Mit mehr als 300 Millionen aktiven Kunden und der weltweiten Bekanntheit seiner Marktplätze steht Amazon als Ausgangsbasis für die Internationalisierung des Geschäfts bei vielen Händlern ganz hoch im Kurs. Doch der Weg ist herausfordernd.

Paypal hat in einem Marktreport weltweit die Gewohnheiten von Konsumenten untersucht. Und die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Der Trend geht zu Bestellungen im Ausland. Cross-Broder-Trade (CBT) wird für immer mehr Menschen zur Alltagserscheinung. So haben etwa 34 Prozent der Amerikaner bereits im Ausland bestellt. Spitzenreiter beim Auslandskauf sind mit 65 Prozent der Kunden die Iren. International gekauft werden nahezu alle Produktkategorien. Am beliebtesten sind Kleidung, Schuhe und Accessoires, gefolgt von Consumer Electronic. Aber Uhren, Schmuck und Kosmetika sind ebenfalls beliebt. Gute Aussichten also auch für Händler aus Deutschland. Und die Idee, die Marktmacht von Amazon für sich zu nutzen, ist ja auch zu verlockend. Doch gerade weil Amazon als Marktplatz so attraktiv ist müssen Händler eine Menge beachten, um in einem solchen Haifischbecken eine Chance zu haben.

So funktioniert das internationale Verkaufen über Amazon

Die ersten Schritte zum internationalen Verkauf erläutert Amazon auf der Seite seines „Global Selling Programms“ recht gut. Dort sind auch die Formalitäten ausreichend beschrieben. Es ist generell empfehlenswert, sich hier die Zusammenstellung der häufigsten Fragen genau durchzulesen. Um an internationale Kunden zu verkaufen, gibt es grundsätzlich zwei Wege:

  • Export: Der Verkauf erfolgt auf dem primären Marktplatz des Händlers, also bei Händlern aus Deutschland über amazon.de.
  • Verkauf über weitere internationale Marktplätze von Amazon, was eine Registrierung als Händler dort voraussetzt. Grundsätzlich erreicht man darüber deutlich mehr internationale Kunden und auch solche, die amazon.de nicht besuchen würden. So ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Kunde aus Frankreich tatsächlich den deutschen Marktplatz besucht, um dort einzukaufen.

Verkäufer auf einem europäischen oder nordamerikanischen Marktplatz erhalten mit ihrem Händlerkonto automatisch Zugang zu allen Marktplätzen in der gleichen Region.

Das sind die größten Hürden beim Einstieg auf Amazon

Die Einrichtung eines internationalen Verkäuferkontos auf Amazon ist auf den ersten Blick nicht schwer. Die sprichwörtlichen Tücken liegen aber wie immer in den Details:

Da ist zunächst der ganze Bereich Compliance.

  • Eventuelle Meldepflichten wie zum Beispiel Intrastat.
  • Pflichten zur Kennzeichnung von Inhaltsstoffen und Etikettierungspflichten
  • Steuern: Anmeldung bei den entsprechenden Steuerbehörden im Ausland, Abführen der Steuern, etwa wenn die Waren im Ausland gelagert werden. Gerade in dieser Hinsicht bietet Amazon keine direkten Hilfen an. Händler sollten also unbedingt einen Rechts- und Steuerberater konsultieren. Das gilt auch dann, wenn die Dienste eines Enablers wie ChannelAdvisor in Anspruch genommen werden.

Der ganze Komplex Versand und Kundenservice kann ebenfalls zu einer Herausforderung werden.

  • Eigenversand oder Versand durch Amazon müssen organisiert werden.
  • Rücksendungen müssen abgewickelt werden, deswegen muss der Händler eine lokale Rücksendeadresse im Marktplatzland einrichten oder eine kostenlose Retoure organisieren. Und die sollte unbedingt auch einmal kalkuliert sein.
  • Klarheit sollte auch darüber bestehen, wie die zollrechtliche Abwicklung abläuft.
    Wer sich für den Eigenversand entscheidet, muss diese Aufgaben selbst bewältigen oder sich einen Dienstleister für die Abwicklung suchen. Im Rahmen des Programms „Versand durch Amazon“ (FBA) nimmt Amazon dem Händler den Großteil der Aufgaben ab (Versand, Rücksendungen und Kundenservice), allerdings gegen entsprechende Gebühren.

Und schließlich muss auch das Marketing erledigt werden. Es geht dabei nicht allein um die Erstellung von entsprechenden Inhalten, sondern auch um die Suchmaschinenoptimierung auf Amazon. Dazu zählt dann auch die Recherche von passenden Keywords und deren Optimierung. Oder auch die Durchführung von Werbemaßnahmen auf Amazon selbst, etwa durch „Gesponserte Produkte“.

Eine der wesentlichen Fragen bei der Internationalisierung: Wie kommt die Ware zum Kunden. Mit FBA hat Amazon hier auch eine Lösung für den Händler im Angebot
© amazon.com
Eine der wesentlichen Fragen bei der Internationalisierung: Wie kommt die Ware zum Kunden. Mit FBA hat Amazon hier auch eine Lösung für den Händler im Angebot

Wie wollen Sie denn versenden?

Die größten Bauchschmerzen dürfte die Frage bereiten, wie die Ware denn nun am besten zum Kunden kommt.

Beim internationalen Verkauf über Amazon können Händler selbst versenden („FBM – Fulfillment by Merchant“) oder den Versand durch Amazon („FBA – Fulfillment by Amazon“) benutzen. Diese Wahl besteht sowohl für den Verkauf über Amazon.de als auch den Verkauf über internationale Marktplätze. FBA dürfte die einfachste Option für die Internationalisierung sein, weil Amazon dem Händler eine ganze Reihe von Aufgaben abnimmt. Beim Versand innerhalb von Europa kann der Händler dann innerhalb von FBA noch weiter spezifizieren.

  • Europäisches Versandnetzwerk (EFN, kurz für European Fulfillment Network): Damit kann dann auf allen europäischen Marktplätzen ein Angebot eingestellt werden. Es gibt einen zentralen Lagerbestand im Inland, aus dem heraus dann versendet wird.
  • Lagerbestand im Land des Marktplatzes: Das ist eine optionale Komponente. Der Händler kann damit Waren direkt an Warenlager von Amazon ins Ausland schicken. Amazon kümmert sich je nach Nachfrage nach den Produkten auch um die Verteilung der Produkte zwischen Lagern im In- und Ausland.
  • Paneuropäischer Versand: Voraussetzung zur Nutzung ist, dass die Produkte auf jedem europäischen Marktplatz eingestellt sind. Im Kern wird das EFN genutzt, es gibt aber zusätzliche Lagerbestände in allen europäischen Ländern. Amazon kümmert sich um die Verteilung in Abhängigkeit der Nachfrage. Diese dezidierten Möglichkeiten kommen aber erst für Händler in Betracht, deren internationale Geschäfte bereits richtig „brummen“.

Für den Export über die Seite von amazon.de genügt der einfache FBA völlig aus. Bei der Ausweitung auf weitere Marktplätze muss teilweise zwingend auch Ware im Ausland eingelagert werden. Das trifft etwa für den Verkauf über amazon.com zu.

Sichtbarkeit des Angebots erhöhen

Der Konkurrenzdruck auf Amazon ist groß. Das gilt natürlich auch für die ausländischen Marktplätze. Dort stehen natürlich die gleichen Marketinginstrumente wie auf amazon.de zur Verfügung. Nur müssen diese eben für einen anderen Kundenkreis in dessen Landessprache genutzt werden.

Optimierung von Suchbegriffen und Produktbeschreibungen: Keine kleine Hürde, denn hier helfen die Erfahrungen aus dem Heimatmarkt nur begrenzt weiter. Es kann mehr als nützlich sein, einen Dienstleister mit entsprechender Expertise einzusetzen.

Gewinn der Buy-Box: Es gelten auf den ausländischen Marktplätzen die gleichen Kriterien wie in Deutschland. Um diesen kritischen Punkt auf den Produktseiten zu erobern, brauchen Sie einen konkurrenzfähigen Preis, positive Kundenbewertungen, schnelle Abwicklung, geringe Retourenraten.

Positive Bewertungen sammeln: Eine vorzügliche Abwicklung und bei Problemen lösungsorientierte Antworten sind für positive Bewertungen wichtig. Diese haben auch eine große Strahlkraft auf Neukunden. Gerade unbekannte Händler können Misstrauen der Kunden nur durch positive Bewertungen zerstreuen. Der Händler sollte also seine Kennzahlen im Verkäuferkonto im Blick behalten.

Kritische Größen sind:

  • Order Defect Rate (ODR): Sie spiegelt die Anzahl der mangelbehafteten Bestellungen geteilt durch die Anzahl aller Bestellungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums wider. Eine Bestellung ist mangelbehaftet, wenn eine negative Bewertung vorliegt oder eine servicebezogene Kreditkarten-Rückbuchung in Anspruch genommen wurde.
  • Return Dissatisfaction Rate (RDR): Sie entspricht dem Prozentsatz berechtigter Rücksendeanträge, die nicht innerhalb von 48 Stunden beantwortet oder fälschlicherweise abgelehnt wurden oder eine negative Kundenbewertung zur Folge hatten.
  • Rate verspäteter Lieferungen: Die Rate verspäteter Lieferungen ist die Anzahl an Bestellungen mit FBM, deren Versand nach dem voraussichtlichen Versanddatum bestätigt wurde, geteilt durch die Anzahl der FBM-Bestellungen innerhalb des entsprechenden Zeitraums. Amazon wünscht sich hier eine Rate von unter 4 Prozent.

Suchen Sie sich technische Unterstützung!

Die aktive Bearbeitung mehrerer Marktplätze des Amazon-Netzwerks kann eine Menge Aufwand produzieren. Die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister, der über spezielle Werkzeuge verfügt, erhöht hier die eigene Effizienz deutlich. Enabler wie ChannelAdvisor beispielsweise bieten Tools an, mit denen die Bearbeitung von Marktplätzen vereinfacht wird.

  • Vereinheitlichung von Produktlistings über mehrere Marktplätze hinweg.
  • Repricing: Wenn der direkte Wettbewerb die Preise senkt, muss der Händler reagieren, will er Chancen auf die Buy-Box behalten. Mit steigender Zahl der Produkte ist das manuell kaum zu gewährleisten. Mit einem Werkzeug für das Repricing lässt man das System diese Arbeit erledigen.
  • Wettbewerbsanalyse: Wo ergeben sich aktuell vielleicht gerade neue Vertriebschancen, weil die Konkurrenz schwächelt? Wo verliert der Händler Marktanteile? Tools wie das Dashboard zum Wettbewerbsumfeld auf Amazon von ChannelAdvisor liefern aggregierte Daten und Antworten.

Die Welt von Amazon bietet dem Händler bei der Internationalisierung großes Absatzpotenzial. Es aktiv zu nutzen, ist aber durchaus eine Herausforderung. Hier können Technik und Dienstleister aber wirkungsvoll unterstützen. Doch auch dann ist eine solide Auseinandersetzung gerade mit den Vorschriften unabdingbar.

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