Ein Warenhaus, zwei Ausrichtungen - und Rückbesinnung auf die Stammkunden. In seinem ersten Brief an die Mitarbeiter skizziert Karstadt-Chef Stephan Fanderl die Zukunft des Warenhausunternehmens.
Es ist Fanderls erster Brief an die Mitarbeiter, seitdem er vor wenigen Tagen zum neuen Karstadt-Chef aufgestiegen ist. Das Schreiben, das Der Handel vorliegt, enthält konkrete Vorstellungen zur Rettung des Unternehmens.
"Die Zeit ist knapp"
Freilich muss viel bei Karstadt unternommen werden. "Die Zeit ist knapp", schreibt Fanderl. Sechs Häuser sollen bekanntlich 2015 geschlossen werden, davon zwei Warenhäuser. "Es gibt weitere Filialen, die defizitär sind, und bei denen wir hart daran arbeiten müssen, sie zu drehen", heißt es in dem Schreiben. Bei diesen Standorten, deren Namen Fanderl freilich nicht nennt, soll bis Mitte 2015 der Turnaround geschafft - oder es sollen Lösungen gefunden werden.Wie bedrohlich die Lage für Karstadt ist, beweisen Fanderls Zahlen. Seit 2010 habe das Unternehmen über eine halbe Milliarde Euro verloren, "über sieben Millionen Menschen kaufen nicht mehr bei uns". Fanderl betont aber auch, dass die wirtschaftliche Lage jetzt stabil sei, so dass die Sanierung und das bevorstehende Weihnachtsgeschäft solide finanziert seien.
Es lebe der Stammkunde
Demnach soll es zunächst eine operative Sanierung geben mit dem Ziel der Ertragssteigerung, der Verbesserung der flüssigen Mittel sowie der Reduzierung der Personal- und Sachkosten. Die struktuerelle Sanierung betrifft Service Center und Prozesse, die an die neue Unternehmensgröße angepasst werden sollen. Es sei geplant, die IT neu auszurichten, zudem sollen in Gebäudemanagement sowie in Infrastruktur zur Senkung von Energie- und Instandhaltungskosten investiert werden.Bei der Neuausrichtung von Karstadt entdeckt das Unternehmen seine Wurzeln. Denn Fanderl kündigt an, dass man sich wieder um seine Stammkunden kümmern, aber auch die Marke erneuern will. "Wir positionieren Karstadt nach vorne klar zugeschnitten auf die Kundenbedürfnisse am jeweiligen Standort. Generell führen wir unsere Häuser künftig in Sortiment, Preis, Service und Marketing in zwei unterschiedlichen Ausrichtungen."
Kaufhäuser des Lebens und der Stadt
Hier geht es um die bereits bekannten Linien "Kaufhaus des Lebens", wo der Erlebniskauf im Vordergrund stehen soll. Dafür gebe es laut Fanderl Top-Standorte wie etwa die Häuser auf der Frankfurter Zeil, München (Filiale vor der Hauptbahnhof), Bremen sowie Gießen, die weiterentwickelt werden sollen.Als "Kaufhaus der Stadt" sollen Nahversorger mit starker lokaler Ausrichtung etabliert werden. Als Beispiel nannte Fanderl die Filialen in Bayreuth, Celle, Goslar und Hamburg-Wandsbek.
Diese beiden Betriebstypen sollen ein neues Erscheinungsbild erhalten. "Bereits im Sommer 2015 werden wir Pilotmärkte mit dieser Ausrichtung umbauen", kündigt Fanderl an. Bei beiden Formaten werde Karstadt stark auf die Zusammenarbeit mit lokalen und strategischen Partnern setzen und auch den Anteil an Flächen erhöhen, "den wir vermieten oder an Concession-Partner abgeben".
Weniger Rabatte
Und ohne Sortimentsveränderung geht es auch nicht. Demnach soll das Sortiment besser auf die Bedürfnisse der Stammkunden ausgerichtet werden, schreibt Fanderl. Zudem will er Margen und Flächenproduktivität stark verbessern. Erfolg von Werbung soll genauer kontrolliert, Abschriften und Rabatte sollen erheblich reduziert werden. Hier hatte bereits Fanderls Vorgängerin Eva-Lotta Sjöstedt Handlungsbedarf ausgemacht.Fanderl will mit seinem Management-Team die Kosten des Unternehmens drücken, um die Kraft für flächendeckende Investitionen zu haben. "Gelingt uns das, wird die Signa als Eigentümer auch weiter namhafte, finanzielle Beträge für die Zukunfts des Unternehmens leisten", schreibt Fanderl. Zu seinem Team gehören Miguel Müllenbach als Finanzchef und Arbeitsdirektor, Einkaufschef Jörg Peter Schmiddem sowie Thomas Wanke als Vertriebsleiter. Diese Mannschaft sei noch nicht komplett, soll aber insgesamt klein bleiben.
Abschließend versucht Fanderl die Mitarbeiter auf das Weihnachtsgeschäft einzuschwören. "Volle Konzentration auf unsere Kundschaft, auf Ware, auf Präsentation und auf Verkaufsbereitschaft."
Keine Rede von Fusion mit Kaufhof
In seinem Schreiben spricht Fanderl ausschließlich von Karstadt. Eine Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof scheint zumindest derzeit ausgeschlossen. Denn der Kaufhof-Mutterkonzern Metro sieht nach losen Gesprächen mit dem Karstadt-Eigentümer René Benko aktuell keinen Handlungsbedarf eines Verkaufs der Warenhaustochter."Es gab lose Gespräche. Mehr gab es nicht und wird es in nächster Zukunft auch nicht geben", sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Konzerns der Nachrichtenagentur dpa. Galeria Kaufhof sei ein erfolgreiches Warenhausgeschäft, mit dem die Metro sehr zufrieden sei. "Wir sehen keinen Handlungsbedarf oder irgendeine Veranlassung, aktuell etwas zu unternehmen."