Die Verbundgruppen haben das Interesse von Andreas Mundt auf sich gezogen. Der Präsident des Bundeskartellamts äußerte sich auf dem Peak-Symposium über Preisbindung im Verbund und die Konzentration im LEH.
Das mussten zuletzt die Ölkonzerne BP/Aral, Esso, Jet, Shell und Total zur Kenntnis nehmen, gegen die der Präsident des Bundeskartellamts ein Verfahren eingeleitet hat - wegen Verdacht der Preisabsprache zulasten der freien Tankstellen.
Auch der Einzelhandel hat schon den Tatendrang von Mundt erleben dürfen. Kaum hatte er im Jahr 2010 die Leitung des Kartellamts übernommen, knöpfte er sich den Lebensmitteleinzelhandel vor. "Die Wettbewerbsintensität im deutschen LEH wird unserer Beobachtung nach eher überschätzt", hat er einmal gesagt.
Mundts Argwohn gilt dem Lebensmittelhandel
Dass er diese Branche weiterhin mit Argwohn betrachtet, lässt er auch das Podium des sechsten Peak-Symposiums auf Schloss Montabaur wissen. Er spricht von "Verkrustung" und "Vermachtung" im Lebensmitteleinzelhandel und bemüht zur Verdeutlichung die Statistik.1998 beherrschten nach seinen Angaben sieben Unternehmen rund 70 Prozent des Marktes. Im Jahr 2011 teilten sich nur noch vier Lebensmittelhändler gar 85 Prozent Marktanteil auf. Den Einwand vom Kongress-Mitveranstalter Mittelstandsverbund - ZGV, dass Rewe- und Edeka-Händler vielerorts genossenschaftlich organisierte Selbstständige sind, lässt er nicht gelten.
Unter 15 Prozent Marktanteil im sicheren Hafen
Wenn Verbundgruppen den Kartellamtschef zu ihrem Kongress als Redner einladen, ist das mutig. Denn Mundts Vorstellung von Wettbewerb gefällt nicht jedem Händler.Doch mit einem hübschen Wort will der Präsident deutlich machen, dass er kein Wüterich ist, der sofort "zur Keule des Bußgeldverfahrens" greift. Mundt spricht vom "Aufgreifermessen" seiner Behörde, also einem Entscheidungsspielraum, wenn es darum geht, ob ein Verfahren eingeleitet wird oder nicht.
Hat eine Kooperation einen Marktanteil unter der Schwelle von 15 Prozent, dann liegt sie wettbewerbsrechtlich ohnehin schon nach europäischem Recht im "sicheren Hafen" ("safe harbor"-Regel), betonte Mundt. Aber auch bei marktmächtigeren Verbünde, wäge die Behörde schon aus kapazitativen Gründen stets ab, ob eine Ermittlung eingeleitet wird. "Wir greifen nur Fälle auf, die von öffentlichem Interesse sind."
Mundt hat die Verbundgruppen im Blick
Dass sich Mundt mit Verbundgruppen beschäftigt, wurde auf Schloss Montabaur deutlich. Allerdings zunächst nur mit solchen, die neu seien oder neu verhandelt würden, versicherte der Wettbewerbshüter.Zu den laufenden Verfahren im Lebensmittelhandel fand Mundt klare Worte: "Wir untersuchen hier Beschaffungskooperationen, die aus unserer Sicht eine Vorstufe zur Übernahme darstellen." Bei den bevorstehenden Beschlüssen des Kartellamts gebe es keine Frage, dass sich die Beteiligten über die Unrechtmäßigkeit ihres Vorgehens im Klaren gewesen waren. "Wir bewegen uns hier nicht in Graubereichen", entgegnete Mundt der langläufigen Kritik der LEH-Branche zu den angestrengten Verfahren. Den Abschluss der Bußgeldverfahren darf man mit Spannung erwarten. Im Publikum folgten einige Späher der großen Lebensmittelhändler den Ausführungen des Behördenchefs sehr aufmerksam.
Zu den Diskussionen um die anstehenden GWB-Novelle bemerkte Mundt, dass die nun teils kritisierte "Ökonomisierung des Kartellrechts" auf entsprechende Forderungen der Wirtschaftsverbände zurückgehe.
Mit Blick auf die geplante Verwendung von Bußgeldern seiner Behörde zur Finanzierung von Verbraucherverbänden, kritisierte Mundt diese Zweckbindung scharf. "Bußgeldeinnahmen dürfen generell nicht zur Finanzierung von festgelegten Aufgaben instrumentalisiert werden", so der Behörden-Chef. "Bußgelder sind ein Kollateraleffekt unserer Arbeit. Wir sind nicht an Bußgeldern, sondern einer funktionierenden Wirtschaft interessiert."
Steffen Gerth, Montabaur
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