rentabilität verringert würden.

Aufspaltung des Konzerns ist möglich

Mit Blick auf die globale Wirtschaftskrise sagte Eick, er sei überzeugt davon, dass Arcandor mit seinen drei Geschäftsbereichen bestehen könne. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die operative Performance deutlich verbessert und die Finanzierung sichergestellt werde. "Eine Aufspaltung des Konzerns ist nicht meine Priorität", sagte der Vorstandsvorsitzende. Allerdings vertrete er keine dogmatische Position. Sollte es sinnvoll sein, das Portfolio zu verändern, so werde dies das Management auch tun.

Eick will den Konzern künftig als strategische Managementholding mit Geschäftsaktivitäten in den Bereichen Touristik und Handel führen. Für ihn hat Arcandor "Substanz" und "großes Potenzial".

Kein Ausblick für 2009

Gleichwohl mag der Vorstandsvorsitzende für das laufende Geschäftsjahr 2008/09 keinen Ausblick geben. Das Marktumfeld sei denkbar "schwierig", alle Branchen würden in eine Rezession schlingern. Keiner wisse, wie tief der Abschwung werde.

Die Hauptversammlung bat der Vorstandsvorsitzende um Zustimmung zur Erhöhung des Genehmigten Kapitals um bis zu 150 Millionen Euro. Damit wolle die Gesellschaft Flexibilität bei der Finanzierung des Konzerns und beim Nutzen von Akquisitionschancen erreichen, sagte Eick. Deswegen sei ein Bezugsrechtsausschluss vorgesehen. "Derzeit gibt es noch keine konkreten Vorhaben, für die eine Kapitalerhöhung erforderlich ist", fügte er hinzu.

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