Die deutsche EC-Karte ist ein Auslaufmodell. Im Gespräch mit DerHandel.de erläutert Petra Stange, Kartenexpertin der Deutschen Bank, die Ziele der europäischen Monnet-Initiative.
Bis Ende 2011 soll nach dem Willen der EU-Kommission bei Kartenzahlungen der Grundsatz gelten: „Jede Karte muss europaweit an jedem Terminal einsetzbar sein". Nach der im Januar 2008 eingeführten SEPA-Überweisung und den SEPA-Lastschriften - Starttermin: November 2009 - sollen Kartentransaktionen als letztes bargeldloses Zahlungsmittel europaweit harmonisiert werden.
Die europäischen Banken wollen das Geschäft mit den SEPA-Karten freilich nicht kampflos an die internationalen Kreditkartenorganisationen Mastercard und Visa verlieren, die mit ihren Debitkarten-Produkten Maestro und V PAY in den aussichtsreichen Markt drängen.
Retten was zu retten ist - die EAPS-Allianz
In der Euro Alliance of Payment Schemes (EAPS) haben sich Kartenzahlungssysteme aus sechs europäischen Ländern zusammengeschlossen, um die eigenen Verfahren in das SEPA-Zeitalter hinüberzuretten. Das deutsche EC-Cash-System gehört unter seinem neuen Namen „Girocard“ zur EAPS-Gemeinschaft.Mit an Bord sind darüber hinaus bislang die Debitkartenverfahren aus Spanien, Italien, Portugal und Großbritannien – teilweise jedoch nur mit ihrem Geldautomatensystem. Ob die Allianz allerdings groß genug wird, um den Anforderungen der EU-Kommission ("Any card at any terminal") zu entsprechen ist fraglich, zumal sich die deutschen Großbanken mehr und mehr aus der Initiative zurückziehen.
Ein neues, europäisches Debitkartenverfahren mit Namen Monnet
Unter der Regie von EAPS sollen die bestehenden nationalen Verfahren grundsätzlich erhalten bleiben, SEPA-konform will die Allianz durch die gegenseitige Akzeptanz der Karten werden. Im Gegensatz dazu will die Monnet-Initiative ein neues, europäisches Debitkartenverfahren ins Leben rufen.Einer der Treiber von Monnet ist die Deutsche Bank AG. Die Redaktion von DerHandel.de sprach mit Petra Stange, Director Commercial Cards bei der Deutschen Bank, über die Ziele der Initiative:

Die EAPS-Initative steht für die Abschottung der nationalen Debitverfahren und beabsichtigt damit das Gegenteil dessen, was die EU-Kommission mit der Single Euro Payment Area erreichen will. Mit der EAPS-Allianz wären auch keinerlei Kostenvorteile zu realisieren, da die Kartensysteme nebeneinander und nicht miteinander arbeiten würden. Wir glauben daher nicht, dass EAPS eine Zukunft in Europa hat und wollen mit Monnet ein neues, SEPA-konformes Debitkartenverfahren aufbauen.
Welche Banken sind bei Monnet mit an Bord?
Von deutscher Seite sind die Deutsche Bank, Postbank, Commerzbank, DZ Bank, LBBW und WestLB an der Entwicklung beteiligt. Jede Säule der deutschen Banklandschaft ist also vertreten - die Sparkassen, die Genossenschafts- und Privatbanken. Darüber hinaus sind sämtliche französische Banken über ihren Dachverband FBF mit dabei.
Wie soll das geplante Kartenverfahren in seinen Grundzügen aussehen?
Monnet soll ein schlankes, kosteneffizientes System werden. Eine Zentralstelle wird sich im Kern nur um die nötigen gemeinsamen Regeln und Vertragswerke sowie um die Lizenzierungen, das Marketing und Sicherheitsaspekte wie die Betrugsbekämpfung kümmern. Alle restlichen Dienstleistungen, die rund um die Kartennutzung möglich sind, können von den teilnehmenden Banken dann optional zusätzlich angeboten werden. Monnet ist als offenes, wettbewerbskonformes System konzipiert, die Teilnehmer können wählen, ob sie nur Karten ausgeben wollen oder auch zusätzliche Services für die Kunden und die Akzeptanzstellen anbieten. Vereinfacht gesprochen: Monnet vergibt eine TÜV-Plakete, ob dann aber ein Kleinwagen, ein Rolls-Royce oder ein LKW über die Straße rollt, entscheidet der Fahrer.
Welche Vorteile hätte der Einzelhandel von diesem zusätzlichen Debitkartenverfahren?
Auch der Handel soll wählen können, welche Dienstleistung er bei Kartenzahlungen in Anspruch nehmen will. Bei Stammkunden benötigt der Händler zum Beispiel keine Zahlungsgarantie, dennoch hat er derzeit im EC-Cash-System keine Möglichkeit darauf zu verzichten. Er bezahlt also eine Versicherungsleistung, die er gar nicht in Anspruch nehmen will. Bei Monnet werden die Händler und alle anderen Akzeptanzstellen selbst festlegen, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen wollen. Das reicht von der Zahlungsgarantie oder Sperrlisten über Themen wie kontaktloses Bezahlen bis hin zu Ratenkreditangebot über die Karten. Bezahlt wird bei Monnet nur, was auch genutzt wird. Wir wollen die letzte Meile von Monnet gemeinsam mit dem Handel gestalten.
Wie sieht es mit den Kosten für den Handel aus: wird Monnet günstiger als EC-Cash?
Aufgrund des Baukastenprinzips kann man zu den Kosten keine pauschale Aussage treffen. Weil Monnet aber als gesamteuropäisches System arbeiten wird, sind natürlich erhebliche Größenvorteile und Skaleneffekte realisierbar. Im Ergebnis wird Monnet daher wettbewerbsfähiger und leistungsgerechter bepreist sein.
Warum brauchen die europäischen Banken überhaupt ein neues, eigenes Debitkartenverfahren? Was spricht gegen V PAY oder Maestro?
Der Weg zum Bankkunden führt längst über die Karte und nicht mehr über das Konto. In der Kundenbeziehung spielt die Kontoführung eine immer geringere Rolle, ein Trend, der sich in Zukunft noch verstärken wird. Wenn Visa oder Mastercard mit ihren Debitprodukten in die nationalen Märkte vordringen, dann verlieren die Kunden nach und nach ihre angestammte und vertraute Bankbeziehung aus der Hand. Aus diesem Grund treiben die Monnet-Banken die Entwicklung eines eigenen Kartensystems voran, das auf Augenhöhe mit VISA und Mastercard erfolgreich konkurrieren will.
Noch existiert Monnet nur auf dem Papier. Wie sehen die nächsten Schritte aus?
Im ersten Quartal 2009 wird das Grundkonzept der EU-Kommission vorgestellt. Wir brauchen Rechtssicherheit aus Brüssel im Hinblick auf kartellrechtliche Fragen, um die Entwicklungsphase vorantreiben und die notwendigen Investitionen rechtfertigen zu können. Wenn die EU-Kommission grünes Licht gibt, wird noch im ersten Quartal 2009 eine Projektgesellschaft für Monnet gegründet. Es muss jetzt schnell gehandelt werden, damit alle Partner an Bord bleiben und neue hinzugewonnen werden können.
Interview: Hanno Bender