Die Bedeutung von Plattformen für die Auslandsexpansion kleiner und mittelständischer Händler wird künftig noch weiter steigen. Große stationäre Händler hingegen treiben die Internationalisierung durch Ausbau der Omnichannel-Aktivitäten voran. Die Gastautoren Bernhard Swoboda und Carolina Sinning beleuchten in einer neuen Folge der HandelsMonitor Mega-Trends 2030+ u.a. die Expansionskonzepte von Walmart und Zara.

Anders als in ihren Heimatmärkten sind Manager international mit veränderten, dynamischen Rahmenbedingungen konfrontiert. Aktuelle Handelsstreits und isolationistische Einflüsse tun ihr Übriges. Sowohl im Makro- als auch im Mikroumfeld sind enorme Veränderungen und Unsicherheiten zu beobachten.

Aus diesem Grund wird die Bedeutung von Plattformen bei der Internationalisierung weiter steigen, ebenso wie der Stellenwert aufstrebender Ländercluster wie der BRICS-Länder.
Händler, die einen neuen Markt erschließen, müssen sich mit Sprache und Währung, aber auch mit Steuergesetzen und anderen Regularien des Ziellandes auseinandersetzen.
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Händler, die einen neuen Markt erschließen, müssen sich mit Sprache und Währung, aber auch mit Steuergesetzen und anderen Regularien des Ziellandes auseinandersetzen.

Der Food-Handel konsolidiert sich

Führende Food-Händler sind in den vergangenen drei Jahrzehnten international stark expandiert, mit unterschiedlichem Erfolg. Erfolgreich sind die Schwarz Gruppe und Aldi in 30 bzw. 15 Ländern präsent.

Metro und Carrefour traten in viele Länder früh ein, vernachlässigten aber die Penetration und Adaption. Neben Problemen im Heimatmarkt führte dies zu einigen Austritten. Im Food-Handel sind bei den Pionieren ein weiteres Wachstum und Konsolidierungen zu erwarten.

Anders sieht es in den online-affinen Non-Food-Branchen aus: Führende Fashion-Händler, allen voran Zara, werden in der kommenden Dekade ihren Auslandsumsatz noch einmal deutlich steigern und neue Märkte betreten.

Digitale Plattformen

Aber auch kleine und mittelständische Händler können erfolgreich neue Märkte erschließen. Plattformen generieren Märkte als Vermittler zwischen Anbietern und Nachfragern. International ermöglichen sie vor allem eine Skalierung der Markterschließungskosten und eine Reduktion der Risiken.

Plattformen erlauben den indirekten (Freischaltung des Angebots auf einer bspw. englischsprachigen Plattform) und den direkten (Präsenz landesspezifischer Angebote / Websites) Eintritt in bestimmte Länder.

Lokale B2C-Plattformen vereinfachen den Zugang zu nationalen Märkten, deren Bedeutung durch Zuwachs von Onlinekäufen steigen wird (z.B. Indien mit einem Marktvolumen von 36 Milliarden Euro im Jahr 2018, das Schätzungen zufolge bis 2026 auf 180 Milliarden Euro steigen wird).
Über Marktplätze können Händler einfach erste Erfahrungen im internationalen Verkauf sammeln und ihre Kundschaft vervielfachen, um im nächsten Schritt Omnichannel-Konzepte aufzusetzen.
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Über Marktplätze können Händler einfach erste Erfahrungen im internationalen Verkauf sammeln und ihre Kundschaft vervielfachen, um im nächsten Schritt Omnichannel-Konzepte aufzusetzen.

Direktinvestive Internationalisierung vs. indirekte Exporte

Im B2B-Bereich erfolgt ein verstärkter Zugang zu lokalen Produzenten bzw. von lokalen Herstellern zu internationalen Kunden.

Langsamer als gedacht aber erfolgt die direktinvestive internationale Expansion der Plattformanbieter (Amazon war 2019 in gerade 16 Ländern mit länderspezifischen Websites und Logistikcentern vertreten). Inwiefern diese in Zukunft gegenüber ihren direkt im Land präsenten Konkurrenten reüssieren und weiter direktinvestiv international expandieren, erscheint offen.

Expansionspfade: Online, Offline und Omnichannel

Indirekte Exporte der Plattformanbieter erfolgen bereits heute in weit über hundert Länder, was ein Wachstum in diesen Ländern durch weitere Penetration erwarten lässt.

Plattformen sind bis 2030 eine niedrigschwellige Expansionsoption. Zu erwarten sind differenziertere Internationalisierungspfade: Ein typischer Pfad eines Händlers ist der Start eines eigenen Online-Stores, der durch Offline-Stores erweitert wird und gegebenenfalls in einer vollen Integration im Omnichannel-System, vor allem in potenzialreichen Ländermärkten, mündet.

Walmart will weltweit führender Omnichannel-Händler werden

Auch traditionelle Brick-and-Mortar-Händler internationalisieren zukünftig durch den Ausbau der Online- und Omnichannel-Aktivitäten. Walmart, mit umgerechnet rund 500 Milliarden Euro Umsatz größter Händler der Welt, hat seit dem Start des ersten Onlineshops im Jahr 2000 vor allem durch Akquisitionen von und Partnerschaften mit Onlineshops und Plattformen ein internationales Online-Ökosystem geschaffen.

Stationär wird der traditionelle Click&Collect-Service um automatisierte Abholstationen erweitert (2.000 Food-Abholstationen in den USA im Jahr 2019).

Dieses Angebot an Online- und Omnichannel-Services wird bis 2030 auf das gesamte Länderportfolio übertragen. Walmart will der führende Omnichannel-Händler weltweit - und dadurch ein ernsthafter Konkurrent für Amazon - werden.
Zara hat seit 2015 nur noch vereinzelt neue Länder mit stationären Ladengeschäften erschlossen und forciert stattdessen Online-Markteintritte.
© HandelsMonitor Mega-Trends 2030+
Zara hat seit 2015 nur noch vereinzelt neue Länder mit stationären Ladengeschäften erschlossen und forciert stattdessen Online-Markteintritte.

Zara forciert indirekte Markteintritte

Zara, mit einem Umsatz von rund 19 Milliarden Euro und einem Auslandsanteil von ca. 84 %, hat nach Jahren mit zahlreichen Eintritten in neue Länder seit 2015 die Expansion reduziert. Stattdessen wurde mit eigenen, länderspezifischen Onlineshops international der Online-Auftritt forciert, beginnend in Europa, gefolgt von Überseemärkten.

Zara betreibt in über 110 Ländern indirekte, englischsprachige Onlineshops. Noch nicht stationär betretene Länder, die zudem kein großes Potenzial für den Omnichannel-Handel aufweisen (z.B. Nigeria), werden indirekt online bedient.

Taggleiche Lieferung und die Lieferung am nächsten Tag sollen bis 2030 international in allen potenzialreichen Städten/Ländern ausgebaut werden, während stationär der Aufbau von Flagship Stores und damit das Erlebnis, aber auch z.B. Click&Collect im Vordergrund steht.

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