Herr Kolbmüller, viele Händler im selektiven Beauty-Handel klagen über den Graumarkt. Wie viel Umsatz wird dort bewegt?
Die Schätzungen liegen zwischen 1 und 5 Prozent. Genaue Zahlen gibt es darüber nicht. Es geht ja auch nicht nur um die konkret entgangenen Umsätze, sondern auch die Signalwirkung. Man schaut sich bei der Google-Produktsuche maximal die ersten zehn Ergebnisse an. Und wenn davon bereits fünf von nicht autorisierten Händlern besetzt sind, hat der Rest darunter zu leiden. Man muss sich das wie auf einer Einkaufsstraße vorstellen: wenn hier 10 Parfümerien nebeneinander ihr Geschäft betreiben und gleichzeitig Sonderangebote im Schaufenster hängen, machen sich die Anbieter gegenseitig das Geschäft kaputt.
Nein, das kann nur der Hersteller. Dieser autorisiert ja die Absatzkanäle – wozu er allerdings nicht gezwungen ist- und kann bei Zuwiderhandeln dagegen vorgehen. Von Seiten der Industrie ist in den vergangenen Jahren einiges passiert, weshalb die Graumarkt-Quote vermutlich auch gefallen ist. Man hat zum Beispiel kräftig in versteckte Codierungen investiert. Diese machen es möglich, Herkunft und Herstellungsdatum eines Artikels nachzuweisen.

Natürlich. Wenn ein Produkt aus dem EU-Bereich stammt, darf es grundsätzlich von Händlern in Deutschland frei verkauft werden, auch Reimporte. Auch der Verkauf über Marktplätze ist legal, weil es dazu noch keine Rechtsprechung gibt. Aber man darf nicht vergessen, dass der Graumarkt gleichzeitig ein Einfallstor für Produktpiraterie ist. Wo „graue“ Ware verkauft wird, gesellen sich ungeprüft auch ganz schnell Fälschungen dazu. Die will natürlich auch der Verbraucher nicht. Aber auch „graue“ Waren können den Kunden Nachteile bringen. Beim Kauf in nicht autorisierten Online-Shops entfällt zum Beispiel die Herstellergarantie. Der Kunde geht also ein gewisses Risiko ein.
Wo werden die meisten Graumarkt-Produkte angeboten?
Sicherlich auf Amazon und Ebay. Es gibt auch noch einige andere Shops, wo ich dies vermute, möchte aber nicht öffentlich spekulieren.
Woran erkennt man die Produkte?
Auffällig ist zum Beispiel, wenn ein Shop nur das Produkt abbildet, aber darüber hinaus keinerlei Logos oder Kampagnen-Material vom Hersteller verwendet.
Wie kommt Flaconi mit Produkten vom Graumarkt oder mit Produktpiraterie in Berührung?
Etwa, indem wir Produkte als „Retoure“ zurückgeschickt bekommen, die gefälscht sind. Es ist schon bizarr: Auf diese Weise versuchen bestimmte Händler, gefälschte Produkte quasi zu „waschen“.
Der Graumarkt im Kosmetikbereich
Als „Graumarkt“ bezeichnet man den Handel von Original-Ware in inoffiziellen Absatzkanälen. Graumarkt-Produkte sind in der Regel keine Fälschungen, sondern meist Re-Importe oder durch autorisierte Händler eingekaufte Waren, die über nicht autorisierte Absatzschienen offeriert werden. Exklusive Kosmetik- und Parfum-Marken regulieren den Handel über Depot-Verträge mit autorisierten Händler-Depots. Aufgrund der Depot-Richtlinien in Deutschland ist es für den Verkauf insbesondere von Luxus-Marken erforderlich, ein autorisiertes, stationäres Ladengeschäft zu betreiben. Die deutsche Beauty-Branche ist aktuell nur mit einigen wenigen autorisierten Händlern im Netz präsent, darunter die großen Parfümerien Douglas, Flaconi, Pieper, Parfumdreams und Point-Rouge. Alle sind durch Hersteller autorisiert und erfüllen sämtliche Bedingungen für diese Autorisierung.
Hier ein Paper des Verbandes der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse (VKE) zum Graumarkt.