Der EU-Ausstieg der Briten bestürzt die deutsche Wirtschaft. Das gilt für Industrie und Handel gleichermaßen. Vor allem die E-Commerce-Branche befürchtet massive Probleme, schließlich sorgt Großbritannien bisher für enorme Umsätze im Onlinehandel.
Auch die Exportwirtschaft sprach von einer Katastrophe für Großbritannien, Europa und Deutschland. "Es ist bestürzend, dass die älteste Demokratie der Welt uns den Rücken kehrt», meinte der Chef des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner. "Die Briten werden die Ersten sein, die unter den wirtschaftlichen Folgen leiden werden."
Ein Schwergewicht des deutschen Handels
Probleme für kleine Onlinehändler befürchtet
Seikel sieht die Last vor allem auf den kleinen- und mittelständischen Onlinehändlern, die es schwer haben könnten, eventuelle höhere Versandkosten zu tragen und bürokratische Hürden, wie mögliche Wiedereinführung von Zöllen und der Einfuhrumsatzsteuer, zu überwinden. "Im Gegensatz zu Großkonzernen ist es für diese Onlinehändler schwer strategische Partnerschaften aufzubauen, um die Beschaffung und den Vertrieb ihrer Waren weiterhin effizient zu gestalten", befürchtet Pech.
BDI erwartet Rückgang der Geschäfte mit Briten
Nach Einschätzung der Industrie wird der Brexit sich direkt negativ auf die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich auswirken. "Wir erwarten in den kommenden Monaten einen deutlichen Rückgang des Geschäfts mit den Briten. Neue deutsche Direktinvestitionen auf der Insel sind kaum zu erwarten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Markus Kerber. Die Beschäftigten in deutschen Niederlassungen stünden vor unsicheren Zeiten. Besonders betroffen vom Brexit seien die Branchen Auto, Energie, Telekom, Elektronik, Metall, Einzelhandel und Finanzen.Druck auf die politschen Entscheidungsträger wächst
Die EU-Verträge sehen einen Zeitraum von zwei Jahren vor, um die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zu regeln. Führende Chefvolkswirte von Banken und Versicherungen sowie der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, mahnte an, dass Wirtschaft und Märkte rasch Klarheit bräuchten: "Die Politik muss jetzt alles tun, um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen."Die deutschen Banken sind zuversichtlich, dass die Aktienmärkte sich rasch von den Schockwellen des Referendums erholen. "Die Lage an den Finanzmärkten dürfte sich nach dem ersten Schock rasch beruhigen", sagte der Präsident des Bankenverbandes, Hans-Walter Peters, der dpa.
Die Notenbanken hätten zudem alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um nach dem "schwarzen Freitag" eingreifen zu können.
Peters geht davon aus, dass die Finanzplätze Kontinentaleuropas wie Frankfurt mittelfristig nach dem Brexit an Bedeutung gewinnen: "Auch wenn Frankfurt zu Lasten der City Marktanteile gewinnen würde, so wäre mir ein politisch geeintes Europa mit dem Vereinigten Königreich weitaus lieber."
Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater vergleicht den Brexit mit dem Fall des so genannten Eisernen Vorhangs vor fast dreißig Jahren. Es sei ein "politisches Beben gleicher Größenordnung". Er rechnet mit einer Konjunkturdelle in Euroland und einer Rezession in Großbritannien. Schließlich liege der EU-Anteil des britischen Außenhandels bei 45 Prozent.