Auch in Deutschland gibt es jetzt einen Marktplatz bei Facebook. Bisher hat der Auftritt die Anmutung eines lustigen Internet-Flohmarktes. Angriff auf Ebay-Kleinanzeigen? Lächerlich, mag man sagen. Vorsicht! Die potenzielle Kraft des Marktplatzes liegt in der Facebook-Gemeinde.

Es gibt Brennholz für 75 Euro pro Schüttraummeter, ein Ledertäschchen von Hugo Boss für 20 Euro – aber spektakulär ist das Angebot eines Offenbachers: Er bietet in der Rubrik Bekleidung/Schuhe für Damen "Verschiedenes" für 1.246.484 Euro an. Es seien alles ungetragene oder benutzte Sachen, wirbt der Mann.

1,2 Millionen Euro für Klamotten? Dazu ein Buch als Produktfoto? Was soll denn das für ein Angebot sein? Mal drauf geklickt, es öffnet sich dann eine große Übersicht mit Damenbekleidung und –schuhe von vielen Anbietern. Verwirrend. Unverständlich. Wo ist der Offenbacher abgeblieben?

Pinnwand für Gebrauchwaren aller Art

Seit wenigen Wochen ist der Marktplatz bei Facebook geöffnet, und dass hier das nächste heiße Ding das Internet erobert, lässt sich noch nicht behaupten. Auch als die neue, große Konkurrenz zu Ebay-Kleinanzeigen kann man diesen Marktplatz nur schwer zurechtdeuten. Eher sieht es aus wie eine Pinnwand für Gebrauchtwaren aller Art, auf der sich die Facebook-Nutzer versorgen.

Facebook-Marketplace: Kruschelige Pinnwandatmosphäre
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Facebook-Marketplace: Kruschelige Pinnwandatmosphäre
Neun Rubriken gibt es bisher: Haus und Garten, Wohnen, Unterhaltung, Mode und Accessoires, Familie, Elektronik, Hobbys, Fahrzeuge – und dann wieder Kleinanzeigen. Und bei diesen kleinen Anzeigen wird es lustig. Dort wird ein Job in Lissabon angeboten, eine Schlange fürs Terrarium – und Grillhähnchen für 8 Euro.

Schlangen und Brathähnchen

Schön sieht das alles nicht aus, vor allem oben die Schlange Lampropeltis getulus, darunter die Grillhenderl am Spieß. Gut, Schlangen gibt es auch bei Ebay-Kleinanzeigen, und würde man sich etwa eine Kornnatter kaufen für die heimische Stube, dann doch lieber hier. Die Anmutung der Warenpräsentation ist hochwertiger, sieht nach Onlinehandel aus und stiftet deswegen mehr Vertrauen. Facebook setzt auf die Community, obwohl man nicht Mitglied sein muss, um hier zu kaufen. Eigentlich.

Doch ohne eine Mitgliedschaft kann man das ja alles nicht nutzen, irgendeinen Weg in die Community muss man schon finden. Im Prinzip sollen die Geschäfte gemacht werden zwischen Menschen, die nicht weit voneinander entfernt wohnen. Man braucht noch schnell eine Schlange –  nichts wie hin. Filterfunktionen helfen, Auswahl und Region einzugrenzen.

Wie bei einem Geheimdienst

Der mögliche Kunde sieht das Produktfoto und den Preis – wer mehr wissen will, muss eine Facebook-Mail an den Verkäufer schicken. Willkommen bei Freunden. Wie der Verkauf einer Ware geht, erklärt Facebook ausführlich, zudem gibt es Richtlinien für Käufer und Verkäufer, bei denen es unter anderem heißt: "Vereinbare ein Treffen an einem öffentlichen Ort, zum Beispiel vor einem Supermarkt oder in einem Café. Lade Käufer oder Verkäufer nicht zu dir nach Hause ein." Das klingt wie eine Dienstanweisung für Geheimdienstmitarbeiter.

Noch nicht der rechte Ort für das Big Business...

Für kommerzielle Händler ist die Frage interessant, ob der Facebook-Marktplatz eine Plattform für institutionelle Geschäfte ist.

Ein zusätzlicher Absatzkanal im Internet?

Gegenwärtig kann man sagen: Die aktuelle Version erfüllt diesen Anspruch nicht.

Dafür ist alles zu kruschelig, zu sehr auf eine Art Flohmarkt für Facebook-Gemeinde aufgebaut, die sich die Modalitäten des An- und Verkaufs selbst organisieren. Etwa, wie die Ware bezahlt wird. Online-Payment und dami ein klarer Kaufabschluss fehlt noch. Auch fehlt es noch an klaren Reputationsmerkmalen, die die Vetrauenswürdigkeit eines Verkäufers deutlich machen. Doch das Unternehmen wird schon seine Pläne haben, warum es in Deutschland sowie in 16 anderen europäischen Ländern seinen Marktplatz eröffnete. Facebook lockt die Nutzer auf die Plattform mit einem wichtigen Argument: es kostet nichts. Das Unternehmen will damit nur Geld verdienen, in dem es Werbeplätze im Marktplatzumfeld verkauft.

...doch wehe, wenn die Masse in Bewegung gesetzt wird

Die mögliche Logik dahinter: Man holt sich erst einmal eine kritische Masse, also jede Menge Kunden – und legt dann richtig los. Gut zwei Milliarden Menschen weltweit nutzen Facebook, sagt Gründer Mark Zuckerberg, das ist ein Viertel der Weltbevölkerung.In Deutschland waren im ersten Quartal 30 Millionen Menschen jeden Monat auf Facebook aktiv, das ist fast ein Drittel der gesamten Einwohnerzahl. Was für eine potenzielle Ein- und Verkaufsmacht!

Facebook gehört zum kommunikativen Alltag

Dabei liegt Ebay nicht viel schlechter. Laut den Datensammlern von Statista gibt es hier knapp 28 Millionen Unique User. Der Unterschied: Facebook gehört bei vielen Menschen zum kommunikativen Alltag, man ist mehr oder weniger immer online, chattet, teilt, kommentiert – das ist bei Ebay eher weniger der Fall. Dort loggt man sich gezielt ein.

Und wer immer live ist, geht schnell auch mal in den Shop und guckt und kauft. Oder ein Freund mailt eine nette Kaufempfehlung. Und so weiter. Nirgendwo kann Empfehlungsmarketing so eine Wucht entfalten, wie in dieser gewaltigen Internetgemeinde. Der Zauber des Facebook-Marktplatzes liegt in der Kraft der enormen Interaktion auf der Seite. Einkaufen ist hier das Abfallprodukt der Geschwätzigkeit.

Das gilt es zu beobachten. Nicht nur von Schlangenhändlern.

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