Die Anzahl der Online-Supermärkte wächst, die Anbieter wollen vor allem Kunden mit wenig freier Zeit erreichen. Doch der Lebensmittelkauf per Klick bleibt zunächst eine Nische.

Wer seinen Warenkorb virtuell mit Schnittkäse, Champignons oder Scheuermilch füllt, kann ihn fertig gepackt im Geschäft abholen oder bis an die Wohnungstür liefern lassen. Bisher ist das Geschäft mit Lebensmitteln aus dem Netz ein Nischenmarkt, doch die Branche erwartet Wachstum.

"Der Gang in den Supermarkt ist für eine wachsende Klientel ein Zeitfresser", sagt Rewe-Sprecher Raimund Esser. Zwischen 2006 und 2011 hat die Zahl der Shoppinggänge bei Studenten, Berufseinsteigern und jungen Familien laut einer Studie der Nürnberger Konsumforscher der GfK um 16 Prozent abgenommen und damit doppelt so stark wie bei Rentnern und älteren Alleinstehenden.

"Den jüngeren Leuten geht es um flexible, selbstbestimmte Planung", sagt der Mitautor der Studie Wolfgang Adlwarth. "Der Onlinekauf ist ein Angebot, das die Zeitgestressten entlasten kann." Denn wer klickt und anschließend nur abholt oder liefern lässt, spart Zeit.

Immer mehr Drive-In-Märkte

Bei der Metro-Tochter Real und bei Rewe will man den Einkauf mit Drive-In-Märkten beschleunigen. Statt langer Fußwege durch Regalreihen voller Getränkekisten und Konservendosen können Kunden ihren Einkaufskorb per Mausklick oder Fingertipp zusammenstellen und am Auto-Markt abholen.

Rewe-Mitarbeiter laden bereits an neun solcher Standorte den gepackten Einkauf direkt in den Kofferraum, darunter in Hamburg, Köln und im Rhein-Main-Gebiet. Weitere Auto-Supermärkte von Real und Rewe sollen folgen. Die Klientel: Junge, erwerbstätige Doppelverdiener mit gutem Einkommen und wenig Zeit.

Zuletzt startete die Bünting Handelsgruppe mit MyTime.de einen Onlineshop für Lebensmittel. Auch die Deutsche Post mischt im Markt mit und beteiligte sich am E-Commerce-Anbieter "All you need".

Magere Umsätze haben jedoch Lebensmittelhändler dem Internet gegenüber skeptisch werden lassen. "Das ist kein Standbein, das eine Gruppe vorantreibt", sagt der Geschäftsführer der Tengelmann-Tochter Kaiser's, Raimund Luig.

Wann wird aus der Nische ein Massenmarkt?

Gerade einmal 400 Millionen Euro wurden vergangenes Jahr mit Lebensmitteln online umgesetzt. Das entspricht knapp 0,4 Prozent des Branchenumsatzes, heißt es beim Bundesverband des Deutschen Versandhandels. Trotzdem rechnen Analysten der der Unternehmensberatung A. T. Kearney mit einer Steigerung auf bis zu 1,9 Milliarden Euro und damit 1,5 Prozent Marktanteil bis 2016.

Noch scheuen Verbraucher den Klick zum virtuellen Supermarkt auch deshalb, weil sie besonders Obst und Gemüse vor dem Kauf sehen und fühlen wollen. Diesen "sinnlich-haptischen Einkauf" werde ein Onlineshop deshalb nicht ersetzen können, vermutet Rewe-Sprecher Esser.

"Lebensmittel sind Vertrauenssache", sagt auch Sebastian Diehl von "Emmas Enkel". Seit einem halben Jahr vertreibt das Düsseldorfer Unternehmen Lebensmittel und Drogerieartikel im Netz parallel zum Verkauf im Geschäft.

Lebensmittel per QR-Code

"Die Leute kommen in den Laden, holen sich dort ihr Vertrauen ab und kaufen dann im Internet ein." Mehr als die Hälfte seines Umsatzes macht Emmas Enkel online - Tendenz steigend. Die Newcomer aus Düsseldorf gewannen dieses Jahr den Branchenpreis e-Star in der Kategorie E-Food.

Viele Kunden ließen sich ihre Lebensmittel sogar ins Büro bringen, weil sie keine Zeit mehr zum Einkaufen haben, sagt Diehl. Rund 40 Anfragen für Franchise-Filialen habe er schon gehabt.

Für die ganz eiligen Kunden hat Diehl eine Plakatwand am Geschäft anbringen lassen, die 400 Produkte aus dem Sortiment zeigt. Smartphone-Besitzer können die kleinen Quick-Response-Codes (QR) im Vorbeigehen scannen, und schon landen Brot und Butter im Warenkorb im Hosentaschenformat.

Johannes Schmitt-Tegge, dpa / DH