Die Gewerkschaft jubelt, beim Handelsverband regiert Ablehnung. Der Lidl-Vorstoß beim Mindestlohn sorgt in der Handelsbranche für große Unruhe.

Neue Aufregung um Mindestlöhne: Der Aufruf des Discounters Lidl zu einem branchenübergreifenden Mindestlohn von zehn Euro stößt beim Einzelhandelsverband HDE auf wenig Begeisterung.

"Einen Mindestlohn in Höhe von zehn Euro schließe ich aus. Das ist unrealistisch", sagte Heribert Jöris, Geschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), der "Berliner Zeitung". Die Gewerkschaft Verdi begrüßte dagegen den Lidl-Vorstoß.

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Lidl hatte schon Anfang des Jahres vorgeschlagen, im Handel Mindestlöhne einzuführen. Nun fordert das Neckarsulmer Unternehmen einen flächendeckenden Mindestlohn von zehn Euro - sowohl im Handel als auch in anderen Branchen.

Nur auf diesem Weg lasse sich Lohndumping unterbinden, hatte Lidl-Deutschlandchef Jürgen Kisseberth mitgeteilt. Das Unternehmen habe sich an die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien im Bundestag gewandt.

Verdi jubelt

"Wir hoffen, dass viele Unternehmen dem Beispiel folgen werden", sagte Verdi-Vizechefin Margret Mönig-Raane der Zeitung. Der HDE und Verdi führen seit einiger Zeit Gespräche über eine verbindliche Lohnuntergrenze im Einzelhandel. Für Anfang 2011 wird mit einem Ergebnis gerechnet.

HDE-Geschäftsführer Jöris sagte dem Blatt, die untersten Tariflöhne in der Branche lägen derzeit zwischen rund 7 Euro in Mecklenburg-Vorpommern und 8,80 Euro in Baden-Württemberg. Der künftige branchenweite Mindestlohn werde wohl auch in dieser Spanne liegen.

Lidl bezahlt seine Mitarbeiter eigenen Angaben zufolge seit März 2008 mit einer Zulage über Tarif. Seit März 2010 entlohne Lidl alle Mitarbeiter, auch geringfügig Beschäftigte, in den Filialen und im Lager mit mindestens 10 Euro pro Stunde. Fast 50 Prozent dieser Mitarbeiter verdienten bei Vollzeitbeschäftigung etwa 2.200 Euro brutto im Monat, also mehr als 13 Euro pro Stunde, sagte ein Sprecher.