In den neuen Q 7 hat Audi alle technischen Finessen gepackt, die die Automobilbranche derzeit bietet. Kritikpunkte sind kaum auszumachen – sieht man einmal von der Preisgestaltung und den Plastikblinkhebeln ab.
Inzwischen verkauft sogar Porsche mehr Gelände- als Sportwagen. Jeep feiert aktuell Absatzrekorde. Jaguar, Maserati und Bentley machen derzeit ihre Bolliden für die Buckelpiste startklar und nicht einmal Rolls Royce schreckt offensichtlich vor dem Bau eines allradgetriebenen „Wüstenschiffes“ zurück. 2018 soll es dem Vernehmen nach soweit sein.
175,3 Prozent Plus – neue Generation erfolgreich gestartet
Bevor der Wettbewerb noch intensiver wird, hat Audi seinen 2006 eingeführten Q 7 im vergangenen Jahr komplett erneuert. Seit Juni steht die zweite Generation im Angebot und allein der Blick auf die deutschen Verkaufszahlen zeigt, dass den Bayern ganz offensichtlich ein buchstäblich großer Wurf gelungen ist: 8.402 Neuzulassungen verbuchte das Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt in 2015 – ein stolzes Plus von 175,3 Prozent!Auf den noch viel bedeutenderen SUV-Märkten in den USA und in China spielt das allenthalben spürbare Bemühen der Ingolstädter Ingenieure um Sozial- und Umweltverträglichkeit sicher nicht die wichtigste Rolle. Hierzulande dürfte der weniger wuchtige Auftritt sowie die erzielten Gewichts- und Verbrauchsreduzierungen gegenüber dem ersten Modell aber maßgeblich zum Verkaufserfolg beitragen. Zumindest wird das Gewissen von Geschäftsführern und Unternehmenslenkern mit einem Normverbrauch von 6,1 Litern etwas entlastet.
Verbrauch: Kopf und rechter Fuß entscheiden
Und immerhin: Nach ausgewiesener „Sparfahrt“ auf ebener Straße ließ sich die Anzeige im Bordcomputer auf unter 7,0 Liter und damit sogar in die Nähe des Laborwertes drücken. Dann reicht der Kraftstoffvorrat (75 Liter) für mehr als 1.000 Kilometer. Ansonsten entscheiden vor allem der Kopf und der rechte Fuß des Fahrers. Wer häufiger in Mal in kaum mehr als sechs Sekunden auf Tempo 100 sprintet und den 200 kW/272 PS starken Sechszylinder bis an die Leistungsgrenze von 234 km/h treibt, muss seine Tankkarte entsprechend oft zücken. Im Arbeitsalltag sind Werte im unteren Acht-Liter-Bereich realistisch.Deutlich krasser dürfte die Kluft zwischen Norm- und Praxisverbrauch allerdings beim Plug-in-Hybridmodell ausfallen, das unmittelbar vor der Markteinführung steht. Audi kombiniert dabei den 3,0-Liter-Sechszylinderdiesel mit einem 94 kW/128 PS starken Elektromotor samt an der Steckdose aufladbarer 17,3 kWh-Batterie. Weil der Wagen beim noch aktuellen Messverfahren die halbe Strecke im E-Modus läuft, sinkt der Prüfstandsverbrauch auf den Fabelwert von 1,7 Liter. Damit lässt sich das Controlling im Unternehmen vielleicht überzeugen, in den meisten Fällen wohl aber nicht vom avisierten Basispreis: 80.500 Euro!
Testwagenpreis: Mehr als 90.000 Euro!

Dann ist aber praktisch alles an Bord, was die Branche derzeit an Sicherheits-, Komfort- und Unterhaltungsprogrammen zu bieten hat. Bis im kommenden Jahr die neue Oberklasse-Limousine A 8 wieder die Führungsrolle übernehmen soll, ist der Q 7 schließlich das aktuelle Referenzmodell der ambitionierten Bayern. Und so fährt der Wagen im Stau bis 60 km/h praktisch alleine, zeigt den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gemeinsam mit aktueller sowie erlaubter Geschwindigkeit in der Frontscheibe an, massiert Fahrer und Beifahrer im Zehn-Minuten-Takt in fünf verschiedenen Varianten von „Welle“ bis „Klopfen“ und hält ungezählte Onlinedienste parat.
Unterstützung von allen Seiten
Wer hinter dem top-modernen Cockpit in edelster Anmutung Platz nimmt, erhält beim Chauffieren und Dirigieren des Fünf-Meter-Autos Unterstützung, buchstäblich von allen Seiten. Kamera hinten, Kamera vorn, Rundumblick von oben – da kann beim Rangieren eigentlich nichts mehr schiefgehen. Und im Bedarfsfall übernimmt der Parkassistent das Manöver gleich selbst. Die Hinterräder lenken – gegen Aufpreis versteht sich – mit und verkleinern so den Wendekreis. Höchst erstaunlich, wie mühelos sich das trotz aller Diätanstrengungen und Aluminiumkarosse immer noch zwei Tonnen schwere Gefährt bewegen lässt.Von der Preisgestaltung einmal abgesehen, sind Kritikpunkte kaum auszumachen. Da muss man schon unter den Kofferraumboden schauen, um festzustellen, dass das mächtige Bose-Soundsystem reichlich Stauraum klaut. Und bei kleinlichem Blick fallen allenfalls noch die Blinkhebel aus schwarzem Hartplastik ins Auge, die so gar nicht zum ansonsten feinen Interieur passen wollen.
Bernd Nusser