Das EuGH-Urteil schafft Rechtssicherheit für Händler, die ihren Kunden einen freien WLAN-Zugang ermöglichen. Aber weil die aktuelle deutsche Novelle des Telemediengesetzes halbherzig war, sind kostspielige Unterlassungsansprüche weiterhin möglich.

Die Überschrift der Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eigentlich gut für Händler: "Ein Geschäftsinhaber, der der Öffentlichkeit kostenlos ein WiFi-Netz zur Verfügung stellt, ist für Urheberrechtsverletzungen eines Nutzers nicht verantwortlich." Die Unterzeile hingegen schränkt die gute Nachricht ein wenig ein und bedeutet mehr Aufwand: "Jedoch darf ihm durch eine Anordnung aufgegeben werden, sein Netz durch ein Passwort zu sichern, um diese Rechtsverletzungen zu beenden oder ihnen vorzubeugen."

Wen ein Unternehmer also einen offenen WLAN-Zugang anbietet, über den sich seine Kunden kostenfrei mit dem Internet verbinden könnnen, sollte er seinen Zugang schnellstmöglich mit einem Passwort schützen. Dieses Passwort kann den einzelnen Nutzern erst nach Feststellung ihrer Identität mitgeteilt werden, so dass ein anonymer Internetzugang in Zukunft nicht mehr möglich ist, leitet die "Nationale Initiative für Informations- und Internet-Sicherheit e.V." (NIFIS) aus der jüngsten EuGH-Entscheidung zu offenen WLANs ab.

Mehr Rechtssicherheit

"Die Entscheidung schafft mehr Rechtssicherheit", sagt der NFIS-Vorsitzende Dr. Thomas Lapp zu dem Urteil. Allerdings lasse der derzeitige Informationsstand noch viele Fragen offen, gibt der Rechtsanwalt zu bedenken: "Es ist momentan noch völlig unklar, ob die Angabe der E-Mail-Adresse oder der Mobilfunknummer, an die dann das Passwort gesendet wird, zur geforderten Identifizierung des jeweiligen Nutzers ausreichend sind."

Der EuGH stelle klar, dass der Anbieter dem Urheberrechtsinhaber nicht zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet ist. Auch der Anspruch auf Erstattung von Abmahn- oder Gerichtskosten zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen werde ausdrücklich ausgeschlossen.

Das Problem: Die Große Koalition hat mit ihrer Novelle des Telemediengesetzes (TMG) im Juni 2016  Unterlassungsansprüche gegen WLAN-Betreiber nicht abgeschafft, sondern in der Begründung nur gehofft, dass die Gerichte solche Ansprüche möglichst nicht mehr anerkennen. Genau diese bisher nicht ausdrücklich ausgeschlossenen Unterlassungsansprüche könnten jetzt aber die Grundlage für gerichtlichen Verfügungen bilden, die der EuGH für möglich hält - und deren Kosten der WLAN-Anbieter tragen müsste.

"Leider hat der EuGH Unterlassungsansprüche wie auch darauf bezogene Abmahn- und Gerichtskosten ausdrücklich zugelassen und damit die deutsche Rechtsprechung bestätigt", erläutert Lapp. Zulässig bleibe nämlich eine gerichtliche oder behördliche Anordnung, die Anbieter von kostenlosen WLAN zur Vorbeugung und Verhinderung von Rechtsverletzungen zu verpflichten.