Führende deutsche Handelsunternehmen wollen über ein brancheneigenes Bezahlverfahren diskutieren. Laut einem Medienbericht sollen erste Gespräche noch im September stattfinden.
Damit folgt der deutsche Einzelhandel dem Beispiel großer amerikanischen Handelskonzerne, die mit der "Merchant Customer Exchange" (MCX) vor wenigen Wochen ebenfalls eine Initiative gestartet haben, um ein brancheneignes Zahlverfahren für Smartphones zu entwickeln.
Das EHI Retail Institute ist ein "Think Tank" des deutschen Einzelhandels, in dem nahezu alle großen Filialunternehmen der Branche vertreten sind. Die Standardisierungsorganisation GS1 Germany gehört zu je 50 Prozent dem EHI und dem Markenverband, sie vergibt die europäischen Artikelnummern (EAN), besser bekannt als "Barcode", und gehört zum weltweiten Netzwerk Global Standard One" (GS1).
Sondierungsgespräch soll Möglichkeiten ausloten
"Der Einzelhandel ist in Sachen mobile Zahlungslösungen deutlich selbstbewusster geworden. Bei diesem ersten Sondierungsgespräch wird es darum gehen, zu prüfen welche Konzepte und technische Möglichkeiten für ein brancheneignes Bezahlverfahren es gibt und welche davon realistisch sind", erläutert Horst Rüter, Leiter des EHI-Arbeitskreises kartengestützte Zahlungssysteme, gegenüber derhandel.de.Die Branche zahlt laut HDE jährlich mehr als 500 Millionen Euro an Kreditkartengebühren und nach Erhebungen des EHI zusätzlich pro Jahr rund 270 Millionen Euro für EC-Kartengebühren (Girocard).
Mit Hilfe eines eigenen Zahlverfahrens für Handys sowie eigene Karten könnte die Branche wohlmöglich einen Großteil dieser Kosten einsparen. Zudem geht es bei der Etablierung von Bezahlmethoden für das Smartphone um wertvolle Kundendaten und Kontaktmöglichkeiten für Marketingaktionen und Loyaltyprogramme.
Kundendaten und Handy als trojanisches Pferd
"Große Wettbewerber wie Google, Apple und Facebook drängen sich zwischen Händler und Kunden", wird Frank Rehme, Leiter Innovation Services bei der Metro Systems, in der "Lebensmittel Zeitung" zitiert. Ein mobiles Bezahlsystem könne ein "trojanisches Pferd" sein, um an die Kundendaten zu gelangen, warnte Rehme danach auf dem diesjährigen ECR-Tag der GS1 Germany vergangene Woche in Wiesbaden.Freilich stellt sich die Problematik der geteilten Kundendaten gegebenenfalls auch in einem brancheneigenen Zahlsystem. Auch aus diesem Grund stößt die Initiative der Otto Group, mit Yapital ein branchenübergreifendes Bezahlverfahren aufzubauen, auf Skepsis in der Händlerschaft.
Überdies müssten beim Aufbau einer gemeinsamen Zahlungsplattform zahlreiche Herausforderungen bewältigt werden wie etwa die Finanzierungsfragen, Haftungsverteilung, Kundenkommunikation, Support und dergleichen. Auch kartellrechtliche Probleme könnten sich ergeben. Eine Initiative der Branche zur Einführung eine handelseigenen "Deutschen Kreditkarte" scheiterte in den 80er-Jahren.