Verbundgruppen und E-Commerce - hier werden keine Erfolgsgeschichten erzählt. Auch Expert unternimmt nun einen neuen Anlauf, alles besser zu machen. Für die Kunden würde mit dem neuen System der Einkauf von Elektronikartikeln zumindest komfortabler.
Kein Zusatzgeschäft mit Fernsehgeräten
Eine WM ist für den Handel immer ein Zusatzgeschäft mit Fanarktikeln, Bier - und Fernsehgeräten. Das spüren jedes Mal die Verbundgruppen im Elektronikhandel, diesmal wird es anders sein, und auch deswegen könnte Ludwigs Laune nicht wegen seiner Liebe zum Fußball Schaden genommen haben.
Mann der leisten Töne
Ludwig (gerade 50 Jahre alt geworden) ist ein Mann fürs Digitale. Und der ehemalige Obi-Manger mit enormer internationaler Erfahrung ist ein Mann der leiseren Töne, das lässt sich jetzt schon sagen, nachdem er an diesem Donnerstag seine erste Bilanzpressekonferenz abhielt und dabei die Zahlen vortrug, für die Müller ja noch verantwortlich ist.Als "erfolgreich" bezeichnete der neue Ober-Experte den Abschluss für das Geschäftsjahr 2017/18. Der Innenumsatz, der für das steht, was die Expert-Mitglieder über die Zentrale eingekauft haben, stieg um 1,3 Prozent auf rund 2,15 Milliarden Euro. Den Außenumsatz, der ausdrückt, was die Mitglieder an die Kunden verkauft haben, kommuniziert Expert nicht.
Elektronik ist ein Top-Sortiment im Internet
1,3 Prozent Plus, trotzdem zufrieden sein - so sind die Zeiten für Elektronikhändler, die sich in einem "dynamischen Wettbewerbsumfeld" bewegen, wie es Ludwig euphemistisch beschreibt. Man könnte es auch brutal nennen, angesichts des rasanten Preisverfalls etwa bei Fernsehgeräten. Und: Elektronik ist hinter Bekleidung die zweitbeliebteste Warengruppe im Onlinehandel mit einem Umsatzvolumen von rund 9,9 Milliarden Euro im Jahr 2017.Doch Expert ist eben ein stationäres Gebilde mit 190 Mitgliedern (vier weniger als voriges Jahr), die insgesamt 432 Standorte (10 weniger als im vorigen Jahr) betreiben. Dieses Konstrukt mit dem E-Commerce zu vereinen war ein jahrelanger Kampf, der viel Geld und noch mehr Überzeugungsarbeit bei den Gesellschaftern kostete, wie die Mitglieder hier heißen.
Investitionen und viel Überzeugungsarbeit
Die wichtigste Überzeugungsarbeit ist jetzt abgeschlossen, sagt Vorstandsmitglied Stefan Müller, und vergleicht das Onlineniveau der Mitgliederschaft mit einer Tanzschule, in der die Teilnehmer den Anfängerkurs bestanden haben und jetzt für den Fortgeschrittenenstatus üben.Das klingt immer noch nach einer Entdeckungsreise denn Big Business. 130.000 Produkte sind aktuell online verfügbar, damit lässt sich nicht viel anstellen im Netz. Kein Wunder, dass die entsprechenden Absatz- und Umsatzzahlen geheim bleiben. Wenn Müller aber sagt, dass "wir damit noch nicht zufrieden sind", ist das schon eine deutliche Zustandsbeschreibung.
Altes Geflecht vs neue Zeiten
Doch ob Verbundgruppen jemals zufrieden sein werden mit dem Onlinegeschäft, ist die große Frage. Denn dieses Geflecht aus hunderten Mitgliedern und die moderne digitale Einkaufswelt sind fast unüberbrückbare Gegensätze. Ein filialisiertes Handelsunternehmen kann ruckzuck einen zentralen Webshop mit einheitlichen Preisen anbieten, die Gewinne fließen in den großen Gemeinschaftstopf - das verbietet sich für Expert, Euronics und all die anderen. Hier sollen zuerst die Händler Gewinne machen.
Im günstigen Fall ist die Ware immerhin sofort online lieferbar - aber bei nur insgesamt 130.000 Produkten kann man damit nicht rechnen.
Bald soll alles dezentral sein. Und damit einfacher für den Kunden.
Künftig soll es 230 dezentrale Onlineshops von Expert geben - die eben immer für eine Filiale vor Ort stehen. Der Unterschied zu jetzt: Der Kunde wird automatisch einem Laden zugeordnet, basierend auf seinem Interneteinwahlstandort.Weil Expert nicht in Ballungsräumen präsent ist, sieht Müller mit diesem System Vorteile für sein Onlinegeschäft. "Wir sind schneller als das Internet", sagt er und meint damit, dass es für die Kunden hier komfortabler ist, das Produkt bei einem Händler in seiner Nähe zu bestellen und dort gleich abzuholen, bestenfalls am selben Tag. Die Logik: Kurze Wege, schneller Zugang zur Ware.
Und was ist mit der Retoure?
Trotzdem soll auch der Mainstream-Onlinekauf problemlos möglich sein. Aussuchen, bestellen, liefern lassen. Der Absender ist dann entweder ein Händler, das Expert-Zentrallager oder ein Hersteller. Spannend wird es allerdings, wenn jemand seine Ware bei einem anderen Händler retournieren will, als er bestellt hat. Weil für ihn Expert halt Expert ist. "Das soll möglich sein", sagt Müller, wirkt jedoch als wisse er, dass dafür bei seinen Mitgliedern noch viel Überzeugungsarbeit notwendig ist.Der Internet-Tanzkurs bei Expert ist eben noch lange nicht beendet. Eins, zwei, Wiegeschritt.