Die Verbraucher greifen an der Kasse häufiger zur Karte. Händler wollen in neue Payment-Technologien investieren und haben einen Favoriten für mobile Zahlungslösungen.
Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie des EHI Retail Institute zu den Bezahlarten im Handel, die am heutigen Dienstag auf dem EHI-Kartenkongress in Bonn vorgestellt wurde. 41,3 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes wurden demnach im Jahr 2012 mit Girocards (früher: EC-Karte), Kredit- und Kundenkarten abgewickelt.
Der Bargeldanteil lag nach der breitesten Erhebung im deutschen Payment-Markt 2012 bei 55,6 Prozent und sank damit im Vergleich zur Vorjahresuntersuchung um 1,6 Prozentpunkte.
Girocard legt zu, ELV mit Achtungserfolg, Kreditkarte stabil
Zulegen gegenüber dem Vorjahr konnten insbesondere die Girocards (früher EC-Karten) mit PIN-Autorisierung (plus 1,4 Prozentpunkte). Aber auch das bankunabhängige EC-Lastschriftverfahren (ELV) mit Unterschrift verbucht mit einem Zuwachs von 0,2 Prozentpunkten einen Achtungserfolg. Die Kreditkarten bleiben mit einen Anteil von 5,3 Prozent seit Jahren auf einem stabilen Niveau (siehe auch Grafik).Eine überwiegende Mehrheit der großen Handelsunternehmen (70,4 Prozent) planen der Befragung zur Folge Investitionen in ihre Payment-Infrastruktur. Ganz oben auf der Liste steht dabei die Near Field Communication-Technologie (NFC), die das schnelle kontaktlose Kartenzahlen im Vorbeigehen ermöglicht.
Mehr als 60 Prozent aller Händler halten die NFC-Technik auch im Hinblick auf mobile Zahlungslösungen für eine aussichtsreiche Zukunftstechnologie. In Sachen mobile Payment wächst das Selbstbewusstsein der Handelsbranche: Fast drei Viertel der befragten Unternehmen halten ein händlereigenes Bezahlverfahren für sinnvoll und erfolgversprechend.
Demgegenüber sinkt das Zutrauen gegenüber den Versuchen der Mobilfunkanbieter in diesem Markt Fuß zu fassen: Nur noch 10 Prozent der Zahlungsexperten aus dem Handel rechnen damit, dass die Carrier in Zukunft beim mobile Payment ein Wörtchen mitzureden haben. Bei der Vorjahresbefragung glaubten dies noch mehr als 20 Prozent.
Kaum Abschlüsse bei Verhandlungen über Girocard-Gebühren
Insgesamt zahlten Handelsunternehmen laut EHI für Girocard-Zahlungen im vergangenen Jahr Autorisierungsgebühren in Höhe von 291,8 Millionen Euro an die Kreditwirtschaft (ohne Tankstellen und Gastronomie).
Der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt hatte die schleppende und unzureichende Entwicklung der angemahnten Verhandlungen jüngst öffentlich kritisiert.
In der Branche gilt es seit langem als offenes Geheimnis, dass Aldi, Lidl, Edekabank und Metro Group AG, ähnlich wie die Mineralölgesellschaften, geringere Kartengebühren an die Banken entrichten beziehungsweise in den Genuss von Rückvergütungen kommen. Welche Unternehmen neu in diesen illustren Kreis eingetreten sind, teilte das EHI nicht mit.
Nach Informationen von Der Handel verliefen Verhandlungen zwischen der Kooperation Markant AG (Drogerie Müller, dm drogeriemarkt, Rossmann, Globus, Famila (Bela) Hellweg Baumärkte u.a.) und der Sparkassen-Finanzgruppe sowie den Volks- und Raiffeisenbanken bislang ohne Abschluss. Unter anderem, weil die genossenschaftlichen Banken im Gegenzug für Girocard-Gebühren von 0,2 Prozent auf ein Geschäftskonto mit den teilnehmenden Unternehmen bestanden. Einzelne Betriebe aus dem Markant-Reich haben allerdings augenscheinlich inzwischen eine Einigung mit den beiden großen Institutsgruppen gefunden.
Abschaltung des Magnetstreifens nicht ohne Störungen
Nicht ohne Reibungen verlief auch die umstrittene Abschaltung des Magnetstreifens bei Girocard-Zahlungen im Februar dieses Jahres. Bei im Schnitt 2 Prozent aller Bezahltransaktionen kommt es zu Akzeptanzproblemen an der Kasse - angesichts von rund 2 Milliarden EC-Transaktionen im Jahr kein unbedeutender Prozentsatz.Das Problem wurde zunächst dadurch gelöst, dass viele Händler und Tankstellenkette beziehungsweise ihre Dienstleister gescheiterte Chip-Transaktionen gegen eine Zusatzgebühr weiterhin als "Fall back"-Lösung über den Magnetstreifen abwickeln. Diese Interims-Lösung läuft allerdings offiziell zum 30. Juni 2013 aus.
Die EHI-Studie gilt als die wichtigste Untersuchung zu den Bezahlarten im deutschen Einzelhandel. 572 Unternehmen mit rund 70.000 Betrieben aus 32 Branchen nehmen an der jährlichen Erhebung teil. Neben den großen Handelskonzernen wurden auch 454 mittelständische Unternehmen befragt. Die Studie deckt mit 212,8 Milliarden Euro repräsentiertem Umsatz 55,3 Prozent des Einzelhandelsumsatzes ab.
Hanno Bender
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