Der Europäische Gerichtshof verhandelt über das deutsche Fremdbesitzverbot für Apotheken. Die Zukunft der Branche steht auf dem Spiel.

Für die Verkäufer von Pillen und Salben ist das Verfahren gar der „Showdown von Luxemburg”. Schließlich geht es um die Zukunft von 21.500 deutschen Apotheken. Seit diesen Mittwoch wird am Europäischem Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) über das deutsche Fremdbesitzverbot für Apotheken entschieden.

Apotheker dürfen bisher nur maximal vier Filialen betreiben, bundesweite Ketten sind nicht gestattet. Die Bundesregierung will dieses Verbot verteidigen. Der Apotheker stehe „mit seiner gesamten Persönlichkeit dafür ein, dass dem Versorgungsgedanken Rechnung getragen wird”, so die Argumentation des Bundesregierung in Luxemburg.

Urteil Anfang 2009

Doch das Saarland, aber auch die EU-Kommission, vertreten die Meinung, dieses deutsche Verbot verstoße gegen die europäische Niederlassungsfreiheit. Kapitalgesellschaften aus anderen EU-Ländern hätten keinen Zugang zum deutschen Markt.

Sollte der EuGH im Sinne Saarlands entscheiden, dann dürfte sich der deutsche Apothekenmarkt gewaltig verändern. Ein Urteil wird Anfang 2009 erwartet. Viele Handelsunternehmen rechnen mit einem Fall des Fremdbesitzverbots und bereiten sich auf den Einsteig im Apothekenmarkt vor. Jüngstes Beispiel ist Quelle. Lesen Sie hier den Artikel zum Thema.

Zum Prozess ist es gekommen, weil der damalige saarländische Gesundheitsminister Josef Hecken (CDU) dem niederländischen Versandhändler Doc Morris (Tochter des Stuttgarter Pharmagroßhändlers Celesio) den Betrieb einer Filialapotheke zum 1. Juli 2006 genehmigt hatte. Einzige Auflage: Doc Morris musste eine approbierte Apothekerin einstellen. Jutta Müller leitet seitdem die Filiale in der Saarbrücker Innenstadt.

Deutsches Recht gegen EU-Recht

Nachdem die Apotheke aufgrund einer Einstweiligen Verfügung vom 13. September 2006 schließen musste, ist sie seit der positiven Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Saarlouis vom 22. Januar 2007 wieder geöffnet. Mittlerweile gibt es in Deutschland noch weitere Doc Morris-Apotheken.

Hecken berief sich bei seiner Entscheidung auf die europäische Niederlassungsfreiheit - wohl wissend, dass dieser Vorstoß mit deutschem Recht kollidiert.

Dagegen haben die saarländische Apothekerkammer, der Deutsche Apothekerverband (ABDA) sowie verschiedene Einzelapotheken vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes geklagt, das im März 2007 wiederum den EuGH angerufen hat.

Gewissenlose Kapitalgesellschaft?

Neben Deutschland verteidigen unter anderem auch Frankreich, Österreich und das von der EU-Kommission verklagte Italien das Fremdbesitzverbot. Sie pochen auf die Hoheit der einzelnen EU-Staaten bei der Gesundheitspolitik.

„Eine Kapitalgesellschaft hat kein Gewissen”, sagte der Vertreter Italiens. Der Vertreter des Saarlands betonte hingegen, dass die deutsche Apothekenverordnung sehr wohl auch für Angestellte einer Kapitalgesellschaft gelten würden.

Nach der mündlichen Verhandlung in Luxemburg sieht die saarländische Landesregierung ihre Position gestärkt. Die EU-Kommission habe in einem ähnlichen Verfahren gegen Italien verdeutlicht, dass einige nationale Apotheken-Vorschriften mit EU-Recht nicht in Einklang zu bringen seien, sagte Saarlands Gesundheitsminister Gerhard Vigener (CDU).

„Es geht um sehr viel”

„Wir glauben, dass wir die besseren Argumente haben”, sagt der Doc-Morris-Gründer und Vorstandsvorsitzende Ralf Däinghaus. „Es geht um sehr viel. Aber wir sind optimistisch, denn bereits bei der Frage des Arzneimittelversands hatten die Luxemburger Richter pro Europa entschieden”, erkärte der medienaffine Unternehmer.

Seine Apotheke in Saarbrücken wurde von der Saarländischen Apothekenkammer mit dem Prädikat „gut” getestet. Die DocMorris-Mutter Celesio betreibt derzeit 2332 Apotheken in sieben europäischen Ländern.