E-Commerce ist zu erheblichen Teilen IT. IT-Fachkräfte aber sind rar. Wer es mit Quereinsteigern versuchen möchte, hat gute Chancen, die passenden Leute zu finden. Acht Leitlinien für Suche und Einarbeitung von fachfremden IT-Kräften.
Deutsche Unternehmen brauchen im Durchschnitt 183 Tage, um ihre IT-Expertenstellen zu besetzen, IT-Beratungsstellen sogar 208 Tage. Diese Zahlen nennt Katharina Pratesi, CPO und Partnerin der auf IT-Recruiting spezialisierten Mainzer Firma Brandmonks „Die Kosten, die bei einer unbesetzten Stelle über einen so langen Zeitraum entstehen, sind enorm. Sie können 176.000 bis sogar 250.000 Euro betragen“, sagt sie.
Die Einstellung von Quereinsteigern, oft mit soliden Erfahrungen aus anderen Jobs, sei eine Lösung: „Jedes Unternehmen kann von motivierten Quereinsteigern profitieren. Vorausgesetzt, es passt seine Recruiting- und Onboarding-Prozesse an, um passende Kandidaten zu finden und diese dann so einzuarbeiten, dass sie die fehlenden Skills schnell erlernen.“
Brandmonks nennt acht Schritte, um die richtigen Quereinsteiger zu finden und sie gut einzuarbeiten.
1. Spezifische Stellenbeschreibung
In der Stellenausschreibungen sollten die Anforderungen sehr spezifisch formuliert werden. Es müsse wohl überlegt und dann klar gemacht werden, welche Fähigkeiten unabdingbar seien und welche auch während der ersten Zeit im Unternehmen erworben werden können. Auch solle grundsätzlich klar werden, dass Quereinsteiger willkommen sind.
2. Recruiting-Mix
Katharina Pratesi empfiehlt, klassische Anzeigen auf Jobbörsen durch Performance-Kampagnen in den Sozialen Medien und durch Active Sourcing zu ergänzen. Auch Tools, die mit Methoden der Künstlichen Intelligenz arbeiten, könnten vollautomatisch und sehr gezielt Talente ausfindig machen.
3. Individuelle Einarbeitungs-Pläne
So unterschiedlich die Quereinsteiger sind, so unterschiedlich sollte die Einarbeitung (das Onboarding) geplant werden. „Berücksichtigen Sie dabei sehr genau die vorher analysierten Stärken und Schwächen“, rät Pratesi. „Überlegen Sie vor allem, wer aus dem Core-Team dem Quereinsteiger dabei unterstützen kann, die fehlenden Skills zu erlernen.“
4. Team für die Quereinsteiger-Einarbeitung
Wer Quereinsteiger einarbeiten soll, braucht hinreichend Raum und Zeit für diese Aufgabe, sie sollte nicht nebenbei erledigt werden. Dazu gehöre auch, die Leistungsziele des Onboarding-Teams anzupassen. Zudem lohne es sich zuzuhören: „Erfahrungsgemäß hinterfragen Quereinsteiger eher mal Prozesse, was eine neue Sicht auf viele Dinge ermöglicht.“
5. Kommunikationskanäle
Da viele Einarbeitungen „remote“ stattfänden, also zum Beispiel über Videokonferenzen, brauche es zum Beispiel einen festen Prozess für täglichen Austausch, damit die Neuen sich nicht allein gelassen fühlen. Das könnten feste Termine für kurze Videocalls sein oder so genannte Collaboration-Tools, um schnell und kurzfristig Fragen zu beantworten.
6. Feedback-Loops
Über täglichen Austausch und Videocalls hinaus braucht es, so Katharina Pratesi, regelmäßige Treffen: „Setzen Sie sich bestenfalls alle 7 bis 14 Tage zusammen und besprechen Sie mit den Mitarbeitenden, was gut läuft und an welchen Stellen noch Einarbeitungsbedarf besteht.“
7. Selbstkontrolle
Sollte die Einarbeitung von Quereinsteigern nicht so erfolgreich sein wie erwartet, sollte gefragt werden, ob das Einarbeitungs-Programm richtig umgesetzt wird – ob beispielsweise wirklich genug Zeit zur Verfügung steht. Wer solche Fragen rechtzeitig stelle, habe genug Zeit zum Optimieren des Onboarding-Programms.
8. Rechtzeitige Entscheidungen
„Sollte trotz aller Prozessoptimierungen ein Quereinsteiger erhebliche Schwierigkeiten bei der Einarbeitung haben und der Onboarding-Aufwand in keinem Verhältnis stehen, dann sprechen Sie offen mit ihr oder ihm“, rät Katharina Pratesi. Dafür seien Probezeiten da. Sollte es keine Lösung geben, solle sich das Unternehmen im Zweifel von dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin trennen.
Pratesis Fazit: Neue Recruiting- und Onboarding Prozesse „bieten eine echte Win-Win-Situation für Unternehmen und Kandidaten gleichermaßen“. Unternehmen müssten langfristig keinerlei Kompromisse eingehen, wenn sie sich für Quereinsteiger entscheiden. „Zugleich werden wir durch dieses Umdenken mittelfristig unser IT-Fachkräfteproblem lösen können und unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt stärken.“