Die Aufregung um die Neuordnung der GEZ­-Gebühren hält auch im Einzelhandel an - die Branche sieht sich benachteiligt. Es gibt allerdings auch Händler, die nun weniger zahlen.

Dennis Böseleger hat zu Beginn des neuen Jahres nachgerechnet: Durch die Neuordnung der Fernseh- und Rundfunkgebühren kommen auf den Elektronikhändler aus Wildeshausen in Niedersachsen zusätzliche Kosten in Höhe von rund 1.800 Euro pro Jahr zu. "Wir haben Mehrkosten, aber keinen Mehrwert", äußert sich Böseleger verärgert über die Reform.

Was früher Gebühreneinzugszentrale (GEZ) hieß, wird seit 1. Januar 2013 "ARD-ZDF-Deutschlandradio Beitragsservice" genannt. Für Privatleute und Unternehmen wurden die Abgaben neu geregelt - und vor allem Einzelhändler mit vielen Filialen wettern gegen die Reform, weil dadurch die finanziellen Belastungen zuweilen erheblich steigen.

Rossmann klagt dagegen

Rossmann wettert nicht nur - sondern hat gehandelt. Die Drogeriekette hat am Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Popularklage gegen das neue Gebührensystem eingereicht. Denn künftig wird das Unternehmen mit jährlich 200.000 Euro zur Kasse gebeten - bisher waren es 39.500 Euro. Der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart hält die GEZ Reform gar für verfassungswidrig.

Händler Böseleger hofft, dass Rossmann vor Gericht Erfolg hat. Der Inhaber von fünf Euronics-XXL-Fachmärkten hat sich der Initiative des Mittelstandsverbundes (ZGV) angeschlossen, der wie der Handelsverband Deutschland (HDE) gegen die Reform kämpft. "Jeder Händler sollte den Protest unterstützen", sagt Böseleger, weiß aber auch, dass sich viele Unternehmer mit diesem Thema noch nicht beschäftigt haben.

Keine Berücksichtigung von Teilzeitarbeit

Als Elektronikhändler sieht der norddeutsche Unternehmer sich doppelt zur Kasse gebeten. Schließlich muss er ja auch an die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) zahlen, weil er im Laden Musik laufen lässt, um etwa CD-Spieler oder Hi-Fi-Anlagen vorzuführen.

Was den Händler vor allem stört, ist die neue Gebührenberechnung nach Mitarbeiterzahl. 120 Menschen beschäftigt Böseleger - rund 15 Prozent davon sind Teilzeitkräfte. Doch diese Mitarbeiter gelten bei der Gebührenberechnung auch als Vollzeitbeschäftigte - eine Regelung, gegen die Handelsverbände und Unternehmen Sturm laufen.

Die neue betriebsstättenbezogene Staffelung sei ungerecht und belaste den Einzelhandel mit seiner hohen Teilzeitquote überdurchschnittlich, kritisiert beispielsweise auch der HDE.

Rundfunkverwaltung versteht Aufregung nicht

Bei den Rundfunkverwaltungen sieht man das anders. "Die erste Staffelungsstufe ist mit bis zu acht Mitarbeitern bewusst breit angelegt", sagt Doris Gabel, beim Hessischen Rundfunk für den Bereich Rundfunkgebühren verantwortlich. Ursprünglich sei eine Begrenzung auf vier Mitarbeiter geplant gewesen. Außerdem würden nur sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter gezählt, Minijobber und auch Azubis hingegen nicht.

Den aktuellen Medienrummel um die Gebührenneuordnung kann HR-Frau Gabel nicht nachvollziehen. "Wenn ein Unternehmer zuvor alle Rundfunkgeräte ordnungsgemäß angemeldet hatte, dürften sich bei einer Filiale mit bis zu acht Mitarbeitern keine nennenswerten Mehrkosten ergeben", rechnet sie vor. Wurde bislang schon für ein Radiogerät eine Gebühr von 5,76 Euro fällig, so seien nun mit dem gedrittelten Pauschalbeitrag von 5,99 Euro alle Geräte in einer Filiale abgedeckt.

Ein Problem bei der aktuellen Diskussion sieht Gabel darin, dass "häufig der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand verglichen wird". Will heißen: Nicht immer seien alle anmeldepflichtigen Geräte bislang auch angemeldet worden, die tatsächlich gezahlte Gebühr also eigentlich zu niedrig gewesen - oft "gar nicht einmal aus bösen Willem, sondern einfach aus Unkenntnis", wie die HR-Frau sich beeilt zu betonen.

Einzelne Geräte nicht mehr erfasst

Bleibt das Problem für service- und damit personalintensive Handelskonzepte, bei denen mehr als acht Mitarbeiter in den Filialen beschäftigt sind. Dass sich die neue Betriebsstättenregelung für solche Unternehmen ungünstig auswirken kann, räumt HR-Frau Gabel ein.

"Ein Ziel der Reform war es aber, vor allem Klein- und Kleinstbetriebe zu entlasten", sagt sie und verweist darauf, dass künftig ein Firmenfahrzeug pro Filiale von der Rundfunkgebühr befreit sei - das sei eine große Ersparnis für den "kleinen Kioskbesitzer", der bislang jeweils 5,76 Euro für Laden und Wagen bezahlen musste und jetzt nur noch 5,99 Euro entrichte.

Die genaue Höhe des Beitrags kann mit dem GEZ-Gebührenrechner individuell errechnet werden.

Es gibt auch Reform-Gewinner

Von der Freistellung der Firmenfahrzeuge profitieren nicht nur Kleinunternehmen, sondern alle Einzelhändler mit eigenem Fuhrpark. "Wir sind überhaupt nicht böse über die Gebührenreform - im Gegenteil", sagt Wolfgang Alt, kaufmännischer Geschäftsführer bei Rofu-Kinderland, einem Filialbetrieb mit 90 Spielzeugläden im Südwesten Deutschlands.

Zwar haben sich die Rundfunkgebühren für die Zentrale, das Lager und die Filialen erhöht. Dafür fallen die jeweils 5,76 Euro monatlich für die 80 Firmenfahrzeuge künftig weg. Rofu beliefert alle Standorte mit eigenen Fahrzeugen. "Der Fuhrpark ist unsere Erstattung", freut sich Geschäftsführer Alt.

Unter dem Strich zahlt Rofu künftig 20 Prozent weniger an den Beitragsservice. Dem Unternehmen kommt zugute, dass in den meisten Filialen nicht mehr als acht Mitarbeiter beschäftigt sind.

Keine Geräteerfassung mehr

Als "sehr positiv" sieht Wolfgang Alt die Vereinfachung des Gebührensystems durch Abschaffung der Geräteerfassung. "Früher gab es viele Streitpunkte bei der Gebührenberechnung, was zum Beispiel die Standorte der Geräte angeht."

"Da wurden auch schon mal die Lautsprecherboxen im Laden durchgezählt", erzählt er und erinnert sich, dass man bei Rofu deshalb zeitweise ganz auf Radio im Laden verzichtete. "Allerdings gingen den Mitarbeitern die immer gleichen CDs irgendwann auf die Nerven."



Dieser Artikel ist in der Februar-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins Der Handel erschienen. Zum kostenfreien Probeexemplar geht es hier.