Die Rettung von Hertie wird immer unwahrscheinlicher, meldet die "TextilWirtschaft": Das Unternehmen häufte in den vergangenen drei Jahren einen Verlust in Höhe von 270 Millionen Euro an.

Die Verhandlungen mit dem Hauptvermieter Dawnay Day ist festgefahren, eine Einigung ist nicht in Sicht. Gleichzeitig rennt Insolvenzverwalter Biner Bähr bei seinem Bemühen, einen Investor für die insolvente Warenhauskette zu finden, die Zeit davon: Mit jedem Tag verliert Hertie Geld. Die freie Masse, die Ende Februar bei knapp 23 Millionen Euro lag, schwindet. Ihr stehen Verbindlichkeiten von 93,4 Millionen Euro gegenüber.
 
In einem dem Fachmagazin "TextilWirtschaft" (Frankfurt am Main) vorliegenden Gutachten gibt Bähr an, "dass die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen." Die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung wurde bereits zur Absicherung eines Darlehens an die britische GMAC Commercial Finance übereignet. Die Forderungen daraus belaufen sich auf mehr als 28 Millionen Euro.

Wahres Ausmaß erschreckend

Während die Rettung von Hertie mehr als ungewiss ist, bringt das Gutachten die wahren Ausmaße der Unternehmens-Pleite zu Tage. Das Papier wurde Ende Februar von Bähr angefertigt. Demnach hat sich in den vergangenen drei Geschäftsjahren (Stichtage: 31. August) ein Verlust von insgesamt rund 270 Millionen Euro angehäuft. Auch die Umsätze sind stark zurückgegangen. Während 2005 noch Erlöse von 683 Millionen Euro ausgewiesen wurden, waren es 2007/08 nur noch 442 Millionen Euro, bei gleichzeitigem Verlust von 119 Millionen Euro.

Größtes Problem sind laut Gutachten die zu hohen Mieten, die der Hauptvermieter Dawnay Day verlangt. Bähr fordert eine Senkung der Mieten auf 5 Prozent vom Umsatz. Bei der Mehrzahl der Häuser liegen die Werte laut Gutachten bei 10 bis 20 Prozent, am höchsten ist die Umsatzmiete mit 26 Prozent für die Hertie-Filiale in Erkrath. Äußerst verworren sind auch die weiteren Verhältnisse: Hertie hat 2.300 Verträge mit Untermietern abgeschlossen und steht mit rund 3.000 Gläubigern in einer Geschäftsbeziehung.

Rückständige Löhne vorfinanziert

Ein weiterer großer Kostenfaktor ist laut Gutachten auch die Personalmenge. In den vergangenen Jahren hat es mehrmals Entlassungen gegeben. Nach Schließung von 19 Filialen werden heute noch 2.800 Mitarbeiter beschäftigt. Zuletzt hat Hertie im Juli 2008 Löhne und Gehälter bezahlt. Die monatliche Summe dafür lag zuletzt bei 6,8 Millionen Euro. Die rückständigen Löhne und Gehälter für August 2008 bis Februar 2009 wurden über das Kreditinstitut HSBC, Düsseldorf, vorfinanziert.

Entscheidender Grund für die Misere von Hertie ist laut Bähr jedoch, dass Hertie nach der Ausgliederung aus dem Karstadt-Konzern, mit Dawnay Day und Hilco schlicht die "falschen" Gesellschafter bekommen habe. Es habe sich um ein reines Immobiliengeschäft gehandelt. Das zeige sich daran, dass im Kaufvertrag 285 Millionen Euro für die Immobilien, aber nur 1 Euro für die Namensrechte an Hertie vereinbart wurden.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Bei Hertie sieht man nach Angaben eines Sprechers trotz der festgefahrenen Situation noch Chancen auf Rettung. Nach wie vor bemühe man sich, eine Einigung zwischen einem nicht näher benannten Schweizer Investor und Dawnay Day herbeizuführen. Auch der vor über zwei Wochen angekündigte Antrag auf Landesbürgschaft soll noch in dieser Woche beim NRW-Wirtschaftsministerium eingehen.

Dawnay Day hingegen setzt weiter auf die Vermarktung seiner Häuser an Immobilienentwickler. Der Berliner Immobilienspezialist Atisreal hat heute zwei weitere Verkäufe bekannt gegeben. Das Warenhaus in Mettmann (71.55m Quadratmeter) geht an den Bonner Projektentwickler Phoenix Development, der auch schon das Hertie-Haus in Wesseling gekauft hat.

Die 12.100 Quadratmeter große Immobilie in Hamburg-Bramfeld wurde an den SB-Warenhaus Kaufland veräußert.