Thomas Haarmann und Robert Beer vom Zahlungsverkehrsdienstleister TeleCash über neue Zahlungsmethoden, Gebühren und Terminalmanipulationen.
Die Redaktion von Der Handel sprach mit dem neuen Geschäftsführer des Kartenzahlungsdienstleisters TeleCash, Thomas Haarmann, und mit Robert Beer, Abteilungsleiter Produktmanagement bei der First Data-Tochter, über die aktuellen Entwicklungen im Kartenmarkt.
First Data ist der weltweit größte Kreditkartenabwickler. Im September 2007 wurde das amerikanische Unternehmen für rund 29 Milliarden US-Dollar von der Beteiligungsgesellschaft KKR erworben.
In Deutschland kommt es immer häufiger zu kriminellen Manipulationen von Kartenterminals im Einzelhandel. Was unternehmen die Kartenzahlungsdienstleister gegen das sogenannte Skimming?

Wie funktioniert das konkret?
Beer: Ohne in die technischen Details zu gehen: Eine Software in den Terminals und unserem Hostsystem überwacht jede Veränderung im Gerätebetrieb. Vereinfacht gesagt: Wenn am Terminal Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, dann bemerkt unser Monitoringprogramm dies und gibt automatisch eine Warnung aus. Wir halten diese aktive Überwachung für effektiver als Sicherheitssiegel oder Hologramme auf den Terminals. Solche Etiketten können kopiert werden und das Kassenpersonal müsste sie täglich auf Unversehrtheit überprüfen.
Steht Ihre Sicherheitslösung auch anderen Netzbetreibern offen?
Haarmann: Das Thema Sicherheit betrifft die gesamte Branche und nicht nur einzelne Unternehmen. Unsere Lösung ist patentiert, steht aber grundsätzlich allen Netzbetreibern zur Verfügung. Entwickelt wurde sie von First Data Austria, wo das Präventionssystem seit einigen Jahren zum Einsatz kommt. Seither gab es in Österreich keine nennenswerten Skimming-Fälle mehr.
Sicherheit wünschen sich Händler auch im Hinblick auf ihre Investitionen. Sind die Kartenlesegeräte von heute auch im künftigen europäischen Zahlungsverkehrsraum (SEPA) noch zu gebrauchen?

Wird SEPA für die Handelsunternehmen geringere Kosten bei der Kartenakzeptanz mit sich bringen?
Haarmann: In zweifacher Hinsicht wird der Handel von SEPA profitieren. Die europaweite Vereinheitlichung der Infrastruktur - von den Terminals über die Kassenschnittstellen bis hin zu den Zahlungsdienstleistern - bringt für international tätige Händler Synergie- und Kostenvorteile mit sich. SEPA wird jedoch unserer Auffassung nach auch zu einem Preiswettbewerb der konkurrierenden Debitverfahren führen. Die Gebühren für die Kartentransaktionen werden sinken. Maestro, V-Pay und die nationalen Verfahren innerhalb der EAPS-Allianz müssen künftig einen Mehrwert bieten, um sich zu halten beziehungsweise im Markt zu etablieren. Das wird sich zweifelsohne auch auf die Kostenstrukturen auswirken.
Wann wird dieser Preiswettbewerb ihrer Meinung nach einsetzen?
Beer: Noch in diesem Jahr. Wir werden in den nächsten Monaten damit beginnen, unseren Handelskunden in Österreich Girocard anzubieten - also das ehemalige deutsche EC-Cash-Verfahren. In der Folge wird Maestro in der Alpenrepublik auf die neue Konkurrenz reagieren müssen.
Deutschland und Österreich ergeben noch keinen europäischen Zahlungsverkehrsraum. Was wird der nächste Schritt sein?
Haarmann: Die Netzbetreiber werden ihre Kunden aus dem Handel Stück für Stück ins Ausland begleiten. Das ist von Land zu Land immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Entscheidend ist aber, dass der Handel künftig die Wahl zwischen den Debitverfahren hat. Diese neue Freiheit wird Bewegung in die Gebührenmodelle bringen. Wir sind überzeugt, dass die Expansion von Girocard schneller vonstatten geht als bislang erwartet.
Und was wird aus dem deutschen Lastschriftverfahren, der Kartenzahlung mit Unterschrift, in der schönen neuen Debit-Welt?
Haarmann: Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass es die nationalen Verfahren in fünf oder zehn Jahren nicht mehr gibt. Solange der Handel die Kartenzahlung per Lastschrift wünscht und sie technisch und rechtlich realisierbar ist, werden wir sie auch anbieten. Die Frage ist aber, ob die Handelsunternehmen auf Dauer zwei parallele Verfahren haben wollen.
Wie viele von den derzeit 23 deutschen Netzbetreibern werden in der Lage sein, dem europaweiten Wettbewerb standzuhalten?
Haarmann: Es wird eine Konsolidierung bei den Netzbetreibern geben, auf Dauer werden wohl nur fünf überleben. Es bleibt aber auch Raum für Nischenanbieter und Spezialisten. Als Tochterunternehmen von First Data, die in nahezu allen europäischen Ländern vertreten ist, sehen wir uns als TeleCash für den europäischen Wettbewerb bestens gerüstet.
First Data gehört seit Herbst 2007 den berüchtigten Firmenjägern Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) - ein Nachteil für Ihr Tagesgeschäft?
Haarmann: In Kundengesprächen wird natürlich schon mal gefragt, wie unabhängig wir noch sind? Die Zusammenarbeit mit First Data bringt uns - gerade vor dem Hintergrund von SEPA - jedoch wesentlich mehr Vorteile im Vergleich zum Wettbewerb. Wir haben uns einen -guten Teil unserer Selbstständigkeit bewahrt und können uns nach wie vor individuell um unsere Kunden kümmern. Allein schon, die Tatsache, dass der Name TeleCash erhalten blieb, beweist unsere Eigenständigkeit innerhalb der First Data Gruppe.
Wie schätzen Sie die Marktchancen von neuen Kartenverfahren wie dem kontaktlosen Zahlen ein?
Beer: Das berühungslose Zahlen ist für die Karte ein Technologiesprung wie der Wechsel vom Magnetstreifen auf den Chip. Für die Kunden wird das Zahlen damit wesentlich bequemer und schneller. Wir glauben, dass sich diese Technik rasch durchsetzt, das Interesse im Handel ist jedenfalls groß. Noch in diesem Jahr werden wir die Paypass-Technologie bei einem großen Filialisten einführen.
Interview: Hanno Bender